Epilog

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                                                                                                  31

                                                                                              Epilog

Der Regen fiel so stark wie niemals zuvor vom Himmel auf Forks herab, als wir den Flughafen erreichten und Alex dafür sorgte, dass man unseren Wagen durch einen Sondertransport nach Schottland überführen würde. Ironischer Weise passte sich das Wetter genau meiner Stimmung an, doch meine Tränen waren inzwischen getrocknet, was aber nicht bedeutete, dass der Schmerz weniger geworden hatte.
Ich hatte lediglich eine versteinerte Miene aufgesetzt, was bisher immer der Job meines Bruders war, doch durch den heutigen Tag würde es auch meine Aufgabe sein, der Außenwelt keiner Sekunde lang preiszugeben, was ich dachte oder fühlte.
In der Akademie brachte man einem sehr schnell am Anfang der Ausbildung die beiden Grundsätze bei: Kämpfen oder sterben. Meine Wahl hatte ich heute getroffen und würde sie auch umsetzen. Ganz egal, was ich dafür auf mich nehmen musste.
Elysia war bei unserer Abreise so traurig und verzweifelt gewesen, dass es mir mein Herz ein weiteres Mal gebrochen hatte. Ich konnte nur hoffen, dass sie zurechtkam und Carlisle ihr bezüglich der Krankheit so gut es ging half, aber ich wusste, dass er Elysia keine Sekunde lang im Stich lassen würde.
Alex hatte anscheinend den ganzen Papierkram erledigt, denn er kam nun zu mir in die Eingangshalle, wo schon wilder Trubel herrschte. Viele Menschen begaben sich zu ihren Gates, checkten ein oder gaben ihr Gepäck ab, ehe sie sich zur Sicherheitskontrolle begaben. Doch all das blendete ich aus.
Meine Gedanken waren auf meinen Entschluss fixiert, den ich auf dem Weg zum Flughafen getroffen hatte und der mich dazu gebracht hatte, all das zu ignorieren, was Alex während der Fahrt hierher von sich gegeben hatte. Seine Worte waren wie Wellen an einem Fels in der Brandung abgeprallt und hatten für mich keine Bedeutung mehr, weil mein Bruder heute eine Grenze überschritten hatte. Eine Grenze, die einfach zu einschneidend war.
,So, alles erledigt. Ich dachte schon, ich müsste diesem Typen eine ganze Akte von Dokumenten ausfüllen.", merkte er an, als er mich erreichte. ,,Na, komm. Holen wir uns Tickets und dann nichts wie weg von hier.", sagte Alex, doch ich rührte mich nicht von der Stelle, was ihn irritierte. ,,Alena?"
Ich erwiderte nichts. Nicht einmal ansehen tat ich ihn, da in mir alles tobte und ich sonst sicher war, die Fassung zu verlieren. Schon fast kam ich mir selbst wie ein Vampir vor, der mit allen Mitteln seinen Blutdurst unterdrückte und nur wenige Sekunden davon entfernt war, den Kampf gegen die Gier zu verlieren und das Monster in sich von der Leine zu lassen.
Alex schien durch mein Schweigen ungeduldig zu werden, denn er seufzte ergeben und deutete vielsagend auf die Schalter vom Flughafen, wo die Tickets ausgehändigt wurden, ehe er seine Tasche schulterte. ,,Jetzt komm schon. Wir dürfen nicht zu spät kommen, sonst geht der Flug noch ohne uns und wir wollen doch heute Abend wieder in Schottland sein.", sagte er und setzte sich wieder in Bewegung, als ich ein einziges Wort hervorbrachte.
,,Nein."
Mein Bruder hielt inne, drehte sich um und starrte mich irritiert an. ,,Wie bitte?"
,,Ich werde nicht mit dir gehen."
Ausdruckslosigkeit hatte sich auf meinem Gesicht ausgebreitet, doch meine Stimme klang dafür umso entschlossener. Alex spannte sich aufgrund meiner Äußerung enorm an und kam wieder ein wenig auf mich zu, wobei er mich dringend zur Vernunft ermahnen wollte, indem er mir ein unvergessliches Detail ins Gedächtnis rief.
,,Wir haben eine Abmachung, Alena."
,,Ja. Und die besagt, dass ich Forks für immer verlassen werde, was ich auch tue. Aber ich werde nicht mit dir zurück nach Schottland gehen.", gab ich schroff zurück, was meinen Bruder herausfordernd das Kinn recken ließ.
,,Was willst du stattdessen tun?"
Gleichgültig zuckte ich mit den Schultern. ,,Ich weiß es noch nicht. Doch ich ertrage deine Gesellschaft einfach nicht mehr, Alex. Die Art, wie du mich behandelst und das Ultimatum, was du mir gestellt hast...das würde ein Bruder normalerweise niemals tun. Aber für dich gibt es nur noch die Jagd und deine Rache, die du an jedem einzelnen Vampir verübst, der dir über den Weg läuft."

Sunmoon -Jagd im MorgengrauenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt