Der Empfang

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Der Kerker war Eileen unheimlich. Sie mochte die Dunkelheit, die Nässe und Kälte gar nicht leiden. Jeden Schritt, den sie hinter dem Tränkemeister nachging, ging sie mit Bedacht. Professor Snape blieb vor einer antik wirkenden Tür stehen, öffnete sie mit einem Schwung seines Zauberstabs und begleitete Eileen hinein. Vor der Tür blieb er stehen, noch bevor er sich lautlos umdrehen konnte, durchbrach Eileen die lastende Stille, die auf dem ganzen Weg in den Kerker zwischen beiden herrschte. „Ich habe Ihnen noch gar nicht gedankt. Ich bin so froh, dass Sie da waren und mich vor meinem Schicksal gerettet haben. Ohne Sie, wäre ich nun wahrscheinlich tot. Danke." Eileen senkte den Kopf und vermochte wieder einmal nicht, dem fahlen Mann in seine dunklen Augen zu sehen. Severus zog eine Augenbrauche hoch und schüttelte den Kopf. „ Ich habe es nicht ihretwegen getan. Nennen Sie es Intuition, meinetwegen auch Affekt, aber nicht Hilfsbereitschaft. Wir sehen uns in einer Stunde in der Großen Halle zum Empfang der neuen Schüler und zum Eröffnungsessen." Eileen stand zunächst sprachlos da, seine Worte hallten immer und immer wieder durch ihren Kopf. „Ich danke Ihnen trotzdem." Sie schenkte ihm ein unsicheres, zugleich aber trotziges Lächeln. Nachdem Severus den Raum verließ, drehte er sich nicht einmal mehr zu ihr um und sagte zynisch: „ Und, ziehen Sie sich um und wischen Sie sich den Dreck aus Ihrem Gesicht. Sie sollten kompetent, nicht lächerlich aussehen. Wir sehen uns dann." Die Frau blieb in ihren Räumen nun allein zurück. Sie fühlte sich fremd in diesem großen Schloss, jedoch bemerkte sie, dass sie sich auch wohl fühlte. Während sie ihre wenigen Habseligkeiten in den schweren Schränken verstaute, fragte sie sich immer wieder, was der Professor mit seiner Aussage wohl wirklich gemeint haben konnte. Hasste er sie? Sie kam sich mehr vor wie eine Last für ihn und daher beschloss die junge Frau von nun an, auf sich alleine aufzupassen und ihm aus dem Weg zu gehen. Aber, wenn er es nun bereute sie gerettet zu haben, wieso hat er sie nicht einfach sterben lassen? Immerhin war sie eine Fremde für ihn. Fragen um Fragen schwirrten in ihrem Kopf herum. Sie schüttelte den Kopf und rieb sich die Hände durch das Gesicht, danach sah sie sich um: Der Raum war dunkel, jedoch kamen aus allen Ecken warme Lichtstrahlen von Kerzen, welche auf schwarzen Kerzenständern thronten. In der Mitte des Zimmers standen ein dunkelgrüner Ledersessel, ein kleines Sofa und ein Beistelltisch. Direkt gegenüber knisterte das Feuer in einem großen verzierten Kamin. Außerdem befanden sich auch ein alter Schreibtisch und ein passender Stuhl dort. Die steinernen Wände waren mit Gemälden und Bücherregalen bestückt. Ein kleiner Schlafraum mit einem großen Himmelbett, welches mit grünen Samtvorhängen geschmückt war, war durch eine Tür neben dem Schreibtisch zugänglich. Eileen erschrak sich vor ihrem eigenen Spiegelbild als sie sich umdrehte und wider Erwarten in einen silbern umrahmten Spiegel starrte. Sie trat näher und begutachtete ihr verrußtes Gesicht. Die großen stahlblauen Augen wanderten über ihre schmale Nase, die vollen Lippen und ihr spitzes Kinn. Ihre Wangen erröteten leicht, als die Rothaarige an den letzten Kommentar des Tränkeprofessors dachte. Eileen schaute gedankenverloren auf ihre Uhr- es wurde höchste Zeit. Schnell kämmte sie sich ihre feuerroten Locken und steckte sie locker nach oben. Mit einem sauberen Handtuch wischte sie den Ruß aus ihrem Gesicht und schlüpfte in ein weinrotes Kleid. Nachdem Eileen sich ihre Schuhe angezogen hatte, hielt sie ihren neuen schwarzen Umhang in den Händen. Sie zog ihn über und taste die Taschen hektisch nach ihrem Zauberstab ab. Auf der antiken Kommode viel ihr der Stab erst später ins Blickfeld. Sie hatte sich Severus' Welt ganz genau angesehen und sich einige Sprüche gemerkt, die sie während der Folter und in der Gegenwart des Tränkemeisters aufgenommen hatte. Immer noch konnte die junge Frau nicht glauben, dass auch sie bald zaubern können würde, vor allem aber, konnte sie nicht glauben, dass sie magisches Blut geerbt haben sollte und erst recht konnte sie nicht entschlüsseln, welcher ihrer Vorfahren vom magischen Stande gewesen sein sollte. Langsam hob sie den schön verzierten Stab aus Rosenholz und flüsterte: „Lumos." Tausende von weißen Funken sprühten aus dem Stab heraus, danach war der ganze Raum von einem warmen Licht erfüllt. Eileen glühte und hielt ihre freie Hand neugierig in die warmen Strahlen. Nun wusste sie, dass es kein Traum war.

