VIERZEHN

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SARINA

In all der Zeit wo ich ihr lebte und anwesend war, erlebte ich nicht einmal solch bedrückte Stimmung beim Essen. Natürlich gab es mal Stille, das war bei jedem Haushalt normal, aber nicht wie es gerade war. Man spürte die stickige Luft im Esszimmer. Sie erdrückte einen, zerquetschte jemanden wie eine Zitrone.

Man konnte nur das Geschirr hören, die Gabeln und Messer oder anderes. Selten sprach jemand. Der Großteil davon waren Angestellte. Sie fragten höflich wie immer, ob man noch etwas trinken wollte, oder räumten das benutzte Geschirr ab.

Glücklicherweise wurde es mir von meinem Ehegatten gestattet, mich neben Alvaros Verlobte zu setzten. Giftschlange saß somit auf meinem Stuhl.

Sobald sie endlich verschwand, würde ich den Stuhl austauschen lassen. Definitiv. Ich übertrieb ganz klar, doch das war mir egal.

Eigentlich hatte ich mir vorgenommen, mich beim Abendessen mit Adora zu unterhalten, sie kennenzulernen, nur ahnte ich bis dahin noch nicht wie still es sein würde. Somit musste ich warten, bis wir fertig waren und ich bei meinem Schwager war.

Vielleicht sollten wir uns später eine Flasche Alkohol schnappen. Damit verkrümelten wir uns an einen Ort, wo uns niemand fand.

Iván würde mich sowieso nicht suchen. Nach dem Essen ging er arbeiten, dazu schlief er, wie es schien nicht in unserem Schlafzimmer.

Jetzt musste Adora nur noch zustimmen, dann stand nichts im Wege. Ich hoffte inständig, sie war eine nette Frau, wie meine anderen Schwägerinnen.

Da ich Alvaro als einen guten Menschenkenner einschätzte, vertraute ich darauf, dass sie eine nette Person war. So wirkte sie jedenfalls schonmal.

Durch eine Stimme, die mich innerlich fluchen ließ, wurde die Stille unterbrochen. Mir wäre es durchaus lieber, wenn wir alle weiter schwiegen.

Ich griff nach meinem Wasserglas, nicht nur weil ich Durst hatte, sondern auch, um mein Augenverdrehen zu verstecken. Selbst wenn es jemand sehen sollte, niemanden würde es interessieren. Ihnen ging es nicht anderes.

Annas Stimme raubte mir den letzten Nerv. Selbst das stille Wasser bekam dadurch einen widerlichen Geschmack.

Wieso konnte ich nicht einfach im Koma liegen? So bekam ich nichts mit.

»Ich finde ja, die Hochzeit sollte im Sommer stattfinden. Im Juli oder Augst. Am besten in einem Schloss«, sagte Anna, als wäre die Situation ganz normal, vor allen Anwesenden.

Sie tat es nur wegen mir, so viel war sicher. Sie erhoffte sich mich damit zum Weinen zu kriegen. Da war sie bei mir an der falschen Adresse. Mehr, als mich dazu zu bringen, mich an meinem Wasser zu verschlucken, bekam sie nicht hin.

Ich hustete. Mit meiner Hand klopfte ich mir auf die Brust. Es wurde nicht besser. Oscar, der nun durch mich einen Platz zur Seite rücken musste und deswegen schräg gegenüber von mir saß, stand ein wenig auf, lehnte sich zu mir und haute mir etwas zu Feste auf den Rücken.

»Danke«, bedankte ich mich noch hustend. Erst nachdem ich mich beruhigt hatte, fiel mir auf, dass ich von allen angesehen wurde.

Ich schaute mich um und musste mich korrigieren. Ich wurde von allen außer meinem Ehemann angesehen. Sein Blick lag auf seinem Glas, in dem sich wie bei mir Wasser befand. Was mir auffiel, seine Fingerknöchel traten weiß hervor. Er umklammerte das Glas mit zu viel Druck.

Es gab zwei Möglichkeiten, woran das liegen könnte. Entweder gefielen ihm Annas Worte nicht oder er hielt sich davon ab zu mir zu kommen und mir selbst auf den Rücken zu klopfen. Sosehr er auch wütend auf mich sein mochte, sollte mir etwas Schlimmes zustoßen, wäre er sofort für mich da. Er liebte mich, obwohl es momentan nicht danach aussah.

Señora Hernández - Der FehlerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt