Daisys Herz blieb einen Moment lang stehen. Oh Gott, hatten David und die fremde Frau etwa gehört, wie die dunkle Gestalt ihren Namen rief? Sie sah den Beiden nach, aber sie schienen nichts mitbekommen zu haben. Jedenfalls dreht sich niemand um oder blieb stehen.
"Daisy!"
Wieder rief die Gestalt ihren Namen und trat ein paar Schritte vom aufgebrochenen Auto weg, so dass sie im Lichtkegel der Laterne stand. Trotzdem konnte Daisy nicht erkennen, wer es war. Die Stimme kam ihr sehr bekannt vor, aber der Mann trug eine Kapuze und sein Schal verdeckte sein halbes Gesicht.
"Daisy, was machst du denn hier?"
Endlich dämmerte ihr, wer da mit ihr sprach. Natürlich, wie hatte sie die Stimme auch nicht identifizieren können. Es war Ben, ganz eindeutig. Aber warum zum Teufel fragte er sie, was sie hier machte? Immerhin ging sie nur diesen Weg entlang, eine völlig normale Sache, während er hier Autos aufbrach!
Oh Gott, das darf doch einfach nicht wahr sein.
"Ich gehe spazieren", hörte sie sich selbst sagen, während ihr Herz bis zum Hals schlug. Bestimmt gab es für das alles hier eine vernünftige Erklärung. Es musste eine geben. David mit einer fremden Frau zu erwischen und Ben, der sich als Autoknacker outete, das war wirklich zuviel für einen Abend.
"Spazieren? Um diese Uhrzeit? Alleine?"
In seiner Stimme schwang neben Ungläubigkeit auch ein etwas anderes mit. Hörte sie da etwa einen Vorwurf? Er glaubte ihr nicht und er machte ihr Vorwürfe? Was hatte er denn erwartet? Dass sie ihn vorher anrufen und zu dem Spaziergang einladen würde, denn es eigentlich gar nicht gab?
Sie überlegte kurz, ob sie ihm sagen sollte, was sie hier wirklich machte. Immerhin wusste er bescheid über die Probleme zwischen ihr und David. Aber etwas hielt sie davon ab. Etwas sagte ihr, dass es klüger war, zumindest in diesem Moment, noch nicht darüber zu sprechen. Es war die gleiche innere Stimme die sich lautstark darüber wunderte, was Ben hier tat.
"Ja. Ich musste mal raus. Mir ist das alles zuviel geworden!"Und das war sogar nur halb gelogen.
"Und was machs du hier? Ich meine, du brichst gerade ein Auto auf, das sehen ich" Sie lachte nervös. "Aber warum? Was soll das, Ben?"
Bitte hab eine vernünftige Erklärung dafür. Bitte.
Ben hob die Hände ein wenig an, so als sei sie eine Polizistin und hätte ihn gerade tatsächlich bei einer Straftat ertappt.
"Um Gottes Willen, Daisy. Was ist denn bloß los mit dir? Du bist ja völlig durch den Wind!"
Jetzt klang seine Stimme nicht mehr vorwufsvoll, sondern besorgt.
"Natürlich breche ich dieses Auto gerade auf. Das ist mein Auto. Ich habe den Schlüssel verloren, einen Ersatzschlüssel gibt es nicht, und dieses Fenster zu ersetzten kostet weniger, als einen neuen Schlüssel zu kaufen. Die Ersatzteilpreise sind einfach völlig irre. Ein Fenster bekomme ich bei meiner Autowerkstatt für Peanuts, aber ein neuer Schlüssel geht richtig ins Geld!"
Er schüttelte den Kopf.
"Und du denkst, ich breche hier fremde Autos auf?"
"Ja...Nein...ich meine, was würdest du denn denken, wenn du an meiner Stelle wärst?"
Sie schämte sich unheimlich, dass sie Ben so etwas zugetraut hatte. Andererseits war da doch noch etwas, das sie störte.
"Aber wie willst du denn mit dem Auto fahren, wenn du keinen Schlüssel hast?"
"Ganz einfach!" Er lächelte, und sah sehr stolz dabei aus. "Ich schließe es kurz. Und wenn du dich jetzt fragst, wo ich das gelernt habe: Nein, ich war früher nicht bei einer Autoknackerbande und nein, ich habe auch keine Kontakte zu kriminellen Typen. Mein Vater hatte eine Autowerkstatt. Als Kind habe ich nach der Schule oft meine Hausaufgaben dort gemacht und meinem Vater ein bisschen über die Schulter geschaut. Er hat mir eine menge Tricks beigebracht, unter anderem auch, wie man Autos kurzschließt"
Daisy atmete tief durch. Es gab also doch eine vernünftige Erklärung. Ben war kein Verbrecher. Ihr fiel ein Stein vom Herzen.
"Ich hab eine Idee!"
Er ging zurück zum Auto, griff durch die zerbrochene Scheibe und betätigte die Zentralerriegelung.
Dann öffnete er die hintere Tür und verbeugte sich.
"Darf ich bitten? Nehmen Sie platz, Mylady, und genießen Sie die entspannendste Kopfmassage die Sie in ihrem ganzen Leben je erhalten haben!"
Er zwinkerte ihr zu.
"Ich glaube, die könnten Sie jetzt ganz gut gebrauchen"
Daisy zögerte kurz. Eigentlich wollte sie ja hinter David und der fremden Frau her. Aber ein schneller Blick den Weg entlang sagte ihr, dass es dafür wohl schon viel zu spät war. Die Beiden waren nicht mehr zu sehen.
Also kam sie Bens Aufforderung nach und nahm auf der Rückbank des Autos Platz. Ben setzte sich neben sie.
Seine Finger massierten sanft ihren Kopf, entspannten sie. Und sie konnte nicht verhindern, dass sie sich an ihn lehnte. Dort wo er sie berührte kribbelte ihre Haut. Sie schloss die Augen und spürte, wie seine Lippen ihre Lippen leicht berührten. Irritiert musste sie feststellen, dass er sie nicht küsste. Aber die Art wie er sie anfasste, wie er seine Hände nun von ihrem Kopf löste und mit seinen Fingerspitzen zart über ihre Wangen strich, verstärkte das Kribbeln nur noch. Jetzt war es nicht mehr nur dort, wo seine Finger waren. Es kribbelte an ihrem ganzen Körper und sogar in ihrem Bauch. Sie wollte ihn küssen, wagte es aber nicht, den ersten Schritt zu machen. Sie wollte den Moment nicht zerstören.
Ihr Herz blieb einen Moment lang stehen, als seine Hände über ihre Arme strichen. Er zog ihr die Jacke aus, dann zog er sie an sich und küsste sie mit solch einer Leidenschaft, dass ihr beinahe schwindelig wurde.
Das ist alles so falsch, dachte sie.
Nein, das ist alles SO richtig!
Seine Hände waren nun überall und sie erwiederte seinen Kuss mit einer noch größeren Leidenschaft. Sie wusste nich, was sie mit ihren eigenen Händen tun sollte, bis sie Ben berührte und es sich so anfühlte, als hätte sie seinen Körper schon unzählige Male berührt. Alles an ihm schien ihren Händen vertraut zu sein. Seine weichen Locken, die harten Muskeln seiner Oberarme, die Wärme seiner Brust.
"Wie fühlt sich das an?", murmelte er heiser, als sie sich langsam nach hinten lehnte und er ihr Gesicht küsste, dann ihren Hals und dann ihr Dekoltee.
"Wunderschön", flüsterte die atemlos, und sie meinte es auch so. Selbst wenn sie gewollt hätte, nun konnte sie nicht mehr aufhören.
Sie wollte ihm sagen, dass sie genau auf diese Leidenschaft schon viel zu lange gewartet hatte, dass sie sie brauchte wie die Luft zum Atmen, dass sie IHN brauchte, dass sie sich endlich lebendig fühlte, doch ihre Worte erstarben unter seine Küssen, seinen Händen und seinem warmen Atmen, der nun ganz leicht ihren Bauch streifte.
Daisy schloss die Augen. Sie hörte, wie er den Gürtel ihrer Hose öffnete, doch sie hielt die Augen weiter geschlossen.
Sie wollte nichts mehr sehen, sie wollte nur noch fühlen.
Ich hoffe sehr, dass euch das Kapitel gefallen hat. Nächsten Sonntag melde ich mich mit einer kleinen Überraschung zurück. Ihr dürft gespannt sein, denn das folgende Kapitel wird ein bisschen außergewöhnlicher werden ;)
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Nur ein Wort
RomanceIn Daisys Leben läuft gerade alles drunter und drüber. Ihr Mann David liegt im Krankenhaus und sie und ihr Sohn werden Opfer eines Einbruchs. Dann lernt sie auch noch den charmanten Ben kennen. Er hilft ihr mit all dem Chaos, mit ihm kann sie lachen...