"Okay." Leah betont jeden Buchstaben einzeln. "Nur damit ich's verstehe. Sie sagen, wir sind hier irgenwo im Weltall und sollen jetz' einfach so Millionen von Menschen beschützen, die wir garnich kennen, obwohl wir nicht zu ihrer komischen 'Union' gehören und noch dazu nicht mal in der Lage dazu sind?"
Vielleicht war ihre Frage mehr eine Feststellung.
"Ja, das ist im Prinzip richtig, nur, ihr werdet dazu in der Lage sein."
Er lächelte erst sie und dann die anderen an. "Dafür bin ich ja da. Ich werde euch den Umgang mit den Elementen lehren, nicht nur körperlich, sondern auch psychisch."
Ir Neret wollte sich daraufhin von seinem Stuhl erheben, als Marilyn ihn mit ihren eisblauen Augen fixierte. "Warum sollten wir das tun? Wozu?"
Ihr 'Mentor' schwieg für eine Sekunde, um sie dann bedauernd anzugucken: "Und genau deswegen wäre es besser, wenn ihr von einem Planeten der Union stammen würdet. Dann würdet ihr eure Aufgabe und deren enorme Bedeutung für den Aufrechterhalt Irions verstehen. Und sie annehmen, vorbehaltlos, weil es eine Ehre für euch wäre, von Ca'Tei auserwählt worden zu sein."
Er hatte die rechte Hand flach auf den Tisch gelegt, doch gegen Ende seiner Rede war sie zu einer Faust geballt.
Marilyn schluckte und schaute betreten zu Boden und auch die anderen ließen diese Worte und der leise Vorwurf, der darin mitschwang nicht kalt. Ein unangenehmes Schweigen entstand und der blasse Mann stand auf.
"Ich muss euch noch etwas zeigen. Vielleicht versteht ihr dann."
Diesmal wartete er nicht, er ging einfach los.
Die Mädchen schauten sich kurz gegenseitig an, Betroffenheit lag in ihren Gesichtern. Dann stand eine nach der anderen auf und sie folgten ihm ohne ein weiteres Wort.Sie liefen wieder durch helle Gänge und Susan fragte sich mehrmals, wie sie sich hier zurecht finden sollte.
Da blieb Ir Neret abrupt stehen.
Sie befanden sich vor einer großen Tür, ja fast schon einem Portal, das so garnicht hierher zu passen schien. Es sah altmodisch aus, bestand aus Marmor und Obsidian und war reich verziehrt, sodass es einen scharfen Kontrast zu all dem High-Tech im Rest des Gebäudes bildete.
Der Mann zog die zweiflügelige Tür auf, die dabei schwerfällig ächtzte.
Dann machte er eine Handbewegung und zeigte ins Innere: "Tretet ein und seht."
Nacheinander betraten sie den Raum, der wirklich nichts mit dem Rest des Gebäudes gemein hatte.
Es war auch überhaupt kein Raum, sondern eine achteckige Freifläche. Ein Atrium, in jeder Ecke von einer Marmorsäule umgeben.
In der Mitte jedoch ragte eine imposante Skulptur auf und beim Näherkommen erkannte man, dass sie vier Personen zeigte. Sie standen Rücken an Rücken, sodass man das Kunstwerk einmal umrunden musste, um es komplett betrachten zu können.
Susan erkannte, dass eine der Figuren eine steinerne Flamme in ihrer Handfläche trug. Unter einer anderen hatte sich die Erde aufgetan, die dritte schwebte, umhüllt von grauem Wind. An den Körper der vierten Statue schmiegten sich die Wellen. Staunend näherten die Mädchen sich dem Kunstwerk.
"Dies ist ein Abbild der ersten Beschützer Irions - der ersten Guardians. Erschaffen als Huldigung ihrer Taten und Ehrung aller, die nach ihnen kommen würden."
Er räusperte sich und lies den Blick in die Ferne schweifen, so als hätte er etwas erblickt, dass die Mädchen nicht sehen konnten. Oder so, als würde eine lang vergessene Erinnerung wieder zurückkehren.
"Als Ca'Tei die ersten Guardians rief, befand sich Irion am Rande der Zerstörung. Seit Jahren wütete Krieg. Die junge Allianz hatte sich gegen ein mächtiges Volk zu verteidigen, dass eine Großinvasion plante, um das fruchtbare Land zu besiedeln und die reichen Bodenschätze zu plündern.
Irion war technisch und zahlenmäßig weit unterlegen.
Tapfere Männer und Frauen gaben nicht auf und bekämpften unerbittlich die Eindringlinge, doch dies war nur das letzte Aufbäumen einer zum Sterben verurteilten Welt. Der Untergang war nur noch eine Frage der Zeit.
In dieser Stunde höhster Not erschienen sie." Er deutete auf die steinernen Abbilder der mutigen Männer und Frauen und Ehrfurcht schwang in seiner Stimme.
"Und mit ihnen die Naturgewalten. Das Meer erhob sich gegen die feindlichen Flotten und verschlang ihre Schiffe. Die Erde tat sich auf und begrub ihre Truppen in kaltem Stein. Stürme fegten übers Land und verhinderten jegliche Luftraumpräsens. Und überall brannten tausende Leuchtfeuer, wie strahlende Symbole der Freiheit und des Sieges.
Binnen weniger Wochen wurde der Feind vernichtend geschlagen und vertrieben. Die Guardians hatten eine historische Schlacht gewonnen. Dank ihnen konnte Irion wieder aufgebaut und andere Planeten vom Joch des Feindes befreit werden. Einige schlossen sich der Union an und so kam es, dass Irion zu ungeahnter Größe erblühte."
Der Mann schloss für einen Moment die Augen und atmete tief ein.
"Ihr Vermächtnis ist nun euer Erbe. Ihre Aufgabe eure Pflicht. Die Menschen in Irion zu schützen und Frieden zu wahren, zu kämpfen, um Leben zu retten."
Er hatte sich zu den Freundinnen umgedreht und seine blasse Haut schimmerte im Sonnenlicht. Sein ernster, strenger Blick lag prüfend auf jeder von ihnen.
"Wie werdet ihr euch entscheiden? Seid ihr bereit dieses Erbe anzutreten?"

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Guardians
ParanormalDie vier Freundinnen Susan, Emma, Leah und Marilyn haben mit den alltäglichen Problemen typischer Jugendlicher zu kämpfen, als ein Ereignis ihr Leben schlagartig verändert... Sie werden zu Guardians, zu Beschützern der Welten. Ausgestattet mit der K...