Schnell eilte die junge Frau die Kerkertreppen empor und stolperte dabei zwei Mal fast über ihre eigenen Füße. Sie wollte nicht zu spät kommen und alle Blicke auf sich ziehen. Sie wollte so unauffällig, wie nur möglich, sein. Die Flure schienen ihr endlos lang und schon faste dachte Eileen, dass sie sich verlaufen hatte als sie vor einer großen, schweren und reich verzierten Flügeltüre stand, die fast bis unter die Decke reichte. Ihr Herzschlag war so laut, dass sie ihn fast selber hören konnte und ihr Atem ging schnell. Langsam schlüpfte Eileen durch die Türe und musste erleichtert feststellen, dass die Zeremonie noch nicht begonnen hatte. Ihr Blick musterte die große Halle ganz genau. Unzählige Kerzen flogen über den Köpfen der, an vier verschiedenen Tischen sitzenden, Schülern. Die Decke der Halle faszinierte Eileen dabei am Meisten, da sie aussah, wie der Himmel bei Nacht. Vor Kopf hatten sich schon alle Lehrer versammelt und warteten wohl noch auf den Schulleiter. Eileen konnte den alten langbärtigen Mann noch nirgends sehen und setzte sich still auf dem freien Stuhl neben Severus und einem anderen Mann mit vielen tiefen Narben im Gesicht.

Als Severus die rothaarige Gryffindor durch die Türe kommen sah, schluckte er schwer. Sie hatte seine Worte wohl ernst genommen, jedoch konnte er ihre Unsicherheit in jedem ihrer Schritte erkennen. Stumm schaute er zu ihr herüber und deutete mit einem Nicken seines Kopfes an, dass der leere Platz neben ihm wohl ihr gehörte. Der Tränkemeister begrüßte sie nicht und hielt es für besser, so zu tun, als hätte er sie noch nie gesehen. So konnte er wenigstens bohrende Fragen seiner Kollegen aus dem Weg gehen. Alle wurden still und ohne Hinzusehen wusste Severus, das Albus Dumbledore den Raum betreten hatte und auf seinen hohen Thron, genau in der Mitte des Lehrertisches, platzgenommen hatte. Die alte Hexe Professor Mc Gonagall hielt ihre alljährliche Rede über die Häuser der Schule und leitete die Zuordnungszeremonie der neuen Schüler in ihre neuen Häuser. Wieder einmal musste Severus verärgert feststellen, dass sein Schützling, Harry Potter, in seinem Aussehen mehr und mehr jenen seines arroganten Vaters entsprach. Der Junge redete lebhaft mit seinem rothaarigen Freund und der neunmalklugen kleinen Hexe. Er konnte weiterhin nichts Ungewöhnliches erkennen und schloss daraus, dass Harry wenigstens dieses Jahr ohne Große Turbulenzen den Weg in die Schule gefunden hatte. Der letzte Junge wurde vom sprechenden Hut zum Tisch der Slytherins verwiesen und Severus applaudierte kurz. In seinem Augenwinkel konnte er die Bewunderung Eileens erkennen, die bei jeder Zuweisung kräftig in ihre kleinen Hände klatschte. Dumbledore erhob sich langsam von seinem Sitz und wieder verstummte der ganze Saal. Mit großen Schritten schritt der alte Zaubermeister zu seinem goldenen Rednerpult und begann zu sprechen. „Wie ihr alle mitbekommen habt, sind wir dieses Jahr einigen Aufruhen ausgesetzt. Hogwarts ist kein sicherer Ort mehr. Ich spreche von dem Mörder Sirius Black, der aus dem Gefängnis von Askaban ausgebrochen ist. Dementoren patrollieren auf dem Gelände von Hogwarts. Lasst euch eins gesagt sein- Dementoren sind keine gutmütigen Geschöpfe. Sie unterscheiden nicht zwischen gut und böse. Sie zeigen keine Gnade. Am besten ist es, wenn Sie alle Abstand zu ihnen einhalten. Trotzdem möchte ich Sie zu einem neuen Schuljahr an unserer Schule begrüßen und Ihnen zwei neue Lehrer vorstellen." Severus bemerkte sofort, wie sich die junge Frau neben ihm unerwartet verkrampfte, sie hatte wohl nicht erwartet vorgestellt zu werden. „ Zum Einen haben wir einen neuen Lehrer für Verteidigung gegen die Dunklen Künste- Professor Remus Lupin." Alle Lehrer und Schüler, außer Severus, applaudierten, als sich der blonde Mann neben Eileen erhob und leicht verbeugte. „ Des Weiteren habe ich eine weitere Neuigkeit bekanntzugeben. Mrs. Eileen Bloomfield wird dieses Jahr unsere neue Lehrerin für Muggelstudien sein." Der Mann mit der Halbmondbrille verwies auf Eileen, alle applaudierten abermals und auch die Rothaarige erhob sich von ihrem Platz und winkte verlegen in die Menge. Dumbledore wünschte allen noch einen guten Appetit bevor er sich wieder auf seinen Platz begab. Das aufwändig angerichtete Essen erschien aus dem Nichts. Eileen ließ sich ihr Erstaunen, zu Severus Verwunderung, aber nicht anmerken. Sie hatten lange nichts Gutes mehr gegessen, also langten beide kräftig zu.

Severus Snape- Die ProphezeiungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt