Teil 8 (Dominick) (Nach Lachen zumute?)

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Arme Ella. Es tat mir selbst so weh, zu sehen, dass sie litt. Ihre Phobie schien sich seit unserer Beziehung nicht großartig verbessert zu haben, denn ganz offensichtlich fürchtete sie sich vor der notwendigen Behandlung. Und ich hatte ihr noch nicht einmal gesagt, was ich vorhatte.

Allerdings wäre ich nicht ich, wenn ich nicht optimistisch wäre.

„Ella, bevor wir gleich darüber sprechen, was die beste Lösung für dich ist, um deine Schmerzen zu lindern, möchte ich dir einen Vorschlag machen." Ich sah ein leichtes Nicken ihrerseits und fuhr dann fort: „Du kennst doch die Wirkung von Lachgas, oder? Vielleicht erinnerst du dich noch daran, dass wir schon einmal darüber geredet haben."

Bevor Ella zu diesem einen Zahnarzttermin gegangen war, hatten wir nämlich über alle möglichen Beruhigungsmethoden gesprochen und überlegt, welche für sie infrage hatten kommen können. Aber sie hatte die meisten - unter anderem Lachgas - abgelehnt, mit der Begründung: „Du bist für mich Beruhigung genug."

Schöner Spruch, doch... was geschehen war, wussten wir ja.

„Ja, das weiß ich noch", erwiderte Ella mit einem fragenden Unterton in der Stimme. Ich bemerkte, dass sie das Kuscheltier fest an sich presste. „Denkst du, das wäre grundsätzlich etwas für dich, damit du dich ein bisschen entspannter fühlst?", erkundigte ich mich und lächelte sie unvoreingenommen an. Egal, wie Ella antwortete, ich würde sie unterstützen.

„Uhm, wenn du es mir empfiehlst", druckste sie zögerlich herum. „Wie wäre es, wenn ich dir noch einmal alles Wichtige über das Lachgas zusammenfasse? Und dann entscheiden wir zusammen, ob diese Methode für dich geeignet ist."

Ella nickte vorsichtig. „Supi. Darf ich deine Hand dabei halten?", fragte ich feinfühlig. Vielleicht konnte ich ihr somit etwas Sicherheit bieten.

Ohne etwas zu sagen, reichte Ella mir ihre Hand. Sie war kalt und verschwitzt, aber das war für mich schon lange nichts Abschreckendes mehr. Ich war so etwas schließlich schon von anderen nervösen Patienten gewohnt.

„Thanks." Sanft streichelte ich Ella Hand. „Also. Lachgas hat zum einen eine entspannende Wirkung und zum anderen reduziert er den Würge- und Schmerzreiz." Ich vergewisserte mich, dass Ella mir zuhörte – manche Patienten drifteten bei meinen Erklärungen nämlich gedanklich weg – und sprach weiter: „Außerdem ist man während der Therapie jederzeit ansprechbar und es herrschen keine Erinnerungslücken nachher."

Den Ausdruck ‚Therapie' verwendete ich bewusst, da ich das Gefühl hatte, dieser wurde mit etwas Besserem assoziiert als ‚Behandlung'.

„Und... was sind noch mal die Nachteile?", wollte Ella mit zittriger Stimme wissen. Ich strich weiterhin über ihre Hand, während ich sagte: „In ganz seltenen Fällen können leichte bis mittlere Beschwerden auftreten, das hängt allerdings von vielen verschiedenen Faktoren ab. Solche Nebenwirkungen wären zum Beispiel Übelkeit oder Schwindel, jedoch kann man das, wie gesagt, nicht pauschalisieren."

Ella schwieg, doch ich sah, dass sie Gefallen an dieser Idee entwickelte. Auch wenn sie verständlicherweise noch misstrauisch war.

Ich ergänzte: „Deine Mutter hat Bianca bei der Terminvergabe zwar gesagt, dass bei dir aus gesundheitlicher Sicht nichts Auffälliges vorliegt, aber gibt es, wenn du überlegst, doch eventuelle Beschwerden, die dir aufgefallen sind? Oder generell irgendwelche zu beachtenden Aspekte?"

„Hmm, eigentlich fällt mir in Bezug auf meine Gesundheit nichts ein...", erwiderte Ella, nachdem sie offenbar alles im Kopf durchgegangen war. Sie blickte mich unsicher an.

„Also hast du dich zum Beispiel in letzter Zeit keinen Eingriffen, wie einer Operation, unterzogen, oder Drogen konsumiert?", fragte ich nach, während ich meine Streicheleinheiten fortführte. 

Ich hatte nicht das Gefühl, dass Ella sich an akute ‚Probleme' nicht erinnern konnte, da auch ihre Mutter Bianca nichts in diese Richtung angegeben hatte. Und Ella verneinte die Fragen auch. 

„Alles klaro. Dann stünde dir eigentlich nichts im Wege, diese Art der Sedierung auszuprobieren." Ich drückte bestärkend Ellas Hand und lächelte sie warm an. Auch über ihr Gesicht huschte ein kurzes Lächeln, bevor sie ihren Kopf wieder zur Seite wandte.

„In diesem Raum gibt es leider keine Lachgas-Einrichtung. Aber vielleicht könnte Bianca kurz schauen, ob es in dem Nebenzimmer gerade frei ist?" Bittend sah ich meine Helferin an, die sich von ihrem Rollhocker erhob und eifrig nickte. „Natürlich. Ich komme dann gleich wieder." Mit diesen Worten verließ Bianca das Zimmer und schloss die Tür hinter sich.

Ich wandte mich derweil wieder Ella zu. „Wir zeigen dir gleich, wie das Ganze genau funktioniert. Aber egal, ob mit Lachgas, oder ohne: Wir passen gut auf dich auf und sorgen dafür, dass es dir die ganze Zeit über gut geht, ja?"

„Okay, Dominick... ich vertraue dir", flüsterte Ella mit gesenktem Blick. Diese Worte zauberten mir schon wieder ein Lächeln ins Gesicht, denn ich wusste, dass sie das nicht einfach so von sich gegeben hatte. „Das bedeutet mir viel, Ella."

Nach einigen Minuten, in denen wir geschwiegen hatten, wurde die Tür von Bianca aufgemacht. „Jep, der Nachbarraum ist momentan nicht besetzt", informierte sie uns beinahe strahlend. „Super, danke, Bianca!" Abermals drückte ich Ellas Hand. „Was meinst du, sollen wir kurz in dem anderen Raum vorbeischauen?", wollte ich ohne Wertung von ihr wissen.

„Mhm", nuschelte Ella und machte Anstalten, sich zu erheben. Ich machte ihr Platz und sie stand auf. Die Plüschtierelefantin saß in ihrer linken Armbeuge. Es war also keine schlechte Idee gewesen, Ella das Kuscheltier zu geben, freute ich mich.

Bianca kam an meine Seite und raunte mir leise ins Ohr: „Alles ist gereinigt." Ich nickte ihr dankbar zu und widmete mich wieder Ella. Behutsam bugsierte ich sie in den Flur.

Diesmal mussten wir nicht so lange laufen, da sich das Nachbarzimmer logischerweise direkt neben dem Raum befand, aus dem wir eben getreten waren.

Schnell öffnete ich die Tür und bedeutete Ella, als Erste in den Raum zu gehen. Ich folgte ihr direkt und Bianca bildete kurz darauf den Schluss.

„Darf ich dich einmal loslassen?", fragte ich Ella. Sie nickte und rang sich ein gequältes Lächeln ab. „Ich weiß, hier sieht es etwas anders aus als im vorherigen Zimmer", sagte ich fast etwas entschuldigend, als ich sah, wie ihre Blicke durch den größeren Raum schweiften. „Möchtest du dich noch ein bisschen umgucken?" „Nein, schon gut." Ella schaute wieder zu mir. „Okay. Dann möchte ich dir jetzt Folgendes zeigen..."  

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