„Na, ob das so eine gute Idee war..." Niall stapfte neben Harry her, den Kopf leicht schiefgelegt und ein schelmisches Lächeln auf den Lippen. Die beiden bewegten sich über das Deck, die kühle Abendluft prickelte auf ihrer Haut. Harry, der bereits wusste, dass Niall jede Gelegenheit nutzte, um ihn aufzuziehen, zuckte nur mit den Schultern.
„Was soll schon schiefgehen?", fragte Harry schließlich, wobei er versuchte, einen ernsthaften Tonfall beizubehalten. „Abgesehen davon wäre es doch unhöflich gewesen, abzulehnen."
„Unhöflich?" Niall lachte trocken. „Harry, wir sind Männer der dritten Klasse. Da unten, wo die Schiffe schaukeln und die Träume bescheiden bleiben. Wenn wir dort oben in der ersten Klasse auch nur den Mund aufmachen, wissen die doch sofort, dass wir hier nicht hingehören."
„Dann benimm dich einfach entsprechend," erwiderte Harry und warf ihm einen amüsierten Blick zu.
„Ach ja? Und was genau bedeutet ‚entsprechend'?" Niall spreizte übertrieben die Finger, als würde er versuchen, wie ein Aristokrat zu wirken, was Harry ein Lachen entlockte.
Trotz Nialls Skepsis fanden sich die beiden schließlich an dem vereinbarten Treffpunkt ein, wo Louis und ein weiterer Mann – den er als Liam vorstellte – bereits warteten. Louis begrüßte Harry mit einem warmen Lächeln, während Liam Niall kritisch musterte, bevor ein freundliches Grinsen seine Züge erhellte.
„Ihr seid pünktlich," stellte Louis fest. „Kommt, wir haben ein kleines Vorbereitungsprogramm für euch."
Louis und Liam führten die beiden in Louis' geräumige Suite, die so luxuriös eingerichtet war, dass Harry sich für einen Moment fehl am Platz fühlte. Die Wände waren mit feinen Holzvertäfelungen geschmückt, schwere Vorhänge sowie teure Gemälde hingen an den Wänden, und ein prächtiger Kronleuchter warf warmes Licht in den Raum.
„Ihr werdet hier nicht als Männer der dritten Klasse auftreten," erklärte Liam und öffnete einen großen Kleiderschrank. „Wir haben ein paar Mäntel, Hemden und Hosen vorbereitet, damit ihr nicht gleich auffallt."
Niall sah skeptisch zu, wie Liam einen langen, schwarzen Mantel aus feinstem Stoff herauszog. „Das ist doch nicht dein Ernst," murmelte er, doch Louis winkte ab.
„Es ist nur für heute Abend, Niall," sagte er. „Vertrau mir, niemand wird euch Fragen stellen, wenn ihr angemessen gekleidet seid."
Nach und nach tauschten Harry und Niall ihre schlichten, abgetragenen Kleidungsschichten gegen makellose weiße Hemden, maßgeschneiderte Hosen und glänzende Schuhe. Louis und Liam waren dabei erstaunlich geduldig, halfen ihnen beim Binden der Krawatten und sorgten dafür, dass alles saß. Schließlich griff Louis nach einem Kamm und fuhr damit durch Harrys lockiges, schulterlanges Haar, während Liam Niall's Hemdkragen glättete.
„Das ist doch lächerlich," murmelte Niall und versuchte, seine frisch gekämmten Haare wieder zu zerzausen, doch Liam schlug ihm leicht auf die Finger.
„Sei still und lass mich arbeiten," sagte er mit einem schelmischen Grinsen.
Harry betrachtete sich schließlich im Spiegel. Die Verwandlung war erstaunlich: Er sah nicht mehr aus wie der einfache Pianist aus der dritten Klasse, sondern wie ein Mann, der sich nahtlos in die Gesellschaft der ersten Klasse einfügen konnte.
„Das ist... ungewohnt," murmelte Harry, woraufhin Louis lächelte.
„Du siehst perfekt aus," sagte er, und für einen Moment war seine Stimme ungewohnt weich.
Als die vier Männer schließlich in den Speisesaal der ersten Klasse eintraten, verstummte Niall, der sich ununterbrochen über sein neues Erscheinungsbild beschwert hatte, augenblicklich. Die prunkvolle Atmosphäre des Raumes war wie immer überwältigend: Die Wände waren mit goldenen Verzierungen geschmückt, und die Tische waren mit feinstem Porzellan und silbernem Besteck gedeckt. Harry fühlte sich unter den Blicken der Gäste leicht unwohl, doch Louis blieb ruhig und führte sie zu ihrem Tisch.
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Titanic
FanfictionAuf der Titanic, dem größten und luxuriösesten Schiff der Welt, kreuzen sich die Wege zweier Männer aus vollkommen unterschiedlichen Welten. Louis, ein wohlhabender Erbe, reist in der ersten Klasse, voller Erwartungen auf ein neues Leben in New York...