Teil 25 (Stella) (Erste Schritte)

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Während Dominick seinen Schutz anlegte, atmete ich ruhig weiter ein und aus. Hmm, ich fand immer mehr Gefallen an dem Lavendelduft. 

Außerdem war ich froh, dass Dominick weiterhin vollkommen stressfrei mit mir umging und mir zudem alles erklärte, damit ich nicht im Ungewissen blieb.

Die eigentliche Stella würde sich wahrscheinlich beschämt über diese übermäßige ‚Betreuung' fühlen, aber durch die Sedierung waren meine negativen Gefühle weniger präsent. Noch ein positiver Aspekt des Lachgases.

Auf einmal schob sich Dominicks schönes Gesicht in mein Blickfeld. Wie eigentlich die meiste Zeit, lächelte er mich mit seinen Augen an, und ich entspannte mich direkt noch mehr, während ich ihn wie paralysiert anstarrte. 

Wie war es möglich, dass er so eine Wirkung auf mich hatte? 

Na ja, die Lachgassedierung spielte da sicherlich mit, rief ich mir in Erinnerung. 

„Okay, Ella. Bist du bereit, weiterzumachen?", erkundigte sich Dominick mit seiner melodischen Stimme. 

Kurz vergaß ich, was er überhaupt gefragt hatte, weil ich so mit seinen glasklaren blauen Augen beschäftigt war. 

„Ähm, ja", meinte ich, als ich merkte, dass Dominick dazu ansetzte, die Frage zu wiederholen. 

„Okay", erwiderte er fröhlich. 

„Dann bitte ich dich jetzt für das vorerst letzte Mal, deinen Mund noch einmal ganz locker zu öffnen." 

Ich teilte meine, durch die Vaseline weichen, Lippen, und bekam daraufhin ein Lob zu hören. 

„Klasse, Ella; gleich wirst du deinen Kiefer richtig entspannen können, versprochen. Aber zuerst kümmern wir uns darum, dass du weniger schlucken musst." 

Während des Sprechens griff Dominick nach etwas an der linken Gerätevorrichtung. 

„Okay, jetzt kommt der kleine Sauger..." Dominick hängte das besagte Gerät in meine linke Wangentasche. 

Das Rauschen des Saugers überraschte mich ein bisschen, da die vorherigen Instrumente keine Geräusche gemacht hatten. Richtig stören tat es mich allerdings nicht. 

„Gut, und jetzt gesellt sich das Kieferkissen dazu", sprach Dominick weiter. 

Er nahm den auf dem Tablett liegenden Wangenhalter. 

„Ich lege es jetzt rein", wurde ich informiert. 

Vorsichtig platzierte Dominick auch diesen Gegenstand in meiner Wange. 

„Okay, Ella... ich öffne den Wangenhalter nun ein bisschen. Lass deinen Kiefer einfach weiterhin entkrampft." 

Ich spürte einen leichten Druck, als Dominick den Wangenhalter scheinbar anzog, und gab diesem nach. 

„Super, Ella!", kommentierte Dominick, und da befand sich das ‚Kissen' auch schon in der von ihm gewünschten Einstellung. „Wenn du soweit bist, dass wir jetzt den Regenschirm anbringen können, hebe bitte deinen Daumen nach oben." 

Eigentlich würden wir ja eh nach dem Befestigen des Spanngummis eine Pause machen, dachte ich. 

Also löste ich meine Hand von dem Stofftier, und zeigte Dominick thumbs up. 

„Oki doki", reagierte er darauf, und ich senkte meine Hand wieder. 

„Dann gehen wir diesen Schritt auch schon an." Dominick beugte sich erneut zu dem Tray, und kurz darauf hielt er diese Klammerzange, von der ich peinlicherweise angenommen hatte, dass sie für das Extrahieren von Zähnen gemacht sei, in der Hand. 

„So, als Erstes setzen wir die Klammer auf den hintersten Zahn", erläuterte Dominick. Er schaute kurz prüfend in mein Gesicht, anscheinend wollte er, wie immer, bevor er einen Schritt ausführte, sicherstellen, dass ich ihm folgen konnte. 

