11. Kapitel

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»Erik, könntest du etwas Brennholz suchen? Elisabeth ist unglaublich schlecht darin,« bat Dorothea Erik, als wir reinkamen.
Ich warf ihr einen bösen Blick zu, doch den ignorierte sie vollkommen.
Erik ging hinaus und sie sagte eindringlich:
»Elaine. Hör mal zu, ich merke sofort wenn jemand nicht loslassen kann oder will. Und du willst dein altes Leben nicht loslassen. Irgendjemand steht dir nahe, das merke ich, aber verstehe: Diese Reise, diese Prophezeiung beansprucht eine starke, unabhängige Frau. Du darfst dich nicht an etwas festhalten, was du schon längst verloren hast.«
Mein Kopf sagte mir, dass ich auf Dorothea hören sollte, doch mein Herz widersprach, vor meinem inneren Auge erschien William. Und Brianna.
Ich konnte die beiden nicht loslassen und ich wollte auch nicht.
Aber William und ich würden nie eine Zukunft haben. Und Brianna wäre so wie ihr Bruder nur in meiner Nähe in Gefahr. Das musste ich einsehen.
Mein Nicken ließ sie erleichtert aufatmen.
»Es tut mir leid, Elaine. Es ist das richtige,« sagte sie dann aber doch mitleidig und drückte mich kurz.

Einige Tage später hatte ich fleißig gelernt und ich schaffte es endlich mal, Erik ohne ihn emotional zu überwältigen zu besiegen.
Immer wieder erschien William vor mir, doch ich stieß ihn immer wieder aus meinen Gedanken und übte weiter.
»Na? Wollen wir beginnen?« fragte mich Erik herausfordernd.
Mit einem Kampfschrei stürzte ich mich auf ihn, was er aber leichtfertig präparierte und mich auf den Boden presste.
»Jetzt bist du gefangen,« sagte er und guckte mich mit neckischem Blick an.
Ein paar spitze Steinchen, bohrten sich in meinen Rücken, doch ich ignorierte sie und trat Erik zwischen die Beine.
»Oh verdammt,« fluchte er und legte sich auf den Boden. Mir brachte es nur ein selbstzufriedenes Grinsen ein, so wie er da gekrümmt lag.
»Woher kennst du nur meine Schwachstelle?« Ein Lachen kam aus meinem Mund und ich war immer noch vollkommen zufrieden mit mir.
Dann erhob ich mich, schaute ihn triumphierend an und hielt mein Schwert gegen seine Kehle. »Hast du davon, wenn du mich ärgerst,« sagte ich etwas kindisch und in dem genau neckischen Ton, den er immer gerne benutzte. »Könntest du bitte das Schwert von meinem Hals nehmen?«
Mein Grinsen wurde noch breiter.
»Nein, ich muss diesen Augenblick noch genießen. Und vergiss das nicht: man sollte nie eine Frau unterschätzen.«
Er schaute mich an und hob eine seiner dunkelblonden Augenbrauen. Plötzlich stieß mir Erik einen meiner Füße weg und ich fiel hin. Nun stand er über mir triumphierend und hielt sein Schwert direkt über meinem Herzen.
»Und du solltest nie einen am Boden liegenden Mann unterschätzen.«
»Da haben wir beide eine neue Lektion gelernt. Darf ich jetzt aufstehen?« fragte ich ihn belustigt.
Er steckte sein Schwert in seinen Gürtel und hielt mir seine andere Hand entgegen und ich ergriff sie.
»Danke,« sagte ich und streckte ihm meine Zunge heraus wie ein kleines beleidigtes Kind. Darauf erwiderte Erik nichts, sondern lächelte nur.
Ich erwiderte sein Lächeln und wir gingen wieder in die Hütte, da bald die Sonne wieder untergehen würde. Vielleicht gab es ja noch Hoffnung für unsere Freundschaft.
Als wir in der kleinen Hütte ankamen, sagte Erik zu Dorothea:
»Sie ist so weit, Dorothea.« Er nickte ihr zu und klang stolz, aber irgendwie auch... traurig.
»Gut. Erik, komm, ich muss kurz mit dir reden.«
Erik drehte sich kurz mit einem Gesichtsausdruck zu mir um, der mich stutzen ließ. Dann ging er mit ihr in ihr Zimmer. Ich ließ mich erschöpft auf einen der Stühle fallen, legte meinen Kopf auf den Tisch und schloß die Augen.

Erik's P.o.v.:
»Ich wollte dir auch noch etwas sagen,« begann ich und guckte ihr in die Augen.
»Du sagtest mir, Elisabeth müsste für eine schwere Reise vorbereitet werden: Ich werde mitkommen. Sie brauch meine Unterstützung. Du brauchst meine Unterstützung. Wenn ihr alleine reist, ist das zu gefährlich.«
Dorotheas Miene verfinsterte sich sofort, als sie meine Bitte verstand. »Wir werden nicht alleine sein.« Ich zog prüfend eine Augenbraue hoch. »Wer kommt denn mit euch?«
Sie schnaubte auf.
»Das geht dich nichts an. Junge, hör zu,« sie legte eine Hand an meine Wange, »sie ist nicht dein Problem. Du hast gute Arbeit getan. Geh zu deinem Vater zurück. Er braucht dich mehr. Dein Land braucht dich mehr.«
Ich schüttelte den Kopf.
»Ich werde nicht gehen, sie braucht meine Hilfe und du jemanden, der sich um dich kümmert. Und ich mache sie, hier und jetzt, zu meinem Problem. Ich werde mitkommen.«
Sie wurde eindringlicher und langsam auch wütender, wie ich anhand ihrer gekräuselten Stirn bemerkte.
»Nein. Sie braucht dich nicht mehr. Sie ist bereit für ihre Mission. Geh zurück zu deinen eigenen Verpflichtungen.«
»Für welche Mission? Lass mich helfen, bitte, Mutter. Elisabeth wird sonst zu Schaden kommen, wenn sie sich selber und dich schützen muss«, sagte ich bereits verzweifelt.
»Du magst sie, oder?«
Ich antwortete nicht. Ehrlich gesagt wusste ich es nicht, aber irgendwas an ihr mochte ich. Sie war gütiger als manch anderer Mensch und sie schien zu unschuldig um überhaupt irgendeine Mission zu schaffen.
»Ich nehme dich nicht mit! Ich werde nicht auch noch das Leben meines Sohnes riskieren!« sagte sie aufgebracht.
»Du hast dich doch vorher auch noch nie um mein Leben geschert! Du gabst alles auf, mich, meinen Vater und plötzlich bittest du mich in einer dringenden Nachricht dieses Mädchen zu unterrichten?!« rief ich wütend.
Nun war sie wie ich in voller Rage.
»Ich hatte meine Gründe! Ich muss mich nicht dafür rechtfertigen! Und du hast eine andere Bestimmung! Du musst ein Land führen! Das ist viel wichtiger als irgendein Mädchen!«
Sie verheimlichte mir etwas. Elisabeth war nicht irgendein Mädchen und das wusste sie, sonst würde sie nicht so viel von mir verlangen. Doch ich kannte sie, sie würde mir nie erzählen, um was es wirklich ging.
Wutentbrannt stürmte ich aus der Tür. Elisabeth, die gerade von ihrem Stuhl aufstand, sah mich überrascht an.
»Erik? Alles gut?« Ich blieb stehen. Ihre grünen Augen trafen auf meine. Sie sah mich besorgt an. Machte sie sich Sorgen um mich? Schnell wandte ich den Blick ab, sie weiter anzusehen würde mich nur umstimmen. Dann stürmte ich aus der Tür, die mit einem Knallen zufiel.

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Das oben auf dem Bild soll einen Wasserdrachen darstellen.
LG
Eure LoveAndLifeAndLuck

Die Augen des Drachen - Erwacht (in Überarbeitung) Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt