Kapitel 23

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Zeynep lächelte und wollte glaub ich etwas sagen, doch Can umarmte sie. Oh, wie süß. Wenn Zeynep glücklich ist, dann bin ich es auch. Ich ging an mein Handy um nicht zu lange alles beobachten zu müssen. Auf WhatsApp hatte ich eine Nachricht von Kerem. "Ich vermisse dich."

Mein Herz pochte viel schneller, ich wurde nervös.

"Ich dich auch.", schrieb ich ihm zurück. Und das stimmte auch. Ich hatte ihn wirklich vermisst.
Wir schrieben dann noch eine Weile:

Kerem: "Alles gut?"

Ich: "Ja, alles super. Can hat sich echt doll gefreut und Zeynep wurde gerade von ihm umarmt hahaha"

Kerem: "Ich wünschte, das könnte ich jetzt auch."

Uff, so süß! Er ist schon ein Romantiker, das habe ich schon bei unserer ersten Begegnung bemerkt.

*Flashback*

Fremder Junge: "Chill mal. Ich hab noch keine Antwort auf meine Frage bekommen."

Was für ne Frage? Achsooo! "Kann da einer nicht mehr so gut atmen?!"

Ich: "Was interessiert dich das, ob ich atme oder nicht?"

Junge: "Wenn du nicht atmest, kann ich keine Schönheit mehr sehen."

Naja, romantisch und gleichzeitig auch irgendwie komisch. So einen Spruch hatte ich zuvor noch nie gehört. Aber er war halt auf einer anderen Weise romantisch und diese gefiehl mir.

"Ich auch.", schrieb ich ihm zurück.

Ich ging Richtung Zeynep und Can, während Sarah, ein Mädchen aus der Klasse, auch auf die beiden zuging.

Sarah: "Wo ist denn die Partystimmung? Macht mal bisschen mehr Action! Lautere Musik, dies das."

Ich verdrehte meine Augen und schaute zu Zeynep, die ihre Augenbrauen schon zusammenzog.

Can: "Also ich bin zufrieden."

Zeynep: "Und das ist auch die Hauptsache."

Can drehte seinen Kopf zu Zeynep und schenkte ihr ein Lächeln.

Sarah: "Ja, das ist ja schön und gut. Aber ich finde es könnte schon besser hier laufen."

Can: "Wenn's dir nicht gefällt, kannst du gehen."

Ich: "Ich kann dir gerne zeigen, wo der Ausgang ist."

Sarah: "Nein, danke. Ich finde den Weg schon alleine."

Und schon ging sie beleidigt davon.

Can: "Wieso habt ihr sie eingeladen, man?"

Zeynep wurde rot, wahrscheinlich schämte sie sich. "Ich.. ich wusste nicht -"

"Wir haben alle aus der Klasse eingeladen, wir dachten das wär besser.", rettete ich Zeynep aus der Situation, die sie unangenehm fand.
Can nickte einfach und widmete sich seinem Getränk. Zeynep nahm mich an die Hand und zog mich mit auf die Toilette. Nichtsahnend schaute ich in ihr verzweifeltes Gesicht.

Ich: "Was ist?"

Zeynep: "Meinst du, er ist sauer?"

Ich: "Saçmaliyorsun!" ("Du spinnst!")

Zeynep: "Aber.."

Ich: "Nix aber! Du gehst jetzt hier raus und genießt die Zeit mit ihm."

Wir gingen wieder rein und aßen Torte. Ich war echt froh, dass unsere Idee geklappt hat. Etwas großartig besonderes passierte nicht mehr.

Als wir am nächsten Tag am Frühstückstisch saßen, fragte uns Zeyneps Mutter wie es am Abend gelaufen ist.

Zeynep: "Echt gut."

Ich: "Ja, Can hat sich sehr gefreut."

Leyli Teyze: "Wer hat das ganze eigentlich organisiert?"

Zeynep war gerade dabei ihr Nutellabrot zu essen als ihre Augen groß wurden und sie sich verschluckte.

Ich: "Ehm.. das war die ganze Klasse."

Leyli Teyze: "Achso tamam." (Okey)

Ich fühlte mich schlecht, dass ich gelogen hatte. Sehr schlecht sogar, denn ich hasste es zu lügen. Doch wenn wir gesagt hätten, dass es von uns organisiert war, würde Leyli Teyze sich sehr wundern.

Leyli Teyze: "Gab's da Alkohol?"

Zeynep: "Nein. Auch wenn, hätten wir nichts getrunken, das weißt du."

Ich: "Aynen." ("Genau.")

Leyli Teyze: "Iyi. Bunu duymak istedim." ("Gut. Das wollte ich hören.")

Nach dem Frühstück gingen Zeynep und ich in einen Blumenladen, der sich um die Ecke von Zeyneps Haus befand. Wir kauften zwei Blumensträuße und gingen wieder zurück. Dann machten wir uns fertig: Wir zogen lange Röcke und Kopftücher an. Als wir rausgingen, sahen wir schon meinen Bruder im Auto auf uns warten. Wir beide stiegen hinten ein.

Murat Abi: "Habt ihr Angst?"

Ich: "Bisschen. Bin aber eher nervös."

Zeynep: "Aynen." ("Genau.")

Murat Abi: " Na dann, bismillah." (Im Namen Allahs)

Auf dem Weg dorthin waren wir alle still. Das einzige, was zu hören war, waren Nasheeds von verschiedenen muslimischen Sängern. Die Musik beruhigte mich etwas.
Als wir ankamen, nahm ich die kalte Luft wahr. Während der Fahrt wurde es anscheinend kälter. Ich nahm Zeynep an die Hand. Ich weiß nicht ob es an der Kälte, Angst oder Nervösigkeit lag. Vielleicht war es auch alles. Wir gingen näher ans Tor und bevor wir reingingen, rezitierten wir die Al-Fatiha. Je mehr wir uns ihm näherten, desto nervöser wurde ich. Hand in Hand gingen Zeynep und ich meinem Bruder hinterher.
Wir waren da. Ich ging auf das Grab zu. Das Grab meines Vaters. Das zu ausdrücken war fast so schlimm wie es zu sehen. Ich konnte meine Tränen nicht unterdrücken, sodass ich in ihnen ausbrach. Auch Zeynep und mein Bruder bekamen Tränen. Den Blumenstrauß, den ich mit mir trug, legte ich auf die Erde, die auf dem Grab war.

"Es ist kalt hier! Baba (Papa) mag die Kälte nicht! Ich will mit ihm an einen warmen Ort gehen!", rief ich wie ein Kind. Ich konnte mich einfach nicht zusammenreißen.

Zeynep kam zu mir und streichelte meinen Rücken. "Hilal, er ist ganz sicher schon an einem warmen Ort. An einem besseren Ort. Bestimmt wartet er auf uns."

Sie meinte das Paradies. Und das hoffte ich auch. Möge Allah ihm ein tollen Platz im Paradies geben.

Ich: "In sha Allah." ("Wenn Allah will."/"Hoffentlich.")

Wir beteten für meinen Vater viele Suren und schließlich setzte sich mein Bruder auf einen großen Stein, der auf dem Boden war. Er öffnete sein Kuran und las laut die Sura Yasin vor. Ich liebte seine Stimme wenn er las. Auch heute las er laut, deutlich und einfach schön. Ich spürte wie ich Gänsehaut bekam. Die bekam ich immer, wenn ich hörte wie jemand Kuran ließ.
Mein Bruder war fertig mit dem Lesen und wir wollten uns auf den Weg zu Zeyneps verstorbenem Vater machen, doch ich konnte mich noch nicht von meinem Vater entfernen.

"Wartet!", rief ich. "Ich möchte mich noch verabschieden."

Murat Abi und Zeynep nickten und schauten mir zu.

"Baba? Ich danke dir für alles. Für die besten 18 Jahre, die ich mit dir verbringen durfte. Danke für alles, was du mir gelehrt hast. Für die Erlebnisse, die ich mit dir hatte. Es ist komisch das zu sagen, aber selbst die Streitereien mit dir vermisse ich.", kam schluchzend von mir. "Mekanın cennet olsun, babam." ("Dein Platz soll das Paradies sein, mein Papa.")

Mit diesen Worten ging ich langsam davon.

Hilal & KeremWo Geschichten leben. Entdecke jetzt