15. Kapitel

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Hey Leute,
Wollte nur sagen, dass mich die Kommentare, die schon dabei sind,
sehr inspirieren.
Vielen Dank für die Votes und Reads;)
LG
Eure Lotti
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Draußen, außerhalb der Höhle, regnete es in Strömen, bald würde die Sonne aufgehen und wir würden weitergehen. Ohne Lucian. Wenn ich ehrlich sein sollte, wünschte ich mir ihn an unserer Seite. Er hatte mir vertraut, selbst nachdem ich ihm meine Drachenseite gezeigt hatte.
Sicher, ich hatte Olivia, Dorothea, Marie, Sebastian und Ricardo... Obwohl die Teufelsbrüder mochte ich immer noch nicht richtig. Aber niemand von ihnen war Lucian. Wie sehr wollte ich, dass William jetzt bei mir war. Er schien die Gabe zu haben, mich alles Schlimme vergessen zu lassen. Aber ich musste ihn loslassen. Ich würde ihn wahrscheinlich nie wieder sehen.
»Elaine, wir müssen los«, sagte Olivia und tippte mir sanft auf die Schulter. Ich sah zu ihr auf. In ihren Augen blitzte Mitgefühl auf, aber ich sprach sie nicht drauf an, sondern stand auf. Die Sonne war aufgegangen und der Regen hatte sich verflüchtigt. Wir würden gehen und Lucian war nicht hier, um mitzukommen. Sehnsüchtig sah ich noch einmal zurück. In die Richtung, in die Lucian geflüchtet war. Dann nahm ich meine Tasche. Wir alle setzten uns in Bewegung und ich versuchte mich damit abzufinden, dass er nicht kommen würde... Bis ich plötzlich eine bekannte Stimme hörte. Alle blieben stehen und drehten sich um.
»Wartet!« sagte Lucian und kam atemlos bei uns an. Seine Haar war unordentlich und seine Wangen leicht gerötet. Erleichterung durchflutete mich. Er war hier. Sein Blick flog einen sehr kurzen Moment zu mir aber dann auch sofort wieder weg. Er ging an mir vorbei und zu seiner Mutter nach vorne. Zu der Erleichterung kam nun auch Traurigkeit hinzu. Er ignorierte mich also.
»Lucian, geh zurück. Ich will nicht-« Dorothea wollte wieder mit ihm streiten. Doch Lucian schien nicht breit, wieder umzudrehen.
»Nein! Hör damit auf! Ihr braucht meinem Schutz und jetzt bin ich sowieso schon hier.« Sie setzte zu einem Satz an, aber sagte dann doch nichts. Die anderen kamen wieder in Bewegung. Ich schluckte den angesammelten Schmerz herunter und zog mich in meine Gedanken zurück. Dann folgte ich ihnen. Was ich mich aber trotzdem fragte, war wieso, er wiedergekommen war, wenn er doch, wie es den Anschein hatte, nichts mit mir zu tun haben wollte. War er wirklich nur wegen seiner Mutter zurückgekommen?
Diese Frage beschäftigte mich eineinhalb Tage lang und in der Zeit sprach Lucian kein einziges Wort mit mir. Es setzte mir zu, von ihm unbeachtet zu bleiben. Ich war froh gewesen, ihn bei uns zu wissen. Aber ich wusste nicht, wie ich das zwischen uns regeln konnte, wenn er mich durchgehend mied. Alle blieben stehen, als Dorothea sich zu uns wandte. Wir standen auf rauem Untergrund und weit und breit waren keine Bäume. Manchmal rann ein Fluss an unserer Seite. Schluchten sahen wir immer mehr, aber diese mussten wir nicht passieren. Die Umgebung war ziemlich ungemütlich, aber wir fanden immer einen geeigneten Platz zum Schlafen.
»Wir brauchen nur noch ein paar Stunden bis zu den tödlichen Klippen, aber erstmal machen wir eine kleine Pause«, sagte Dorothea und schenkte uns allen ein selbstbewusstes Lächeln.
Olivia seufzte glücklich, denn sie hatte Marie lange auf ihrem Rücken getragen. Als Lucian wieder an mir vorbeiging ohne irgendeinen Blick, wurde ich wütend. Jetzt reichte es mir. Ich musste mit ihm reden. Ich wollte das richtigstellen.
»Lucian, könnte ich dich kurz sprechen?« Die anderen sahen uns beide an. Ich und wahrscheinlich auch Lucian, konnten Sebastian schadenfroh flüstern hören: »Der kriegt jetzt aber gewaltigen Ärger.«
Falls er es gehört hatte, ignorierte er es so wie ich. Er hatte sich mir noch nicht zugewandt und ich war kurz davor, ihn gewaltsam zu mir zu drehen. Aber er kam noch zur Vernunft und wandte sich mir zu, blickte mir aber nicht in die Augen. Er folgte mir dann zu einem riesigen Felsen, während die anderen sich hinsetzten. Die Landschaft hier war trübe und grau. Und die Luft war kalt. »Was ist?« fragte er in einem gleichgültigen Ton, der mich unglaublich reizte. Natürlich sah er mich aber nicht an.
»Was ist? Du ignorierst mich zwei Tage...«
»Eineinhalb«, berichtigte er mich.
»Dann halt eineinhalb Tage. Du ignorierst mich die ganze Zeit über und dann fragst du, was wäre?« Ich war fassungslos. Nun hob er seinen Blick und sah mir entgegen, aber er tat es wieder mit diesem Trotz, der mich so sehr aufregte. Dieser Junge war verdammt.
»Ich verstehe das nicht. Wieso willst du nicht mit mir reden?« Immer noch war er still. Er schien unnahbar. Doch sein zusammengepresster Kiefer verriet ihn. Er war wütend. Mir war es lieber, dass er wütend war und mit mir redete als dass er mich nicht beachtete und schwieg. Ich wartete einige Momente, aber er schien nichts sagen zu wollen. Er drehte sich um und bewegte sich in die Richtung der Anderen. Das konnte ich nicht akzeptieren.
»Verdammt nochmal, Lucian! Rede mit mir!« schrie ich schon fast. Als er immer noch nicht halt machte, überbrückte ich die paar Schritte mit gewaltiger Schnelligkeit und schnappte sein Handgelenk. »Bitte, Lucian.« Nun war ich schon leiser geworden. Ich wusste, dass ich hilflos klang. Verloren. Verzweifelt. Aber das war ich auch. Ich wollte unsere Freundschaft nicht wegen eines Fehlers aufgeben. Ich brauchte einen Freund. Meine Hand umklammerte immer noch sein Handgelenk. Er drehte sich um, sah erst auf meine Hand und dann in mein Gesicht. Die Wut verschwand aus seinem Gesicht und ich brauchte einen Moment, um seinen Gesichtsausdruck lesen zu können. Dann sah ich es und es brach mir das Herz. Es war Verletzlichkeit. »Du hattest Angst vor mir! Vor mir, Elaine!« Er wurde nicht laut, aber er sprach mit Eindringlichkeit. Ich sah ihn schuldbewusst an. Ich wollte ihn nicht verletzen. Ich wusste gar nicht, dass ich das konnte. Der Schmerz stand ihm in die Augen geschrieben und ich schluckte. Er nahm meine Hand von seinem Handgelenk. »Ich hatte schon mehrmals die Chance und habe dir nichts getan. Versteh doch, ich wollte dir nie weh tun.« Wieso hatte ich es nicht vorher gesehen? Mein Herz pochte verräterisch laut in meiner Brust und ich fühlte den Schmerz, den er fühlte. Ich spürte das Stechen in meinem schlagenden Herzen. Er war mir wieder so nah wie vor zwei Tagen und schon wieder fühlte es sich nicht unangenehm an. Ich öffnete den Mund. Ich wollte ihm sagen, was ich die ganze Zeit sagen wollte. »Es tut mir leid, Lucian.« Ich spürte wie meine Augen heiß wurden und ich wusste, dass ich kurz vor den Tränen stand. »Es tut mir leid«, flüsterte ich. Er sah mir gequält entgegen und ich wusste nicht, ob er mir vergab. Mein Blick war flehend. Mein Herz tat weh. »Vergib mir«, versuchte ich es noch einmal mit leiser Stimme. Er riss sich von meinem Blick los. Ich gab die Hoffnung schon auf. Dann sah er aber wieder zu mir. Und eine neue Art von Schmerz entflammte in seinen nachtblauen Augen. Er legte seine Arme um meine Hüfte und zog mich zu ihm ran. Verwunderung und Erleichterung erfüllten mich. Meine Arme legte ich um seinen Hals und ich stützte meinen Kopf auf seine Schulter. Dabei lächelte ich. Dann schloss ich meine Augen und genoss seine Vergebung. Eine Träne aus Freude lief währenddessen über meine Wange. Wir standen für eine Weile da. Ich war dankbar, ihn zurückzuhaben. Ich hatte ihn vermisst. Irgendwo in meinem Unterbewusstsein wehrte sich etwas gegen diesen Moment aber ich war viel zu dankbar, um darauf achten zu können. »Danke, Lucian.« Es war nur ein Hauchen, jedoch wusste ich, er hatte es gehört. Nah an meinem Ohr murmelte er: »Du bedeutest mir etwas, Elaine.« Ich wusste nicht ganz, was der Satz bedeute, doch er löste Gänsehaut bei mir aus...

Die Augen des Drachen - Erwacht (in Überarbeitung) Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt