Kapitel 21: Ein Lichtblick im Dunkeln

13 2 2
                                    

Die nächsten freien Tage verbrachte ich wie abgesprochen mit König. Wir fuhren in die Stadt, verbrachten die Zeit dort mit Essen gehen, bummeln und spazierten durch den Park. Die Tage waren warm und angenehm. Allmählich vergaß ich den Vorfall zwischen Ghost und mir. Ich lachte wieder normal und spürte die Freude in mir. König war immer an meiner Seite und ich war dankbar dafür. Auch wenn er nicht wusste, was passiert war, merkte er schnell, dass ich Ablenkung brauchte und tat sein bestes, um mir diese zu ermöglichen. 

,,Hey, sag mal wie wäre es, wenn wir morgen mal zu deiner Mutter fahren? Sie würde sich bestimmt freuen und ich habe sie schon lange nicht mehr gesehen", fragte mich König.

Wir waren im Gemeinschaftsraum und hatten gerade eine Runde Dart zum Spaß gespielt. Ich sah ihn kurz überrascht an. Daran hatte ich gar nicht gedacht.

,,Keine schlechte Idee König. Ich bin mir sicher, dass meine Mutter sich freuen wird, dich mal wieder zu sehen", antwortete ich.

König lachte kurz, nickte und legte seinen Arm um meine Schulter. Ich lehnte mich gegen ihn und grinste leicht. In letzter Zeit hatte ich mich sehr an seine Nähe gewöhnt und war glücklich, dass ich bei ihm sein konnte. Es war nicht so, als hätte ich Gefühle für ihn...Doch ich konnte nicht abstreiten, dass er in mir eine Wärme auslöste, die jedoch nicht mein Herz traf. Ich fühlte mich in seiner Nähe zwar wohl, doch das war nichts neues. König und ich waren Freunde...und mehr würde es niemals sein. 

Als sich die Türe zum Gemeinschaftsraum öffnete, sah ich hin...und meine Augen verengten sich sofort, als Ghost rein kam. Ich war ihm bisher immer aus dem Weg gegangen, weil ich den Schmerz nicht spüren wollte. Doch ihn nun zu sehen...tat weh und mein Herz zog sich zusammen.

Ghost's Blick wanderte durch den Raum. Als er mich sah, wurden seine Augen kurz schmal, bevor er auf mich zu kam und mit respektablen Abstand vor mir stehen blieb.

,,Rookie", meinte er professionell.

Ich nickte kurz und antwortete: ,,Lieutenant."

König hatte immer noch den Arm um mich gelegt und hatte dadurch auch gemerkt, dass ich meinen Körper leicht anspannte. Er sah von mir zu Ghost, bevor er anfing zu grinsen.  

,,Was willst du, Ghost?", fragte König ihn provokativ.

Ghost sah nur kurz zu König, ein leicht wütendes und warnendes Funkeln in den Augen. Dann sah er wieder zu mir, seine Miene kalt und ausdruckslos, wie ich es nicht anders kannte. 

,,Price will dich sprechen. Sofort!", meinte er und sein Tonfall verriet, dass ich nicht widersprechen sollte. 

Ich nickte kurz, löste mich aus König's Arm und sah ihn an. König sah besorgt auf mich herab, doch ich schüttelte kaum merklich den Kopf. Ich war immer noch Ghost's Rookie. Also leistete ich keinen Widerstand. Solange Simon mir auf eine professionelle Art kam, konnte ich damit umgehen. 

Ich sah zu Ghost und meinte neutral: ,,Gehen wir."

Simon nickte nur leicht, wandte sich ab und ging vor. Ich folgte ihm, nachdem ich mich von König verabschiedet hatte. Als wir den Gemeinschaftsraum verließen und schweigend die Flure zu Price's Büro entlang liefen, ließ ich locker meine Hände in die Hosentaschen gleiten. Ich hielt einen Abstand zu Ghost, so das ich seine Wärme nicht spüren konnte. Es war zu gefährlich, denn ich wusste, dass ich nur wieder leiden würde. 

Stillschweigend kamen wir am Büro an und Ghost klopfte an die Türe. Als ein dumpfes ,,Herein" zu hören war, öffnete er diese und trat ein. Ich folgte ihm und blieb mittig im Raum stehen, die Hände weiterhin in den Hosentaschen. Price saß am Schreibtisch und sah auf, als wir eintraten. 

,,Ah Ally, da bist du ja. Setz dich doch", meinte Price lächelnd und wies auf den Stuhl vor seinem Schreibtisch. 

Als er meinen Spitznamen verwendete, sah ich Price kurz grinsend an und ließ mich dann auf dem Stuhl nieder. Ich hatte diesen Namen schon lange nicht mehr gehört. Ghost blieb an der Türe gelehnt stehen und verschränkte seine Arme. Doch in seinen Augen konnte man Verwirrung erkennen, als Price mich so familiär angesprochen hatte. Doch das war mir egal. Ich war neugierig.

,,Also Price, worum geht es denn?", fragte ich den Captain.

Dieser lehnte sich in seinem Schreibtischstuhl zurück und sah mich ernst an. In seinen Augen lag jedoch ein freudiges Leuchten.

,,Kommen wir direkt zur Sache hm? Nun gut, folgendes: Ghost hatte dich vor ein paar Tagen zur Auswahl für den Eintritt in die Task Force 141 vorgeschlagen...und heute kam von General Shepherd die Zusage. Du bist im Auswahlverfahren dabei und hast die Chance, in 4 Monaten dein Können zu beweisen", erklärte Price sachlich.

Ich sah ihn überrascht an und wandte meinen Kopf zu Ghost hinter mir. Meine Augen leuchteten vor Freude. Simon sah mich kurz an, nickte lediglich und wandte den Blick zu Boden. Doch ich konnte trotz seiner Maske erkennen, dass er leicht errötete. 

,,Du...hast mich vorgeschlagen? Ghost ich...ich weiß nicht was ich sagen soll...außer danke...dass du das Vertrauen zu mir hast. Das bedeutet mir viel", meinte ich.

Ghost sah mir in die Augen und erwiderte monoton, doch mit einem sanften Unterton: ,,Keine Ursache. Du hast hart gearbeitet...du verdienst diese Chance. Zeig ihnen, was du kannst Alessa." 

Ich vergaß in diesem Moment, was passiert war. Freudestrahlend nickte ich, stand auf und umarmte Ghost. Für diesen Moment war es mir egal, was die Folgen waren. Simon reagierte überrascht, doch erwiderte die Umarmung nach einigen Sekunden. Als ich seine Arme um meinen Körper spürte, schmolz ich dahin. Trotz des Risikos, dass ich wieder leiden würde, kuschelte ich mich an ihn. 

,,Danke...ich verspreche dir, ich werde dich nicht enttäuschen", murmelte ich leise, doch hörbar.

,,Das weiß ich...ich werde immer hinter dir stehen, egal was passiert", antwortete Ghost ebenso leise.

Ich nickte kurz und löste mich aus der Umarmung. Price hatte die Interaktion mit einem Lächeln verfolgt. Simon sah zu mir herunter, seine Augen leuchteten ebenso vor Freude...und doch konnte ich den Schmerz erkennen. Und da wurde mir eines bewusst...während ich wieder lachen konnte, litt er weiter unter unserem Streit und der Situation, in der wir beide hingen. 

,,Können wir reden...unter vier Augen?", fragte ich Ghost. 

Er sah zu Price und als dieser nickte, wandte er seinen Blick wieder zu mir und meinte: ,,Natürlich..." 

Wir verließen das Büro und gingen auf das Dach. Der kühle Abendwind wehte uns entgegen, als wir ankamen. Ich stützte meine Hände auf das Geländer ab und atmete tief durch. Dann drehte ich meinen Kopf nach rechts, wo Simon stand.

,,Hör zu...was ich vor ein paar Tagen gesagt habe...tut mir leid...ich war wütend und verletzt...es war nicht gerade angenehm...als Spielzeug bezeichnet zu werden", sprach ich und konnte den Schmerz in meiner Stimme nicht verbergen. 

Ghost sah mir in die Augen und antwortete leise, doch mit verletzter Stimme: ,,Es tut mir genauso leid...ich hätte dich nicht als Spielzeug bezeichnen sollen...denn das bist du nicht. Du bist mehr als das...ich wusste nur nicht...wie ich mit meinen Gefühlen umgehen sollte. Doch was ich sagte, war nicht fair..."

Wir schwiegen beide eine Zeitlang, bis ich seufzend die Stille durchbrach und sagte: ,,Können wir das ganze...einfach vergessen und wieder normal miteinander reden? Ich will nicht weiter mit dem Gedanken rum laufen, dass wir nicht miteinander klar kommen."

Simon sah mich nachdenklich an, bevor er hinter mich trat und mich umarmte. Ich spürte seinen warmen Atem an meinen Nacken und der Schauer lief mir über den Rücken. Mein Körper nahm seine Wärme und seine Nähe auf und unvermeidbar beschleunigte sich mein Herzschlag. 

,,Ich weiß nicht, ob ich nur normal mit dir interagieren kann...", sprach er mit leicht rauer Stimme. 

Seine Worte trafen mein Herz...und sie waren für mich bedeutsam. Auch wenn ich nicht sofort vergessen konnte, was passiert war, war ich trotzdem bereit, das Risiko erneut einzugehen. Vielleicht mussten wir erst auseinander gehen, um am Ende ein Lichtblick im Dunkeln zu sehen.

Du hast das Ende der veröffentlichten Teile erreicht.

⏰ Letzte Aktualisierung: Oct 16 ⏰

Füge diese Geschichte zu deiner Bibliothek hinzu, um über neue Kapitel informiert zu werden!

Hass, Freundschaft, Liebe?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt