Die dunkle Macht

222 29 3
                                    

"Es war nicht meine Absicht sie zu verletzen. Glaube mir, ich wäre der Letzte, der ihr auch nur ein Haar krümmen würde.", beteuerte der müde aussehende Remus Lupin. Der Tränkeprofessor schnaubte ungläubig. "Der Trank stand genau vor mir, ich wollte ihn einnehmen. Du weißt bestimmt genauso gut wie ich, dass ich lieber sterben würde, als mich in dem Zustand zu befinden, in dem ihr mich vorgefunden habt. Aber irgendwas hat mich davon abgehalten. Ich kann mich nicht mehr daran erinnern, was passierte, nachdem ich die Türe zu meinem Büro geschlossen habe. Ich versichere dir, dass jemand genau das wollte... Das Eileen mich findet und ich sie töte." Ruhig stand der Schwarzhaarige vor dem aufgebrachten Remus und schüttelte sachte den Kopf. "Natürlich standest du unter einem Bann und ich kann dir auch exakt sagen, wie man ihn nennt- Vergesslichkeit und Verantwortungslosigkeit. Schlimm genug ist schon, wenn die Schülerschaft dieser Institution davon befallen ist. Aber du, als die Widerwärtigkeit die du bist, ein Monster nämlich, solltest nicht eine Sekunde an was Anderes denken können als an die Eindämmung des Fluches, Lupin.", zischte Severus. Remus Stimme wurde nun ähnlich laut. "Ich werde mich vor dir nicht rechtfertigen. Ich bitte dich nur, mir zu glauben, dass es nicht mein bewusstes Verschulden war, den Trank nicht einzunehmen. Wenn du mir nicht glauben magst, Eileen wird es sicherlich. Sie hat ein Recht zu erfahren, dass jemand hinter ihr her ist. Wenn du sie nicht beschützen kannst, dann werde ich nicht tatenlos daneben stehen und zusehen, wie man ihr nachjagt." Nach diesem Satz verlor Severus seine mit Mühe aufrechtgehaltene Selbstbeherrschung, zog seinen Zauberstab und stach ihn ruckartig in den Magen des blonden Professors. "Kümmere dich um deine eigenen Angelegenheiten, Werwolf. Und Eileen gehört unter keinen Umständen dazu. Haben wir uns verstanden? Halte dich von ihr fern und schüre keinen Ärger, der nicht unbedingt notwendig ist.", gab er seinem Gegenüber barsch zu verstehen. Remus hob beide Hände abwehrend in die Höhe und trat einen Schritt zurück. "Du kannst nicht alles vor ihr geheim halten. Wie willst du sie schützen, wenn sie dir nicht mehr traut? Vertrauen basiert auf Ehrlichkeit. Halte sie nicht für dumm, sie wird herausfinden, was es mit dir auf sich hat, was es mit ihm auf sich hat.", sprach Remus eindringlich. "Erzähl' mir bloß nicht, was ich zu tun habe! Immerhin bin ich derjenige, der jahrelang sein Leben auf Spiel setzte um Potter zu schützen. Wo warst du, als der Sohn deiner ehemaligen besten Freunde dich brauchte? Du hast dich zurückgezogen, dich versteckt, wie ein feiger Hund.", sprach Severus leise mit scharfem Unterton und konnte sich ein höhnisches Grinsen über seinen eigenen Wortwitz nicht verkneifen. Remus protestierte lautstark. "Wie kannst du es wagen mich so zu nennen! Wollen wir mal ausführlich erläutern wer von uns beiden feige war? Wo fangen wir bei dir an? Bei deinen hinterhältigen Attacken auf James? Oder bei deinen Todesser-Aktionen hinter Lilys Rücken, obwohl sie dich Tag für Tag verteidigt hat und du dich hinter ihrem Rücken, wie ein kleiner Junge, vor der Konfrontation mit James versteckt hast? Du hast mehr geschürt als du dir eingestehst und die Seite aus reinem Selbstmitleid gewechselt. Weil du dich für ihren Tod schuldig fühlst und hoffst, deine Schuld so wieder einbüßen zu können!" Der Tränkemeister zitterte vor Wut. Eileen atmete so flach wie möglich, damit keiner der beiden Männer ihre Anwesenheit wahrnahm und presste sich immer enger an die kalten Mauern. Remus setzte seinen Monolog fort. "Und Eileen, sie erinnert dich an sie und deine Schuld. Ihren Tod. Gott weiß, welche Informationen du noch vor ihr geheim hältst. Aber die Dinge, die ich mitbekomme und herausbekommen werde, das schwöre ich dir, diese werde ich ihr berichten." Für einen kurzen Augenblick schien es, als hätte Severus sich gefangen und weitgehend unter Kontrolle, nachdem sein kaltes Lachen durch die Mauern hallte. "Offensichtlich weißt du es besser. Dann versuch du ihr doch schonend zu erklären, dass sie das Ziel des dunklen Lords ist, dass sie sterben wird, weil sie die Prophezeiung letztendlich betrifft und nicht Potter. Versuche einer Frau ihrer Art klarzumachen, dass sie nur so lange zu leben hat, wie der dunkle Lord sie nicht finden wird, es aber unausweichlich sein wird, da er alles erdenkliche tun wird, um auch die letzten Risiken, die sein eigenes Weiterleben betreffen, zu beseitigen. Dabei werde ich dir dann viel Glück wünschen und ein Glas Feuerwhisky trinken, wenn ich dabei zusehe, wie du jämmerlich versagst.", offenbarte er zynisch. Die Zeit stand für Eileen still. Ihr war nicht klar, wie ernst es um sie stand, da sie glaubte in Sicherheit zu sein. Der Streit zwischen den beiden Männern schien beinahe zu eskalieren, als Eileen aus den Schatten trat und auf beide zulief. „Wie könnt ihr euch nur aufführen wie Kinder! Habt ihr nichts Besseres zu tun, als euch gegenseitig Gemeinheiten an den Kopf zu werfen? Man sollte meinen, dass ihr aus euren jugendlichen Egos herausgewachsen ein müsstet!" Severus und Remus hatten bereits beide ihre Zauberstäbe gezogen und schauten nun verdutzt in Eileens Richtung. „Und du...", dabei blickte sie dem Schwarzhaarigen wütend in die Augen, „...Wie kannst du mir nur so unendlich viele Dinge verheimlichen? Glaubst du, du machst es so besser? Glaubst du ernsthaft, dass ich damit nicht umgehen kann? Ich vertraue dir wieder und immer wieder, um im Nachhinein enttäuscht zu werden. Für-wen-hältst-du-dich?" Mit jedem Wort trat sie einen schwankenden Schritt näher an Severus heran und haute ihm mit geballten Fäusten auf die Brust. Snape rührte sich nicht, fasste der zornigen Frau mit einem reflexartigen Griff an die Handgelenke und hielt sie fest. In gleicher Minute verlor Eileen ihr Gleichgewicht und sank auf ihre Knie nieder. Remus und Severus tauschten besorgte Blicke aus und ließen sich ebenfalls schnell nieder. „Ahhh! Was ist das! Es tut so weh!", schrie Eileen laut und krallte ihre Fingernägel in ihre Kopfhaut. Ihre Sicht verschwamm und vor ihrem inneren Auge traten tausende von Bildern. Eine leise zischende Stimme ertönte und hallte nebenbei in ihren Ohren. Die Frau kniff ihre Augen zusammen, beugte sich vor und berührte mit ihrer Nasenspitze den kalten Kerkerboden. Die Bilder in ihrem Kopf klärten sich auf, sodass sie nun Personen erkennen konnte- erst Harry, dann sie selbst und die Frau, der sie so ähnlich war, Severus und Blut, so viel Blut, wie sie noch nie gesehen hatte. Rote schlangenähnliche Augen stachen hervor, welche sie ohne zu zögern wiedererkannte. Niemals würde sie diese Augen vergessen, noch den Klang des sadistischen Lachens, welcher immer lauter zu werden schien. „Du kannst dich nicht verstecken, ich werde dich finden! Du bist schwach. Ich werde dich suchen und finden! Nirgends bist du sicher. Du lebst! Wie töricht...", zischte die kalte Stimme immer und immer wieder. „NEIN! Geh weg! Geh!", brüllte sie und schüttelte ihren Kopf. Remus beugte sich über die Frau und schaute den wie zu Stein erstarrten Severus fragend an. „Legilimentik.", stoß es aus dem schwarzhaarigen Professor stockend hervor. Er begriff schnell und packte Eileen fest an den Schultern, stütze sie, sodass sie sich nun auf ihren Knien befand, und schüttelte sie. „Verschließe deinen Kopf! Lass ihn nicht an dich heran!", flehte er. Eileens Gedanken wurden schwarz, ihr Kopf schmerzte sehr. Mit aller Kraft versuchte sie die roten Augen zu verdrängen und ihren Geist zu verschließen, so wie sie es sonst immer tat. Sie war gut darin niemanden an sich heran zu lassen, doch dieses eine Mal war es anders. Zu schwach war ihr Körper um dieser höheren Magie zu wiederstehen, geschweige denn ihr die Stirn zu bieten. Eileen gab quälende Laute von sich. Remus riss die Frau aus Severus Griff und blickte ihn mit einem hasserfüllten Blick an. Er schloss sie in die Arme und sprach beruhigend auf sie ein. Minutenlang zögerte sich das quälende Winseln von Eileen noch heraus, bevor plötzlich wieder Stille herrschte. Sie verlor ihr Bewusstsein und war nicht ansprechbar. „Ist es vorbei?", fragte Remus. Severus schüttelte den Kopf. „Ich glaube eher, es hat gerade erst angefangen...", sagte er verschwörerisch und erhob sich. Ihm war nun klar, dass der dunkle Lord Kenntnis darüber hatte, dass Eileen noch leben musste, was ihn selber in eine ausweglose Situation katapultierte. Wenn Voldemort wusste, dass er die Frau nicht, wie zuvor befohlen, umgebracht hatte, dann würde dies kein gutes Ende nehmen. Es war an der Zeit, dass er schnell handelte. „Gib sie mir, ich bringe sie auf ihr Zimmer. Ich versorge sie, keine Sorge.", entgegnete Severus dem misstrauisch dreinblickenden Remus. „Hältst du es nicht für nötig, den Schulleiter davon zu informieren, was Eileen gerade durchmachen musste?", erkundigte sich Remus leise, während er die junge Frau an den Tränkemeister übergab. „ Ich glaube nicht, dass dich das was angeht. Ich regele das. Am besten tust du das, was du am besten kannst, dein Unterricht fängt gleich an.", antwortete Severus barsch, drehte sich um und lief mit schnellen Schritten den Korridor entlang, sodass sein schwarzer Umhang durch die Luft wirbelte.

Als er die Türe zu Eileens Räumlichkeiten schloss, kribbelte ihm sofort der süße Rosenduft in seiner Nase, welchen sie immer auf ihrer Haut trug. Er betrat ihr Schlafzimmer und legte die schlafende Frau auf ihr großes Himmelbett. Mit einem Schwung seines Zauberstabes erleuchtete das Zimmer und mit einem Anderen erschien eine Karaffe mit Wasser auf ihrem Nachttisch. Sachte legte er ein feuchtes Tuch auf ihre Stirn und saß wie in Trance auf der Bettkante. Es war vorbei. Das Vertrauen, was er zu dem dunklen Lord über all die Jahre aufgebaut hatte, war hinüber. Er war also so gut wie tot, wenn er ihm beim nächsten Treffen unter die Augen kommen würde. Viele Gefühle wühlten Severus auf, bis er tief ein- und ausatmete. „Sev-, Severus? Ich konnte nicht... Es war zu stark.", flüsterte Eileen und hatte Tränen in den Augen. Der Schwarzhaarige drehte sich zu ihr und bedeutete ihr mit einer Geste seiner Hand ruhig zu sein. „Nun ist es zu spät. Wir werden eine Lösung finden...", flüsterte er. Natürlich glaubte er nicht daran eine Lösung finden zu können. Wahrscheinlich war die einzige Lösung sich zu stellen und es schnell hinter sich zu bringen. Sie auszuliefern aber, war für ihn keine Option. Niemals.


Severus Snape- Die ProphezeiungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt