Kapitel 21

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Ich lächelte und wollte ihn umarmen als Verabschiedung, doch dann realisierte ich, was ich tat. Ich stoppte sofort. Peinlich. Ich glaube, es lag einfach an der Angewohnheit, meine Freundinnen immer zu umarmen. Einen Jungen umarmte ich nie. Generell mit einem Jungen schreiben oder sogar sich zu treffen war bei mir eigenlich tabu. Doch bei Kerem war ich mir sicher, dass er der Richtige war. Anstatt zu lachen oder ähnliches, nahm mich Kerem einfach in die Arme.

Schock. Schock. Und nochmal Schock! Das glaubte ich nicht. Als wir uns lösten, guckte ich mit meinen großen Augen und meinem geschocktem Gesicht in sein schämendes Gesicht.

Ich: "Ähm.. Ich geh dann mal."

Kerem guckte immer noch etwas geschämt und ich ging einfach, da diese Stille von ihm mich störte. Als ich schon ein paar Schritte in dem kleinem Wald gegangen bin, packte mich jemand von hinten. Ich erschreckte mich so sehr, dass ich laut aufschrieh. Ich drehte mich um und sah die schönsten Augen, die ich kannte.

"Bist du bescheuert?! Weißt du wie du mich erschrocken hast?!", schrie ich ihn an.

Kerem lachte nur. "Beruhig dich mal. Bin doch nur ich. Ich will dich nur begleiten, es ist viel zu spät um alleine hier durchzugehen."

Ich: "Es ist kurz nach sieben, aber okey. Wir haben Frühling und wie du siehst ist es noch nicht so dunkel."

Kerem: "Ja, aber kann doch sein, dass jemand dich von hinten packt und dich mitnimmt und-"

Ich: "Okey! Außerdem hast du mich auch von hinten gepackt und mich erschrocken."

Kerem: "Aber auch nichts weiteres! Egal, ich komm jetzt auf jeden Fall mit dir."

Ich schaute ihn mit einem schiefem Lächeln an. Wie süß er doch nur ist.

"Was ist? Was guckst du so?", fragte er neugierig.

Ich: "Du.. du bist so süß - Also, dass du mich unbedingt begleiten willst, ist so süß von dir."

Kerem lachte etwas und guckte dann weiter auf den Weg.

Kerem: "Hattest du eigentlich schon mal eine Beziehung?"

Ich hatte null Ahnung, wie er plötzlich auf so ein Thema kam, aber ich dachte auch nicht weiter darüber nach und antwortete ihm einfach.

Ich: "Nein. Ich bin auch stolz darauf. Ich möchte meinen Zukünftigen nämlich erst kennenlernen, dann mir sicher sein, dass er der Richtige ist. Danach verloben, heiraten und so weiter. Also keine richtige Beziehung sozusagen führen."

Ich dachte dabei die ganze Zeit daran, dass er derjenige ist, mit dem es so ablaufen wird. In sha Allah.

Kerem: "So möchte ich es auch in sha Allah machen. Ich hab aber noch niemanden gefunden. Bin ja noch jung, es kann ja noch jemand auf mich zukommen."

Nicht sein Ernst. Was sollte ich denn jetzt denken? Mochte er mich nur als Freundin? Und ich hatte schon gedacht, dass er vielleicht auch etwas für mich empfand.. Wieso trifft er sich dann andauernd mit mir? Kann er doch auch mit seinen anderen Freunden. Oh, mann.

"Achso.", sagte ich kalt. "Und du? Hattest du schon einmal eine Beziehung?"

Ich erwartete ein "Nein", doch er zögerte etwas.

Kerem: "Hm ja.. also vor vier Jahren, wo ich 14 Jahre alt war, hatte ich eine Beziehung mit so einem Mädchen..."

Ich guckte etwas komisch. Hätte ich nicht gedacht. Ein wenig enttäuscht war ich schon. Das einzige, was ich in diesem Moment gut fand, war seine Ehrlichkeit.

Kerem: "...In dem Alter bzw. bis ich 16 Jahre alt war, war ich noch nicht so doll an dem Thema Religion, also Islam interessiert. Ich weiß nicht, also meine Eltern haben mich schon religiös aufgezogen, aber jetzt nicht so doll."

Ich: "Ja, ist bei mir auch so gewesen. Seitdem mein Vater tot ist, hatte ich viel mehr Interesse an dem Thema. Also davor hatte ich zum Beispiel auch nie gebetet, was ich sehr bereue."

Kerem: "Oh. Ja, also ich bete auch erst seit meinem 16. Lebensjahr. Ist auch nicht gerade sehr früh."

"Früher als ich. Wie lange warst du mit dem Mädchen zusammen?", fragte ich neugierig.

Kerem: "Fünf Monate. Es war meine erste und letzte Beziehung. Wie gesagt die nächste Frau in meinem Leben sollte meine Ehefrau werden."

Irgendwie fand ich es komisch mit einem Jungen darüber zu reden. Sonst sprach ich nur mit meinen Freundinnen über solche Themen. Okey, er war nicht irgendein Junge. Aber für ihn war ich ja nur irgendein Mädchen.

Ich: "Und wie kam's zum Schluss? Also wer hat Schluss gemacht und wieso? Also, wenn ich fragen darf."

Kerem: "Sie hat die Schule gewechselt. Die ist schon ziemlich weit weg und sie wohnt auch nicht hier um die Ecke. Wir haben es versucht mit einer Fernbeziehung klar zu kommen, aber es hat nicht geklappt. Ich bin nämlich ein Mensch, der seine Partnerin schon oft sehen sollte. Und ja.. also ich konnte es dann nicht mehr aushalten, weshalb ich dann aufgab."

Ich: "Mach dir nichts draus, du findest irgendwann bestimmt die Richtige."

Diesen Satz zu sagen, machte mich selbst kaputt. Ich hoffte nur, dass er eines Tages einsieht wie ich ihn liebe und er die selben Gefühle für mich empfindet.
Kerem drehte seinen Kopf zu mir und lächelte mich an.
Als wir fast bei mir waren, wollte ich ihm sagen, dass er lieber gehen sollte bevor meine Mutter oder sogar mein Bruder uns sehen würde.

Ich: "Kerem, geh lieber jetzt schon. Ich hab Angst, dass meine Familie dich sieht."

Kerem: "Okey. Wir sehen uns morgen."

Ich: "Bis morgen."

Zwei Tage später war es soweit. Es war Freitag. Ich packte meine Tasche zu Ende und ging runter. Ich verabschiedete mich von meiner Mutter und stieg ins Auto ein, wo mein Bruder schon auf mich wartete.

Murat Abi: "Fertig?"

Ich: "Fertig."

Murat Abi: "Haydi bismillah." ("Los, im Namen Allahs.")

Und schon ging's Richtung Köln. Richtung Vergangenheit. Richtung Vater.

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Ich denke mal, alle haben Somerferien. Deshalb wünsche ich euch schöne Ferien und genießt sie :) Egal wo ihr sie verbringt!

Hilal & KeremWo Geschichten leben. Entdecke jetzt