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Die Stille kehrte langsam wieder ein, aber mein Herz klopfte immer noch laut in meiner Brust. Ich lehnte mich gegen die Tür und versuchte, meinen Atem zu beruhigen. Baris' Worte hallten in meinem Kopf nach.
„Wenn du wieder normal bist."

Aber was bedeutete überhaupt normal in dieser Situation? Nichts in meinem Leben fühlte sich gerade normal an.

Ich setzte mich aufs Bett und griff erneut nach meinem Handy. Ich wollte Samet zurückrufen, wollte seine beruhigende Stimme hören, aber ich hielt inne. Vielleicht war es nicht der richtige Moment. Stattdessen scrollte ich durch unsere alten Nachrichten, jede Erinnerung an uns beide half mir, der Realität zumindest für einen Moment zu entfliehen.

Doch tief in mir wusste ich, dass ich mich den Problemen in diesem Haus nicht ewig entziehen konnte. Baris war nur ein Teil davon. Es gab noch so viele unausgesprochene Dinge zwischen uns, die sich in diesem Moment zu einem unerträglichen Druck aufgebaut hatten. Er trug die Last unserer Familie auf seinen Schultern, aber sein Weg damit umzugehen, machte es für mich nur schwerer.

Ich wusste, dass ich etwas tun musste – mit ihm reden, mit Samet reden, vielleicht sogar mit mir selbst ehrlich sein. Die Eskalation im Haus, die ständige Anspannung... es konnte so nicht weitergehen. Aber wie? Wie würde ich den Mut aufbringen, dem allen gegenüberzutreten?

Noch während ich darüber nachdachte, summte mein Handy. Eine Nachricht von Samet: „Alles okay? Du warst plötzlich weg."

Ein sanftes Lächeln huschte über mein Gesicht. Trotz allem war er immer da, immer aufmerksam. Ich tippte schnell eine Antwort: „Ja, Baris hat mich gestört. Ich melde mich später, okay?"

Es war eine Lüge – „okay" war nichts in diesem Moment, aber ich konnte nicht zulassen, dass Samet in diese Familienwirren hineingezogen wurde. Nicht jetzt.

Ich atmete tief durch und versuchte, mich zu sammeln. Der Tag war fast vorbei, aber morgen würde es weitergehen. Morgen würde ich stark genug sein, um mich dem Chaos zu stellen.

Die Stunden vergingen, während ich mich in meinem Zimmer versteckte, doch das beklemmende Gefühl ließ mich nicht los. Irgendwann, vielleicht war es der instinktive Drang, Antworten zu finden, stand ich auf und öffnete leise die Tür. Das Haus war still, abgesehen von leisen Stimmen, die aus dem Wohnzimmer drangen.

Langsam ging ich den Flur entlang, meine Schritte so leicht wie möglich. Als ich die Ecke zum Wohnzimmer erreichte, blieb ich für einen Moment stehen. Meine Eltern saßen da, nebeneinander, aber es war nicht wie sonst. Sie sprachen nicht miteinander, ihre Körper wirkten steif, als ob eine unsichtbare Mauer zwischen ihnen stand.

Verwirrt trat ich näher und setzte mich neben meine Mutter. Die Stille im Raum war erdrückend, und ich spürte, wie sich mein Magen zusammenzog.

„Anne?" fragte ich leise, fast zaghaft. „Was ist los?"

Meine Mutter drehte sich zu mir, aber ihr Blick war leer, so leer wie ich ihn noch nie zuvor gesehen hatte. Sie sagte nichts, starrte einfach nur durch mich hindurch, als ob sie nicht in der Lage wäre, zu sprechen. Mein Herz schlug schneller. Es war, als ob ich in einem Albtraum gefangen war, einem, aus dem ich nicht aufwachen konnte.

Dann hörte ich die Stimme meines Vaters. Sie war ruhig, aber jedes Wort schnitt tief in meine Brust. „Wir lassen uns scheiden."

Für einen Moment stand die Welt still. Ich hörte die Worte, aber sie ergaben keinen Sinn. Alles um mich herum begann sich zu drehen, als hätte jemand den Boden unter meinen Füßen weggezogen.

Meine Gedanken rasten, mein Körper fühlte sich taub an. Scheiden? Meine Eltern? Das konnte nicht wahr sein.

„Was?", flüsterte ich, kaum fähig zu atmen. „Was habt ihr gesagt?"

Iki Yol, bir hedef Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt