Der kalte Steinboden drückte schmerzhaft gegen meine Knie, und jede Bewegung ließ die Wunden an meinen Handgelenken brennen. Die Striemen, die die Fesseln hinterlassen hatten, pochten, und meine Wange schmerzte von dem Schlag, den Enrique mir verpasst hatte. Der bittere Geschmack von Blut lag noch immer auf meiner Zunge, aber der körperliche Schmerz war nicht mehr wichtig. Mein Kopf war voller Gedanken, voller Angst – Cailan.
Als die schwere Tür mit einem lauten Krachen aufgestoßen wurde und Cailan den Raum betrat, durchfuhr mich eine plötzliche Welle der Erleichterung. Meine Augen suchten sofort seine, und für einen flüchtigen Moment glaubte ich, dass alles gut werden würde. Doch als ich die Wut und Verzweiflung in seinem Blick sah, spürte ich, dass das hier nicht einfach enden würde. Ich wusste, dass Enrique uns in eine Falle gelockt hatte. Er spielte dieses grausame Spiel und ich war der Einsatz, den er in seinen Händen hielt.
„Ah, Lord Cailan," sagte Enrique mit diesem süffisanten Lächeln, das mir jedes Mal aufs Neue das Herz schwer werden ließ. Er saß da, als gehöre ihm der Raum, der Augenblick, als gehöre ihm alles. Ich fühlte mich wie eine Spielfigur, und das Schlimmste daran war, dass ich nichts tun konnte, um es zu ändern.
Ich wollte etwas sagen, wollte Cailan bitten, ruhig zu bleiben, keinen Fehler zu machen. Aber meine Stimme versagte. Die Angst hielt mich in einem eisigen Griff, zu stark, um sie abzuschütteln. Mein Körper fühlte sich schwer an, als wäre jeder Versuch, mich zu bewegen, ein Kraftakt.
Als Cailan sein Schwert zog, stockte mir der Atem. Die Luft im Raum schien plötzlich noch schwerer, beinahe erdrückend. Enrique hielt meinen Arm fest, aber es war nicht der Schmerz, der mich lähmte, sondern die Kälte in seinem Blick. Er hatte keine Angst. Für ihn war das alles nur ein Spiel, ein Machtspiel, bei dem ich der Preis war.
Cailan sah mich an, und in seinen Augen sah ich das, was ich befürchtet hatte: Schuld. Er fühlte sich verantwortlich, dachte, er hätte mich nicht beschützen können. Aber das stimmte nicht, das konnte nicht stimmen. Ich wollte ihm sagen, dass es nicht seine Schuld war, dass er alles getan hatte, was möglich war. Doch die Worte blieben mir im Hals stecken.
Dann ertönte König Adairs Stimme, eine tiefe, ruhige Autorität, die den Raum erfüllte und die Spannung für einen Moment dämpfte. „Lege das Schwert nieder," sagte er, und ich wusste, dass Cailan das schwer fallen würde. Ich konnte die Unruhe in seinem Blick sehen, den inneren Konflikt, den er in diesem Moment durchlebte. Die Wut, die Enttäuschung – er wollte kämpfen, Enrique zur Rechenschaft ziehen, doch Adairs Befehl ließ ihm keine Wahl.
Mein Blick wanderte wieder zu Cailan, und ich wünschte, ich könnte ihm irgendwie zeigen, dass ich ihn verstehe. Dass ich seine Verzweiflung, seine Wut teile. Doch ich war zu erschöpft, zu zerschlagen von all dem, was geschehen war.
Als das Schwert auf den Boden fiel, hallte das metallische Geräusch durch den Raum wie ein Echo der Niederlage, das uns beide traf. Ich senkte den Kopf, unfähig, Enriques triumphierenden Blick zu ertragen. Ich konnte fühlen, wie er die Kontrolle über die Situation genoss, wie er wusste, dass er uns in die Ecke gedrängt hatte.
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Cold Heart
Historical FictionNach mehreren gescheiterten Saisonen auf dem Heiratsmarkt Englands könnte man Sophie Calvert als alte Jungfer bezeichnen. Oder als Lady, die den Glauben an die Liebe doch fast gänzlich verloren hat. Als unverheiratete Frau wird sie zum schottischen...