Kapitel 24

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"Baba? Ich danke dir für alles. Für die besten 18 Jahre, die ich mit dir verbringen durfte. Danke für alles, was du mir gelehrt hast. Für die Erlebnisse, die ich mit dir hatte. Es ist komisch das zu sagen, aber selbst die Streitereien mit dir vermisse ich.", kam schluchzend von mir. "Mekanın cennet olsun, babam." ("Dein Platz soll das Paradies sein, mein Papa.")

Mit diesen Worten ging ich langsam davon.

Mein Bruder kam auf mich zu und umarmte mich. Sein Schluchzen war nicht zu überhören. "Hadi, gidelim.", flüsterte er mir zu. ("Los, gehen wir.")
Danach überstanden wir noch den Besuch bei Zeyneps Vater. Mit Tränen in den Augen verließen wir den Friedhof.

"Tschüß, Zeyno. Melde dich, wenn was ist.", sagte ich zu Zeynep während wir uns umarmten.

Zeynep: "Uff yaa, ich hasse Verabschiedungen!"

Ich: "Bende." ("Ich auch.")

Nachdem ich mich dann noch von Zeyneps restlichen Familie verabschiedete, stieg ich in unser BMW x4 ein, das wir uns nach dem Autounfall gekauft hatten. Im Auto wartete mein Bruder auf mich. Als ich auf die Uhrzeit auf meinem Handy schaute, die mir 16:43 Uhr verriet, bemerkte ich, dass ich mehrere Nachrichten hatte.

Anne: "Çıktınız mı?" ("Seid ihr rausgegangen?")

Kerem: "Bist du schon da?"

Aylin: "Naa, wie war's?"

Ich antwortete jedem und natürlich fing ich bei Kerem an.
Nach circa fünf Stunden waren wir endlich wieder in unserer Stadt. Im Nachhinein hatte ich gemerkt, dass mir Hamburg viel mehr gefiehl als Köln. Die ganzen Sehenswürdigkeiten gefielen mir mehr und vor allem die Menschen fand ich nett. Früher war ich schon ein paar mal in Hamburg. Grund dafür waren unsere vielen Verwandten, die wir besuchten. Wahrscheinlich hatte sich meine Mutter deshalb für diese Stadt entschieden. Klar, fand ich's doof meine Freunde und meine Vergangenheit in Köln im Stich zu lassen, doch für einen Neuanfang war es wert.

Montag. Ich hasse dieses Wort so sehr. Neuer Start in die Woche, nochmal Schule. Ich hatte einfach gar keine Lust aufzustehen, doch Kerem motivierte mich dann mit seiner WhatsApp Nachricht
"Dass ich aufgestanden bin, hab ich dir zu verdanken."

Ich: "Çok tatlısın. Ama bence Allah'a şükür et, bana değil." ("Du bist so süß. Aber meiner Meinung nach solltest du Allah danken, nicht mir.")

Kerem: "Das sowieso. Ich wollte damit sagen, dass ich mich freue, dich gleich zu sehen. Fahren wir zusammen?"

Ich sagte ihm zu und beeilte mich beim Fertigmachen und Frühstücken.
Im Bus sah ich Kerem und setzte mich neben ihn. Als wir ein paar Worte über das Wochenende austauschten, teilte er mir mit, dass sie das Fußballspiel am Samstag gewonnen haben, was mich freute.
Die ersten beiden Unterrichtsstunden liefen eigentlich ganz gut ab. Auch den Mathematikest, den wir vor einer Woche geschrieben hatten, bekamen wir zurück. Mit dem Wissen aus meiner alten Schule hatte ich 10 von 15 Punkten, womit ich mehr als zufrieden war. Als ich später in einer Mathematikaufgabe versunken war, die wir lösen sollten, hielt mich Kerem auf.
"Du riechst gut", kam von ihm. Was sollte das jetzt? "Es ist aber nicht das selbe Parfüm wie Freitag."
Das kam mir irgendwie komisch vor.

Ich : "Und jetzt? Ich meine, ist das schlimm, oder was?"

Kerem: "Das andere roch besser."

Ich: "Soll ich das jetzt morgen für dich mitbringen?"

"Neein, das war nur ein Fakt.", sagte er lachend.
"Ähm, okey.", kam gelangweilt von mir. Ich verstand immer noch nicht, was er damit bezwecken wollte.

Später, als ich gegen 14:00 Uhr vor der Haustür ankam, kam mir schon der Geruch von Mantı (türkisches Gericht) entgegen. Drinnen kam mir noch meine Mutter mit einem Brief in der Hand auf mich zu.

"Bu ne, Anne?", fragte ich neugierig. "Für dich.", sagte sie mit einem Lächeln zu mir. Ich wurde noch nervöser. "Ist es...?", fragte ich augeregt. Sie nickte rasch.
Ich: "Anne, yaa. Wieso hast du das schon geöffnet?"

Anne: "Merak ettim, kızım." ("Ich habe mich gefragt was es ist, meine Tochter.")

Ich: "Neugier hab ich wohl von dir."

Anne: "Tamam, tamam. Bir daha sormadan açmam o zaman." ("Okey, okey. Ich öffne es dann nicht nochmal ohne zu fragen.")

Ich nahn den Brief aus dem geöffnetem Briefumschlag heraus und wie erwartet, war es die Bestätigung meiner Bewerbung. Ich hatte mich nämlich vor Kurzem als Babysitterin bei einer Familie beworben. Die dreiköpfige Familie brauchte nämlich so schnell wie möglich eine Person, die auf das einjährige Kind aufpassen konnte. Da ich mein Praktikum vor ein paar Jahren im Kindergarten in der Krippe verbracht hatte, habe ich nicht länger überlegt und einen Brief geschrieben.
Am Mittwoch, zwei Tage später, ging ich nach der Schule direkt zur Familie und lernte ein junges, nettes Elternpaar kennen. Außerdem war das kleine Mädchen - sie hieß übrigens Mia - echt zum Aufessen. Ich war wirklich fast dabei, sie zu essen. Einfach nur niedlich. Gegen 18:00 Uhr kam die Mutter wieder zurück und freute sich, ihr Kind wieder in die Arme nehmen zu können. Mit meinem Lohn verabschiedete ich mich und ging raus. Ich ging die Straße entlang und sah auf der anderen Straßenseite Kerem. Was machte er denn hier? Ich ging mit schnellen Schritten über die Straße und tippte ihn an. Er drehte sich um und schaute in meine Augen. "Hilal?", kam erstaunt von ihm.

Ich: "Was machst du hier?"

Kerem: "Was machst DU hier?

Ich: "Ich war arbeiten."

Kerem: "Seit wann arbeitest du?"

Ich: "Heute hab ich angefangen. Ich geh' babysitten."

Kerem: "Achso, bockt doch. Ich wohne in dieser Straße."

Ich: "Was für ein Zufall. Vielleicht sieht man sich ja mal ab und zu."

Kerem: "Ja, stimmt. Wohin gehst du jetzt? Nachhause?"

Ich: "Ja, du?"

Kerem: "Zu den Jungs."

Wir fuhren zusammen mit dem Bus und als ich ausstieg, wünschte ich ihm viel Spaß und ging.
Ich fand diese Beziehung zwischen uns irgendwie merkwürdig. Waren wir Freunde? Gute Freunde? War ich wie ein Kumpel für ihn? Wieso sagte er mir manchmal tolle Dinge, aber benimmte sich danach immer ganz normal? Ich verstand nichts mehr. Ich wusste gar nicht, was ich denken sollte. Ich hatte mich früher immer gefragt wer wohl mein Zukünftiger wird. Wie er wohl aussehen wird. Wie wir zusammenkommen werden. Wie ich ihn kennenlerne. Ich dachte, diese Frage hätte sich mittlerweile beantwortet, doch es kann sein, dass diese noch offen bleibt.

Zuhause war kein Mensch da, Essen gab's auch nicht. Ich stand ungefähr zehn Stunden vor'm Kühlschrank und fand nichts. Danach ging ich zum Lebensmittelschrank und entschied mich für Lasagne. Als ich nämlich die Packung sah, hatte ich so richtig Lust darauf. Circa eine Stunde später saß ich dann also in der Küche und aß Lasagne, die gar nicht mal so schlecht schmeckte. Währenddessen kam mein Bruder nach Hause und setzte sich gegenüber von mir hin, um auch etwas zu essen.
Als wir fertig mit dem Essen waren, kümmerte ich mich um das Geschirr und Murat Abi ging ins Wohnzimmer. Dabei hörte ich wie die Haustür aufgemacht wurde, es konnte natürlich nur meine Mutter sein. Mein Bruder stand auf und ging Richtung Haustür. Als auch ich aus der Küche rausging und meine Mutter begrüßen wollte, merkte ich, dass sie nicht alleine gekommen ist. Ein 40 bis 45 Jähriger, ungefähr 1,80m großer Mann kam nach ihr rein. Er hatte schwarze Haare, dunkelgrüne Augen und einen Dreitagebart. Für sein Alter sah er gar nicht so schlecht aus, aber wer war es überhaupt?

"Anne?", sagte ich entsetzt mit großen Augen.

Anne: "Kinder... Das ist Ali. Ähm... Wir haben entschieden zu heiraten."

B A M.

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Danke an die Leute, die bis zu diesem Kapitel mitgekommen sind♡

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⏰ Letzte Aktualisierung: Dec 05, 2015 ⏰

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