Die Winkelgasse

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Eileen öffnete vorsichtig die Tür und schritt über die Schwelle hinein in das Lädchen. Eine alte mollige Dame mit weißen langen Haaren, roten Wangen und einem sehr herzlichen Lächeln kam ihr und Severus entgegen. „Oh Professor Snape, schön, dass Sie mich mal wieder mit Ihrem Besuch beehren. Was darf es für Sie sein? Ich habe ein paar schöne Stoffe bekommen für hochwertige Wintermäntel. Wenn ich sie Ihnen zeigen dürfte?" Severus machte einen Schritt auf die Schneiderin zu und antworte ihr klar und deutlich: „ Eigentlich, Miss Levander, bin ich heute nicht meinetwegen hier." Mit einer kleinen Geste bedeutete er Eileen vorzutreten. „Ich bin im Auftrag von Professor Dumbledore hier um die junge Miss Bloomfield zu unterstützen, sie gewöhnt sich gerade bei uns in England ein. Kommt aus der französischen Schule für Hexerei und Zauberei. Wir brauchen alles, was auf dieser Liste steht." Er reichte der Dame eine Rolle Pergament und diese ließ ihre grauen Augen darüber schweifen. „Nun gut, Miss Bloomfield, wenn Sie mich bitte begleiten würden. Ich brauche Ihre Maße, ich habe sicherlich noch eine gute Ausstattung für Sie." Mit diesen Worten drängte die Alte Eileen in einen Nebenraum. Das einzige, was Eileen übrig blieb, war es Severus ein unsicheres Lächeln zu schenken. Während Eileen von schwebenden Maßbändern abgemessen wurde, begutachtete Severus die tummelnden Menschen in der Winkelgasse durch das Schaufenster. Wenige Minuten dauerte es nur, bis Eileen mit einem großen Stapel Wäsche auf den Armen den Raum wieder verließ. „ So, dass hätten wir. Das macht dann 30 Silbersickel." Bevor Eileen reagieren konnte, drückte Severus der alten Dame die Bezahlung in die Hand. „Vielen Dank, Professor. Ich hoffe, dass Sie mich bald wieder beehren werden! Ich wünsche Ihnen einen schönen Tag. Und Ihnen, Miss Bloomfield, auch!" Severus hasste diese gespielte Höflichkeit und verzog seine Lippen zu einem halbherzigen Lächeln, bevor er sich umdrehte und den Laden verließ. Auch Eileen, die ihre neue Bekleidung mittlerweile in eine Tragetasche verstaut hatte, verließ die dunklen Räumlichkeiten und folgte Severus. „ Was brauche ich jetzt noch?", fragte Eileen leise, während sie Severus hinterher hastete. „ Sie sind jetzt fertig. Jedoch brauche ich noch etwas aus dem Zutatenladen für Zaubertränke. Verhalten Sie sich bitte ruhig und fassen Sie nichts an!" Die Rothaarige folgte dem Tränkemeister in einen staubigen Laden, welcher ein Apothekenschild vor der Eingangstüre stehen hatte. Der Verkaufsraum war genauso dunkel, wie die Schneiderei und wurde ebenfalls nur von ein paar Kerzen beleuchtet. Die Wände waren über und über mit Regalen bestückt, auf welchen sich unzählige Einmachgläser befanden, in denen die verschiedensten Sachen schwammen. Auch Kräuter, Pflanzen und einiges an lebendes Getier, wurde hier zum Verkauf angeboten. „Guten Tag Professor, was darf ich Ihnen anbieten? Suchen Sie was Bestimmtes?" Ein faltiger Mann mit einem Holzbein trat vor dem Tresen hervor und unterhielt sich mit Severus. Eileens Augen glitten verwundert über die verschiedenen Gläser und blieben bei einigen Inhalten entsetzt stehen. Sie ekelte sich und überlegte sich den Laden zu verlassen, bevor ihr noch übel werden würde. Severus bemerkte Eileens Verschwinden nicht, da er zu vertieft in seine eigenen Besorgungen war. Vor der Türe fühlte sich Eileen wie in einer anderen Welt. Sie hatte etwas Altertümliches und wirklich Magisches. An allen Ecken wurde gezaubert und kuriose Dinge verkauft. Verträumt lief Eileen durch die Gasse und blieb zunächst vor dem Qidditchladen und später vor Ollivanders Zauberstabladen stehen. Von der Neugier getrieben betrat sie den Laden. Es war kein Verkäufer zu sehen. Sie machte leise und langsame Schritte, drehte sich immer mal wieder um und begutachtete die alte Einrichtung. Der Geruch von tausend Hölzern befand sich in der Luft. Als Eileen sich weiter dem Verkaufstresen näherte wurde ihre Aufmerksamkeit voll und ganz von den alten Stäben in den verstaubten Vitrinen eingenommen. Sie kannte diese Stäbe nur zu gut. Mehr als einmal hatte sie miterlebt, wie sie benutzt wurden und was man mit ihnen anstellen konnte. Sie fragte sich, wie es wohl funktionierte diese Zauber mit ihnen zu vollbringen und berührte gedankenverloren mit ihren Fingerspitzen das Glas. Ein lautes Geräusch ertönte, welches Eileen sofort aus ihren Gedanken riss. Mr. Ollivander stand auf einer Schiebeleiter hinter seinem Tresen und lächelte Eileen an. „Darf ich behilflich sein?" Eileen war sprachlos, da sie nicht wusste, wie sie sich