Kapitel 16: Damals

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„Los! Wir müssen Sanemi helfen!", Mitsu zog mich fest gepackt über unseren Feldweg zur Hauptstraße. Ich hatte zuvor kaum Zeit gehabt, zumindest unsere Haustür abzuschließen. Doch Mitsuris Keuchen besorgte mich zunehmend. Ich fragte mich allerdings auch, was Sanemi haben könnte, wenn er sich eingestand, Hilfe zu brauchen. Mein Freund war schon immer der Typ gewesen, welcher anderen keine Arbeit machen wollte und stets sagte, sie sollen sich um ihren eigenen Scheiß kümmern. Sanemi musste schon halbtot oder schlimmer sein, wenn ihm klargeworden war, dass er Unterstüzung brauchte. Die andere Möglichkeit wäre, dass Giyu einfach überreagiert hatte. Er wollte es zwar nicht zugeben, aber er hatte immer Sorge, Sanemi hätte Potenzial, sich selbst zu verletzen. Ich mochte ihm nicht wiedersprechen, natürlich war mein Freund früher eine Selbstzerstörungsmachine gewesen. Doch sein Zustand war seit dem finalen Kampf gegen Muzan deutlich besser geworden, sein Selbsterhaltungstrieb stieg von 10 zu 85. Was mochte also vorgefallen sein? Mitsuri ließ meine Hand erst wieder an der Hauptstraße los, stemmte ihre Hände auf die Knie und kam endlich wieder zu Atem. Ich legte meine Hand auf ihren Rücken: „Vielleicht sollte ich wirklich alleine weiter. Du siehst doch selbst, wie dir selbst dieses kurze Stück zugesetzt hat." „Nein! Es geht schon! Weiter!", sie blickte zu mir auf, in ihren Augen glomm wilde Entschlossenheit. Ich sah sie streng an: „Wir laufen. Schneller nicht." Es hörte sich diesmal wie keine Bitte, sondern eine Aufforderung an. „Und wie willst du mich dazu bringen, nicht sofort wieder loszurennen?", Widerstand schwang in ihrer Stimme mit. Ich lächelte: „Dann packe ich dich und trage dich nachhause zurück." „Sicher. Als ob du das wirklich tun würdest", antwortete sie spielerisch zickig. Meine Stimme wurde ernst: „Wollen wir es drauf ankommen lassen?" Ein Kopfschütteln reichte und wir liefen im Lauftempo weiter. In der Ferne erspähte ich schon die Kreuzung. Aber... Was zum... Giyu und Sanemi lehnten ganz entspannt an dem Schild und grinsten uns entgegen. Sanemi stand auf und lief putzmunter auf uns zu: „Na wen haben wir denn da? Habt euch ja echt beeilt." „Wieso habt ihr uns herbestellt? Ihr hättet nicht unbedingt einen Unfall vorschieben müssen. Wir wären auch so gekommen", Mitsuri lachte und erwiderte Sanemis freundschaftliche Umarmung. Dieser sah sie neckend an: „Wir wollten halt, dass es schnell geht." Giyu drückte mich währenddessen: „Wie geht's den werdenden Eltern?" „Wir gehen es langsam an", einen Grinsen konnte ich mir einfach nicht verkneifen, obwohl ein Hauch von Ärger mitschwang. Schließlich waren wir gerade hierher gerannt, wegen einem normalen Treffen. Sanemi nahm meinen Arm: „Und jetzt müsst ihr mitkommen!" Was hatten sie jetzt schon wieder vor? Giyu legte uns Augenbinden an. Ähm, ok? Mitsuris Hand schob sich in meine und ich drückte sie. Sanemi fing langsam an, uns irgendwohin zu ziehen.

Nach einer Weile wechselte der Untergrund. Ich spürte nicht mehr die Hauptstraße unter mir, sondern Kies. Mein Arm, welcher nicht Mitsuri festhielt, streifte Gräser. Ein Feldweg. Mitsuris Hand schloss sich noch fester um meine. Wo zum Teufel führten uns die zwei hin? Wir liefen vielleicht eine viertel Stunde lang über den Feldweg, bis sich wieder etwas änderte. Der Untergrund wechselte wieder. Diesmal spürte ich kurz geschnittenes Gras unter meinen Füßen. Wir schienen unter Bäumen hindurchzugehen, denn manchmal fielen Schatten auf uns hinab. Irgentwann stoppte unsere kleinere Kollone. Ich spürte, wie Mitsuri einschließlich unserer zwei Freunde neben mich trat. Giyu erhob seine Stimme, darin war ein Lächeln zu hören: „Nehmt schon die Augenbinden ab." Ich streifte langsam das Tuch von meinen Augen. Helles Sonnenlicht schien auf mein Gesicht. Auch Mitsuri blinzelte ein paar Mal, bevor sie ebenso überrascht, wie ich auf die Lichtung hinunterblickte. Unter uns standen all unsere Freunde in einem geschmückten Pavillon, von den Bäumen hingen weiße Girlanden hinunter. Kleine Tische standen überall herum und es roch nach Rosen. Ich wandte meinen Blick von der Waldlichtung ab und musterte Giyu und Sanemi irritiert: „Was ist das hier alles? Hat heute jemand Geburtstag?" „Nein, du Hohlbirne!", Sanemi lachte, „Das ist eure Hochzeit." Giyu streckte stolz das Kinn vor: „Wir haben das hier geplant, seitdem ihr gesagt habt, dass ihr sie verschieben wollt." Auf meiner anderen Seite war ein Schluchzen zu vernehmen. Ich drehte meinen Kopf und sah Mitsuri überrascht an, welche sich die Hände vor den Mund geschlagen hatte und mit den Tränen kämpfte. „Alles in Ordnung?", ich ließ meinen besorgten Blick über sie gleiten. Sie wischte sich eine Träne aus den Augen und lachte glücklich: „Ja! Es ist nur so, dass ich noch nie so etwas schönes gesehen habe." Weitere Tränen rannten über ihr Gesicht. Ich wusste, dass da teilweise die Hormone einen Beitrag leisteten. Sanemi setzte sich Giyu hinter sich herziehend in Bewegung: „Los! Die anderen warten schon auf euch!" „Geht's wieder?" Mitsuri nickte mir immer noch schluchzend zu: „Sicher." Ein Grinsen spielte um meinen Mund. Unten wurden wir schon lautstark in Empfang genommen. Als erstes preschte Tengen mit einem Affenzahn auf uns zu und umarmte uns kräftig. Als nächstes bewegte sich Muichiro in unsere Richtung, wurde aber sofort von Inosuke und Zenitsu überholt. Ich lächelte und überließ die zwei Mitsu um mich in seine Richtung durchzukämpfen. Muichiro lächelte sanft, als er mich auf sich zukommen sah. Irgendwie wirkte das damalige jüngste Mitglied der Säulen anders. Ich musterte ihn prüfend und wusste plötzlich, woran es lag: „Tokito! Du bist ja gewachsen." „Stimmt. Um fünf Zentimeter", er grinste breit. Unser Gepräch nahm Fahrt auf: „Ich dachte, du würdest mit Genya herumreisen. Seid ihr schon zurück?" „Nein. Wir sind wegen Sanemis Einladung zu eurer Hochzeit hier. Morgen wollen wir weiter in Richtung des Fuji", mein alter Kamerad wirkte auch noch reifer, seit unserer letzten Begegnung. Ich sah mich suchend nach Muichiros Weggefährten um. Wo steckte Genya eigentlich? Mein Kamerad schien den suchenden Blick bemerkt zu haben: „Er ist bei Sanemi. Die zwei haben sich so viel zu erzählen." Ich musste grinsen. Sanemi hatte eine Zeit lang eine so schlechte Beziehung zu Genya gehabt, dass er kurz davor gewesen war, ihm die Augen auszustechen. Doch seitdem wir Muzan besiegt hatten, hatte sich das Band zwischen ihnen wieder gefestigt. Ich wandte mich wieder zu der Menge, Muichiro folgte mir in das Gedränge unserer Freunde hinein. Nicht einmal nach drei Sekunden hatte ich ihn auch schon aus den Augen verloren. Stattdessen erblickte ich ein ganz besondere Person zwischen den Feiernden. „Senjuro?" Der Kopf meines kleinen Bruders fuhr zu mir herum und wenig später warf er sich in meine Arme: „Großer Bruder! Schön, dass ich dich endlich gefunden habe! Wie geht es dir?" Ich erwiderte etwas überrascht die Umarmung: „Mit geht es immer besser. Ist Vater auch hier?" Er schüttelte mit dem Kopf, aber in seiner Miene war Stolz zu erkennen. „Er arbeitet daran, trocken zu werden. Das geht unter so vielen Feiernden nicht so gut." „Das ist großartig!", ich löste mich wieder aus seinen Armen und lächelte glücklich. Senjuro nickte leicht in Mitsuris Richtung: „Ich muss auch noch ihr gratulieren. Bis dann!" Auch ihn hatte ich in wenigen Sekunden wieder verloren. Schon bald tippte mir von der Seite Tanjiro auf den Rücken: „Glückwunsch, Iguro – san. Wie geht es dem Kind?" „Alles bestens, danke der Nachfrage", sagte ich lächelnd und begann ein intensives Gespräch mit ihm über Nachbarn und anderen Kram. Irgentwann tippte mir Mitsuri auf die Schulter: „Ich glaube, Tengen möchte was sagen." Tatsächlich räusperte sich unser Freunde gerade geräuschvoll und alle Gespärche verstummten. „Erstmal freut es mich ungemein, dass so viele gekommen sind. Manche sogar von etwas weiter weg", er grinste Muichiro und Genya an, welche bei den anderen jüngeren Gästen standen. Muichiro stieg die Röte uns Gesicht, als sich viele zu ihm umdrehten. Tengen fuhr fort: „Und dann möchte ich noch schnell an unsere Kameraden denken, welche heute nicht bei uns sein können. Wichtig unter ihnen zu erwähnen sind Kyojuro,..." Bei seiner Erwähnung stieg Wärme in meinem Körper auf. „Gyomei, Shinobu und unseren ehrwürdigen Meister Kagaya. Aber ich möchte hier keine Trauerreden schwingen. Feiern wir ordentlich und gedenken unseren Freunden. Auf euch!", er erhob sein Glas in Mitsuris und meine Richtung. Unser Freunde applaudierten und stießen an.

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