„Achtung..." Als er meine rechte Wange etwas zur Seite schob, umfasste ich die Elefantin in meinem Schoß etwas stärker. 

Gleich würde dieser Druck kommen, den Dominick mir an meinen Schultern gezeigt hatte. Hoffentlich würde das tatsächlich nicht so unangenehm werden, wie er behauptet hatte... 

„Ella, du wirst jetzt spüren, wie ich die Klammer auf den Zahn setze. Atme bitte ganz entspannt weiter. Genau..." 

Plötzlich entstand auf meinem Zahn ein komisches, festes Gefühl. Meine Hände drückten das mittlerweile bestimmt schon verknitterte Kuscheltier reflexartig zusammen. 

„Oh ja, das ist ein bisschen merkwürdig, mh?", bemerkte Dominick einfühlsam. 

Ich lockerte meinen Griff um meine arme Vetterin, und versuchte, mich mit der Klammer an meinem Zahn und dem Gefühl, welches sie verursachte, anzufreunden. 

Dominick hatte den Druck allerdings treffend beschrieben. Und im Grunde genommen war es ja wirklich nicht schmerzhaft. Nur... gewöhnungsbedürftig. 

„Gut, Ella. Wir positionieren jetzt noch das Gummi und danach machen wir eine Unterbrechung", versprach Dominick. Er holte das Gummituch von dem Tablett; wenig später spürte ich, wie er wieder an meinen Zähnen und der Klammer herummachte. Die Betäubung dämpfte meine Empfindungen jedoch, worüber ich nicht unglücklich war. 

Irgendwie fiel es mir schwer, meine Zunge ruhig zu halten, und Dominick nicht bei dem Anlegen des ‚Regenschirms' zu stören. 

„Und zuletzt der Rahmen." 

Mittlerweile war mein Blick erneut der Decke zugewandt, sodass ich nicht mehr richtig mitbekam, was Dominick sich nahm. 

Er hantierte noch etwas an dem Spanngummi herum, ehe er schließlich von mir abließ. 

„Sehr gut, Ella", stellte Dominick zufrieden fest. Scheinbar war er mit seinem Werk fürs Erste fertig. 

Ich schluckte einmal. Insgesamt fühlte sich mein Mund durch den Wangenhalter zwar geöffnet, aber durch das Gummi des Spanngummis gleichzeitig abgeschirmt an. 

Wie bei einem Regenschirm eben. 

Ich hätte nicht gedacht, dass ich das denken würde, aber es war tatsächlich angenehm, meinen Mund nicht auf Krampf aufhalten zu müssen. 

Zaghaft befühlte ich mit meiner Zunge die Innenseite des Gummis. Oh Mann. An meine kranken Zähne kam ich durch das Spanngummi nicht mehr heran. 

„Jetzt hast du dir auch eine ordentliche Pause verdient", hörte ich Dominick festlegen. 

Schon wieder hatte ich nicht mitbekommen, dass er die Maske abgenommen hatte. 

War meine Wahrnehmung etwa so mangelhaft? 

Zwei starke Hände legten sich auf meine Schultern, und strichen sanft darüber. 

Ich genoss Dominicks leichte Massage und die wohlige Wärme, die sich in meinem Körper ausbreitete. 

Meine Lider senkten sich und in meinem Kopf tauchten unangemeldet Erinnerungsstücke aus vergangenen Zeiten auf, in denen mich diese wundervollen Hände woanders liebkost und verwöhnt hatten. 

Heilige Scheiße. 

Eine Art Schamgefühl ersetzte die verrückten Hummeln in meinem Bauch. 

Stella! Dominick umsorgt dich rührungsvoll, und dir fällt nichts Besseres ein, als so etwas zu denken? 

„Ella, gib' mir bitte ein Zeichen mit deinem Daumen, wie du dich gerade fühlst." 

Dominick hatte natürlich nichts von meinen Gedankenvorgängen mitgekriegt. Zum Glück. 

Ich sah vorsichtig in seine fragenden Augen, die mit aufmerksam betrachteten. Kurz atmete ich tief durch die Nase ein und aus. 

Es ging mir gut, oder? 

Etwas zögerlich hob ich abermals meinen rechten Daumen.                      

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