verhalten sollte. „Entschuldigen Sie, Sir, ich habe mich nur umgesehen und... und ich...ich bewundere diese schönen Schnitzereien auf den Stäben." Eine kleine Falte bildete sich zwischen den Brauen des alten Mannes mit den wüsten weißen Haaren und Eileen wusste instinktiv, dass er sie mit Skepsis begutachtete. „Suchen Sie vielleicht einen Zauberstab? Ich glaube ich wüsste, mit welchen wir es probieren könnten. Einen Augenblick." Mit sich selbst sprechend verschwand der Mann zwischen den Regalen hinter dem Tresen und kam mit drei verstaubten kleinen Kisten zurück. Die Rothaarige war verunsichert, aber was sollte schon passieren? Da sie nicht zaubern konnte, würde mit den Stäben sowieso nichts passieren und weil sie sich anpassen sollte, wagte sie sich zu dem Tresen und hielt sofort den ersten Zauberstab in der Hand. Ungläubig starrte sie den Stab in ihrer Hand an und wackelte ihn hin und her. „Sie müssen ihn auf etwas richten und ihn schwingen. Von alleine wird nichts geschehen." Eileen richtete den Stab auf die Regale im Hintergrund. Nichts geschah. „Nun, vielleicht ist das nicht der richtige Stab für Sie, probieren Sie diesen hier. Er ist aus Weidenholz und hat einen Kern aus Einhornhaar. Dieser wird besser zu Ihnen passen." Mr. Ollivander reichte der jungen Frau einen Stab mit einer schönen Verzierung. Auch diesen richtete sie auf die Regale und schwang ihn mit voller Kraft durch die Luft. Es geschah wieder nichts. „Das verstehe ich nicht. Ich arbeite schon sehr lange mit Zauberstäben zusammen. Jeder Stab sucht sich den Zauberer. Ich kann ihre magische Aura fühlen, das Einhornhaar muss richtig sein. Vielleicht liegt es am Holz." Mit einem schüttelnden Kopf zog er eine weitere schmale dunkelgrüne Box aus dem Regal hinter sich. „ Dieser hier wird wohl der Richtige für Sie sein. Probieren Sie ihn." Mit dem letzten Wort reichte der Eileen einen dunklen Stab mit einer Rankenverzierung. Als sie ihn entgegennahm, sprühten tausende von Funken aus der Spitze des Stabs. Eileen traute ihren Augen kaum. Genau in diesem Moment betrat der verärgerte Severus den Laden und blieb wie angewurzelt stehen. Konnte es wahr sein, was seine Augen ihm zu zeigen vermochten, oder trogen seine Sinne ihn? Noch nie hatte er sowas erlebt. Wie konnte eine einfache Frau ohne magische Kräfte einen Zauberstab bezwingen. Der alte Mann ergriff das Wort und schaute Eileen dabei direkt in die Augen. „ Rosenholz und Einhornhaar. Fast hundert Jahre alt und noch nie bezwungen. Der Zauberstab hat sich Sie als neue Besitzerin ausgesucht." Eileen stammelte leise vor sich hin und neigte den Kopf zur Seite. „Aber, aber, das kann unmöglich sein. Ich kann niemals..." Bevor sie zu viel verraten konnte trat Severus direkt neben sie und legte einige Münzen auf den Tisch. Danach funkelten seine schwarzen Augen die junge Frau zornig an. „Vielen Dank Mr. Ollivander. Wenn Sie uns entschuldigen würden, wir müssen nun nach Hogwarts aufbrechen." Noch bevor Severus sich umdrehen konnte und den Ärmel von Eileens Umhang ergriff fügte Ollivander seiner letzten Bemerkung noch etwas hinzu. „ Gehen Sie vorsichtig mit ihm um. Er hat seinen eigenen Willen und ist nichts für Anfänger. Nur ein reines Herz, was frei ist von jeglicher Schuld, kann ihn führen." Eileen, welche immer noch viel zu beeindruckt war, ließ ihren Blick nicht von ihrer neuen Errungenschaft weichen und wurde von Severus unsanft durch die Tür gestoßen. „Sie tun mir weh! Lassen Sie das! Ich kann es nicht glauben, träume ich?" „Habe ich Ihnen nicht genau gesagt, wie sie sich verhalten sollten? Wie konnten Sie sich nur davonstehlen und ihr Geheimnis derart gefährden! Sie hatten unglaubliches Glück, dass dieser Zauberstab gerade reagiert hat, obwohl ich immer noch nicht genau weiß, wie so etwas passieren kann. Wir werden Professor Dumbledore auf Hogwarts davon berichten. Von nun an bleiben Sie immer an meiner Seite. Hätte ich gewusst, dass Sie scheinbar danach ringen entdeckt zu werden und danach streben Gefahren einzugehen, dann wäre ich niemals auf Dumbledores Bitte eingegangen. Als hätte ich nicht schon genug Verantwortungen mit rückratslosen Flegeln." „Es tut mir Leid. Es ist nur... Es ist alles so neu für mich. Ich möchte so viel wie nur möglich wissen und erfahren. Ich werde nichts Waghalsiges mehr anstellen.", hauchte die junge Frau leise. Severus verschränkte die Arme und beschleunigte seinen Schritt. Eileen ließ den Kopf hängen und trotte Severus bis in den Bücherladen hinterher, in welchem sie zusammen in den grünen Flammen des Kamins verschwanden.

Severus Snape- Die ProphezeiungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt