Familie ist kompliziert. Und meine? Nun, wir könnten locker ein eigenes Buch füllen. Oder zwei. Vielleicht eine ganze Enzyklopädie. Natürlich haben wir alle so ein bisschen Hokus-Pokus am Laufen, das liegt wohl in der Familie. Aber was mit Rhun passiert war – das war neu. Es gab viele merkwürdige Ereignisse in den letzten 500 Jahren, aber das? Das ließ selbst mich nervös werden.
Jetzt denkt ihr vielleicht, ich hatte Angst um Rhun. Pff, nein, nicht wirklich. Wir sind Brüder, ja, aber das bedeutet nicht, dass wir uns ständig in den Armen liegen und „Ich hab dich lieb“ flüstern. Trotzdem ... stellt euch mal vor, mir würde so etwas passieren. Das würde meinem Ansehen in der Familie einen riesigen Kratzer verpassen.
Rhun sah schrecklich aus, fast mitleiderregend. Nicht, dass er vorher besser aussah, aber ich meine, dieses ganze „Schwäche“-Ding stand ihm einfach nicht. Er war immer der Starke, derjenige, der sich in jedes Chaos stürzte und dabei auch noch irgendwie die Kontrolle behielt. Und jetzt? Jetzt lag er da, blass wie eine Kartoffel, die man zu lange im Keller vergessen hat.
Natürlich bin ich der hübscheste aus der Familie. Das steht außer Frage. Moment mal ... glaubst du mir nicht? Du denkst wirklich, wir sind alle heimlich eine große, glückliche Familie, die sich abgöttisch liebt?
Na ja, vielleicht hast du ein kleines bisschen recht. Aber verrat das bloß niemandem, okay?
Rhun ... hat da so eine Art Beschützer-Instinkt. Er war schon immer derjenige, der mich aus dem Schlamassel gezogen hat. Das macht er, ohne groß darüber nachzudenken. Es ist fast wie ein Reflex. Aber jetzt, wo er da so schwach auf dem Sofa lag, fühlte ich mich irgendwie ... komisch. Vielleicht ein bisschen schlecht. Ich würde das niemals laut sagen, aber Rhun passt schon ganz gut auf mich auf.
Und ja, ich höre euch schon denken: „Klar, ist ja auch der große Bruder vom kleinen süßen Fips.“ Aber Moment mal! Ich liege nicht halbtot auf dem Sofa, oder? Ich habe mein Leben offensichtlich besser im Griff.
Das heißt ... meistens. Okay, manchmal lande ich in Schwierigkeiten. Wie diese Geschichte mit den Osterinseln. Oder dem Buch, in das ich gefallen bin. Aber ich bin immer wieder auf die Füße gefallen. Rhun hätte das sicher nicht so elegant hinbekommen.
Also ja, wir sind vielleicht nicht die harmonischste Familie, aber wir funktionieren. Irgendwie. Und wenn ich mal ehrlich bin – was ich ungern bin, versteht sich – Rhun kann sich darauf verlassen, dass ich dieses Dark-Problem mit ihm regle.
Warum?
Weil wir Familie sind. Und auch wenn das bedeutet, dass wir uns ständig in den Haaren liegen, uns gegenseitig vorwerfen, wer hübscher, schlauer oder mächtiger ist ... am Ende halten wir doch zusammen.
Aber das verratet ihr besser niemandem.
Aber genug mit diesem sentimentalen „Ich mag meine Brüder doch ein bisschen“. Das wird sowieso zu oft überbewertet. Viel interessanter ist, was bei Cassy abgeht. Ich meine, die Sache wird langsam richtig ernst. Sie ist da draußen irgendwo in der Wüste, sucht diesen völlig durchgeknallten Zeke – und wem begegnet sie? Anderen Leuten.
Ja, genau, anderen Leuten
Ich finde das gar nicht gut. Ich bin doch der Dude in ihrer Geschichte! Der Typ, der sie begleitet, für Chaos sorgt und am Ende immer irgendwie rettet. Aber jetzt? Jetzt trifft sie plötzlich neue Leute. Neue Leute! Was sollen die denn, hä? Glauben die etwa, sie könnten meinen Platz einnehmen?
Nein, nein, nein. Das funktioniert so nicht.
Ich meine, klar, Cassy ist tough. Das gefällt mir. Sie macht das richtig gut, obwohl sie nur ein Mensch ist. Hut ab. Oder eher Eier ab? Ihr wisst schon, Osterwitz und so. Aber trotzdem – warum braucht sie noch andere? War ich nicht cool genug? War ich nicht witzig genug? Und bitte, wer kann schon mit meinem Charme mithalten?
Ich mache mir ja keine Sorgen, versteht mich nicht falsch. Ich bin immer die erste Wahl. Aber ein bisschen komisch finde ich es schon, dass sie da draußen womöglich jemanden trifft, der interessanter ist. Oder noch schlimmer: jemanden, der sie wirklich beschützen kann.
Ich bin schließlich Fips. Der Fips. Das Chaos in Person. Der Typ, der zwar selten einen Plan hat, aber dafür umso mehr Spaß.
Aber ich schweife ab. Cassy, meine liebe Cassy ... ich hoffe, du machst das da draußen gut. Und ich hoffe, dass diese anderen Typen nicht zu cool sind. Ich meine, wenn sie einfach langweilig sind, dann okay. Aber wenn sie lustig oder charmant oder – Gott bewahre – nützlich sind, dann kriegen wir ein Problem.
Denn egal, wie viele neue Leute sie kennenlernt, ich bleibe der Star in ihrer Geschichte. Punkt. Ende. Aus.
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Achtsman jammern mit dem Osterhasen | Eine Julien Bam FF
FanfictionKeine Panik, Leute - das hier wird kein Buch über Achtsamkeit. Ich weiß, der Titel klingt, als ob gleich Meditations-Tipps und Rezepte für Smoothies folgen würden. Keine Sorge, hab selbst keine Ahnung von dem Zeug. Aber irgendeinen Titel musste das...