Daisys Kopf ruckte immer wieder leicht in Richtung Brust. Sie zuckte zusammen, richtete sich auf und rieb sich die Augen. Sie durfte nicht einschlafen. Seit zwei Stunden wartete sie bereits vor dem OP. Hoffentlich ist alles gut gegangen, dachte sie und suchte in ihrer Handtasche nach ihrem Geld. Es war an der Zeit, sich einen neuen Becher Kaffee aus der Eingangshalle zu holen. Zwei Becher hatte sie bereits getrunken. Und auch wenn dieses Getrnk hier kaum mit dem zu vergleichen war, was David jeden morgen aus seiner Maschine zauberte, hielt es sie immerhin fürs erste Wach.
Plötzlich öffnete sich die Tür zum OP. Ein Artzt kam ihr entgegen. Er ging rasch auf sie zu. Sie erhob sich und er drückte ihre Hand.
"Das Warten ist vobei, Mrs. Everlane."
Seine Hand fühlte sich warm und kräftig an. Er lächelte, als er ihren besorgten Blick bemerkte. Um seine Augen bildeten sich winzige Fältchen.
"Keine Sorge, es ist alles in Ordnung. Ihr Mann ist noch narkotisiert, aber er hat sich tapfer geschlagen. Wir fahren ihn in den Aufwachraum und dann können sie bei ihm sein"
Daisy atmete auf. Dann umarmte sie den Artzt.
"Vielen Dank, Doktor. Ich hatte befürchtet, alles wäre zu spät"
Vorgestern war David morgens kaum aus de Bett gekommen. Normalerweise fiel ihm das Aufstehen leicht. Er pfiff im Bad und wenn er nicht direkt ins Büro musste, machte er ihr und Timmy süße Pfannkuchen. Aber als sie sein leichenblasses, schmerzverzerrtes Gesicht gesehen hatte, stellte sich bei ihr das erste ungute Gefühl ein.
"Das ist nur eine Magenverstimmung. Das geht vorbei", hatte er gesagt, als sie ihn auf seine offensichtlichen Schmerzen ansprach. Den ersten Tag hatte noch im Büro verbracht. Abends war er wortkarg und völlig erschöpft gewesen, hatte nichts gegessen aber dafür mehrere Aspirin genommen. In der Nacht waren die Schmerzen dann stärker geworden. Gestern lag er einfach nur noch apathisch im Bett, schluckte eine Menge Schmerztabletten und sprach auch nicht mehr von einer Magenverstimmung. Daisy wusste, wie sehr David Ärtzte und Krankenhäuser hasste. Aber nach der letzten Nacht, in der er vor Schmerzen hatte weinen müssen, entschieden sich beide, dass es Zeit war, den Notarzt zu rufen.
Was David als zuerst als eine Magenverstimmung bezeichnete, war in Wahrheit ein Blinddarmdurchbruch gewesen.
In diesem Moment schoben zwei Pfleger David an ihr vorbei. Er lag in einem Krankenbett. Sein Gesicht war blass, seine sonst so ordentlich frisierten Haare hingen ihm wirr in die Stirn.
"Gehen Sie einfach hinterher", rief der Artzt. Aber Daisy hatte sich schon umgedreht und folgte den Pflegern zum Aufwachraum.
Als sie hinter ihnen durch die breiten Krankenhausgänge ging, lief ihr ein kleiner Schauer über den Rücken. Sie hatte auch mal hier gelegen. Und beinahe wäre ein Unglück geschehen. Schnell scheuchte sie den Gedanken fort. Sie wollte sich jetzt auf ihren Mann konzentrieren. Und ihn mit einem Lächeln empfangen, wenn er wieder aufwachte.
Im Aufwachraum saß sie einfach nur neben seinem Bett und streichelte sanft seine Hand.
" In guten wie in schlechten Zeiten", hatte der Pfarrer damals gesagt. Alle hatten geglaubt, dass ihre Ehe sowieso nicht lange halten würde, weil sie so jung waren. Aber Daisy und David waren ein Herz und eine Seele geblieben, trotz der bösen Prophezeihungen. Es gehörte ihrer Meinung nach selbstverständlich zu einer guten Ehe, dass man auch in schlechten Zeiten füreinander da war. Und jetzt war so eine Zeit. Obwohl es hätte schlechter kommen könne. Als der Notarzt David einlieferte, nahm er Daisy kurz zur Seite.
"Noch ein paar Stunden mehr, und wir hätten nichts mehr für ihren Mann tun können."
Es vergingen knappe 30 Minuten, bis David zum ersten Mal die Augen öffnete. Und obwohl er offensichtlich noch unter den Nachwirkungen der Narkose stand, zuckte er vor Schmerz zusammen. Sie streichelte seinen Arm um ihn zu beruhigen. Seine Haut, die sonst so warm und zart war, fühlte sich kalt und rau an.
"Mein Schatz. Ich bin so froh, dass du wieder wach bist", flüsterte sie und lächelte ihn an.
Doch er erwiederte ihr Lächeln nicht. Stattdessen verzog er das Gesicht.
"Hol den Arzt, ich habe Schmerzen"
"Hasi, es wird dir bestimmt gleich besser gehen. Wenn du nur kurz abwartest,..."
"Hol den Arzt!", unterbrach er sie. Er klang richtig wütend. Anscheinend waren die Schmerzen doch stärker, als sie gedacht hatte.
Daisy stand auf und verließ den Aufwachraum. Im Gang blickte sie sich suchend um. Eine Krankenschwester kam ihr entgegen.
"Entschuldigen Sie bitte. Mein Name ist Daisy Everlane. Meinem Mann David ist gerade der Blinddarm entnommen worden. Er liegt im Aufwachraum und hat starke Schmerzen. Könnten Sie wohl dem Doktor bescheid sagen?"
Die Krankenschwester lächelte. Daisy fiel auf, dass ihre Zähne sehr weiß waren.
"Machen Sie sich keine Sorgen. Das ist ganz normal. Ich werde ihm ein Schmerzmittel spritzen und dann wird es ihm besser gehen"
Sie drehte sich um und verschwand in einem Raum, nur um kurz darauf mit einer Spritze und einem kleinen Fläschen zurückzukehren. Daisy zeigte ihr, wo David lag.
Als David die Krankenschwester sah, hellte sich seine Miene sichtlich auf.
"Ich werde Ihnen jetzt ein Medikament gegen ihre Schmerzen spritzen, Mr. Everlane. Dann geht es ihnen sofort wieder besser"
Daisy trat ans Bett um Davids Hand zu halten. Sie wusste, wie sehr er Spritzen hasste. Doch diesmal drückte er ihre Hand nicht wie sonst. Er muss unheimlich erschöpft sein, dachte sie.
Nachdem er die Spritze bekommen hatte, sank David zurück in die Kissen. Völlig entspannt schloss er die Augen. Das Mittel schien rasend schnell zu wirken.
"Ihr Mann wird nun wieder ein bisschen schlafen. Die Besuchszeit endet in einer halben Stunde. Vorher wird er warscheinlich nicht mehr aufwachen. Sie können also eigentlich nach hause fahren"
"Danke", murmelte Daisy. Es schien ihr merkwürdig, dass die Schwester ihr riet, nicht bei ihrem Mann zu bleiben. Wenn ein Mensch den man liebt im Krankenhaus liegt, lässt man ihn nicht allein, dachte Daisy.
Nachdem die Krankenschwester den Raum verlassen hatte, fuhr sie nicht nach hause. Sie setzte sich an Davids Bett und streichelte weiter seinen Handrücken. Betrachtete seine olivfarbene Haut, seine fein geschwungenen Lippen und seine Augen, die hinter den geschlossenen Lidern manchmal zuckten.
Aber die Krankenschwester behielt Recht. David wachte in der nächsten halben Stunde nicht mehr auf.
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Ich freue mich und danke allen Lesern. Ihr seid super :*
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Nur ein Wort
RomanceIn Daisys Leben läuft gerade alles drunter und drüber. Ihr Mann David liegt im Krankenhaus und sie und ihr Sohn werden Opfer eines Einbruchs. Dann lernt sie auch noch den charmanten Ben kennen. Er hilft ihr mit all dem Chaos, mit ihm kann sie lachen...