Fabios Führung durch die Stadt endete schließlich vor einem imposanten Gebäude mit großen, verzierten Fenstern, die in warmem Licht schimmerten. Über der Tür hing ein kunstvoll geschmiedetes Schild mit dem Namen Zum Traumschmaus.
„Du hast doch sicher Hunger, oder?“ fragte Fabio, während er mir die Tür aufhielt.
Ich nickte sofort. Der Gedanke an Essen ließ meinen Magen knurren. Das letzte, was ich gegessen hatte, war das Brot auf dem Mittelaltermarkt mit Fips gewesen. Der Gedanke an Fips ließ mich innehalten. Was machte er wohl jetzt? Hatte er Rhun schon gefunden? Oder hatte er Schwierigkeiten mit Minty?
„Das hier ist das beste Restaurant der Stadt,“ erklärte Fabio stolz und lenkte meine Aufmerksamkeit wieder auf die Gegenwart.
Ich folgte ihm durch den Raum, der elegant, aber gemütlich eingerichtet war. Die Tische waren aus dunklem Holz, die Stühle mit samtigem Stoff bezogen, und an den Wänden hingen leuchtende Gemälde, die sich wie lebendige Szenen zu bewegen schienen. Fabio wählte einen Tisch in einer ruhigen Ecke und wartete höflich, bis ich Platz genommen hatte.
Eine Bedienung kam mit zwei Speisekarten, und ich schlug meine sofort auf. Doch schon nach wenigen Sekunden fühlte ich mich überwältigt. Die Namen der Gerichte klangen wie Gedichte – oder wie etwas, das direkt aus einem Märchenbuch stammen könnte:
- Schwebende Wolkenpastete mit Traumnektar
- Mechanisches Räderwerk aus karamellisiertem Obst und goldenem Sirup
- Flüsternder Nachtfisch an SchattensauceIch starrte die Karte an und war mir sicher, dass ich kein einziges Gericht verstand.
„Ähm, Fabio?“ fragte ich zögernd und hielt ihm die Karte hin. „Was … ist das alles?“
Er grinste breit. „Lass mich raten: Du hast keine Ahnung, was du bestellen sollst.“
„Überhaupt keine,“ gab ich zu und legte die Karte seufzend auf den Tisch.
„Kein Problem,“ meinte er und setzte sich etwas näher zu mir. „Okay, pass auf. Die *Schwebende Wolkenpastete* ist ein leichter Blätterteig mit einer Füllung aus Käse und Kräutern, und der Traumnektar ist so eine Art Honig-Dressing, aber es schmeckt wie nichts, was du je probiert hast.“
Ich nickte langsam, während er weitersprach.
„Das *Mechanische Räderwerk* ist genial, das musst du probieren. Es sieht aus wie Zahnräder, die ineinander greifen, aber es ist eigentlich alles Obst – Apfel, Birne, Pfirsich –, und der Sirup ist eine Art Goldkaramell.“
„Und der Nachtfisch?“ fragte ich skeptisch.
„Oh, der ist spannend! Er leuchtet ein bisschen im Dunkeln und hat diese würzige Schattensauce, die fast ein bisschen wie Lakritz schmeckt.“
„Lakritz?“ Ich verzog das Gesicht.
Fabio lachte. „Okay, kein Nachtfisch für dich. Aber ich würde das Räderwerk und die Pastete nehmen. Du wirst es lieben.“
Die Bedienung kam zurück, und Fabio bestellte für uns beide. Ich war dankbar, dass er mir geholfen hatte, und lehnte mich entspannt zurück.
„Also, diese Stadt … und dieses Essen … das ist alles ziemlich beeindruckend,“ gab ich zu.
„Tja, willkommen in der Traumwelt,“ grinste Fabio. „Hier ist nichts, wie es scheint – und genau das macht den Reiz aus.“
Als das Essen kam, verstand ich, was er meinte. Die Gerichte sahen so außergewöhnlich aus, dass ich kaum glauben konnte, dass sie essbar waren. Die Pastete war so leicht und luftig, dass sie fast zu schweben schien, und das Räderwerk war tatsächlich wie ein Zahnradkonstrukt aufgebaut, das auseinanderrollte, wenn man es anschnitt.
Ich probierte vorsichtig und konnte ein Lächeln nicht unterdrücken. Der Geschmack war unglaublich – süß, fruchtig, und doch irgendwie herzhaft.
„Was hab ich gesagt?“ fragte Fabio triumphierend, während er selbst genüsslich von seiner Pastete abbiss.
„Okay, du hattest recht,“ gab ich zu und genoss weiter mein Essen.
In diesem Moment vergaß ich für einen kurzen Augenblick alles – Fips, Rhun, die ganze seltsame Situation. Es gab nur das seltsame, schöne Restaurant, das großartige Essen und die faszinierende Stadt um mich herum.
Doch in dem Moment wo sich die Tür öffnete, kam auch ein flüstern in den Raum. Das Flüstern begann leise, kaum mehr als ein sanftes Rauschen in meinen Ohren. Doch plötzlich verstand ich die Worte klar und deutlich:
„Cassy.“
Es war, als würde die Stimme direkt in meinem Kopf sprechen. Ich erschrak, und unwillkürlich schmiegte sich der goldene Drache enger um meinen Arm. Seine Bewegung fühlte sich beruhigend und zugleich warnend an.
„Ich ... ich geh einmal frische Luft schnappen. Danach kann ich mich besser konzentrieren,“ murmelte ich und stand abrupt auf.
Fabio runzelte die Stirn. „Alles okay?“ fragte er, doch ich konnte nur knapp nicken.
Lira warf mir einen verständnisvollen Blick zu. „Lass dir Zeit.“
Ich stolperte zur Tür hinaus und trat auf die Straße. Die Dunkelheit hatte sich über die Stadt gelegt, und die Welt wirkte stiller, beinahe bedrohlich. Das Flüstern setzte sich fort.
„Cassy.“
Die Stimme war nun klarer, und ich wusste, dass sie nicht meiner Einbildung entsprang. Ich spähte die Straße hinunter. Sie war fast leer – bis auf eine einzelne Gestalt, die mitten auf der Fahrbahn stand.
Er – oder es – war in einen dunklen Mantel gehüllt, mit einer Kapuze, die sein Gesicht verbarg. Die Arme waren verschränkt, und obwohl ich sein Gesicht nicht sehen konnte, spürte ich seinen Blick auf mir.
„Was machst du hier, Cassy?“ Das Flüstern schien direkt von ihm zu kommen, obwohl seine Lippen sich nicht bewegten.
Mein Mund war trocken, und meine Stimme zitterte, als ich fragte: „Wer bist du?“
Er legte den Kopf leicht zur Seite, als würde er mich studieren. „Du dürftest nicht hier sein,“ sagte er ruhig. „Und schon gar nicht so lange.“
Seine Worte trafen mich wie ein Schlag, und ich fühlte mich plötzlich sehr klein.
„Faszinierend,“ murmelte er schließlich, als wäre ich ein Rätsel, das er zu lösen versuchte.
Trotz meiner Angst zwang ich mich, einen Schritt nach vorne zu machen. Doch noch bevor ich etwas sagen konnte, hörte ich hinter mir das Summen eines der Fahrzeuge, die sich auf den Straßen der Traumstadt bewegten. Es raste direkt auf ihn zu.
„Pass auf!“ wollte ich rufen, aber der Schrei blieb mir im Hals stecken.
Ich beobachtete, wie das Fahrzeug unaufhaltsam auf ihn zusteuerte – doch im letzten Moment passierte das Unmögliche. Der Mann verschwand, als hätte er sich in Luft aufgelöst.
Das Fahrzeug fuhr weiter, ohne auch nur langsamer zu werden. Es war, als hätte der Fahrer ihn nicht einmal gesehen.
Ich stand da, die Straße vor mir leer und still. Mein Herz pochte wild, und meine Hände zitterten. Der Drache an meinem Arm spannte sich wieder an, als wolle er mich beschützen.
„Wer war das?“ flüsterte ich, obwohl niemand da war, der mir antworten konnte.
Die Dunkelheit schien tiefer zu werden, und ich spürte ein unheimliches Gewicht in der Luft. Plötzlich war ich mir sicher, dass ich nicht mehr allein war – auch wenn der Mann verschwunden war. Ein Gefühl das ich seit meiner Ankunft versucht hatte zu ignorieren.
DU LIEST GERADE
Achtsman jammern mit dem Osterhasen | Eine Julien Bam FF
Fiksi PenggemarKeine Panik, Leute - das hier wird kein Buch über Achtsamkeit. Ich weiß, der Titel klingt, als ob gleich Meditations-Tipps und Rezepte für Smoothies folgen würden. Keine Sorge, hab selbst keine Ahnung von dem Zeug. Aber irgendeinen Titel musste das...