Kapitel 7

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Susan hatte sich nach ihrem Lachanfall wieder beruhigt und nun saßen die vier alle am Wohnzimmertisch.
"Was nun?", stellte Leah dann die Frage, die die Mädchen schon die ganze Zeit beschäftigte. "Wir haben uns jetz' entschieden 'Guardians of the Galaxy' zu spielen und jetz'? Ich mein', wie sagen wir dem das jetz'?"
Das war in der Tat eine gute Frage, auf die niemand so recht eine Antwort wusste.
Doch das war auch garnicht mehr nötig, denn genau in diesem Moment verschwand das Wohnzimmer, das ganze Haus um sie herum und sie fielen erneut in die bodenlose Tiefe.

Emma hatte erneut geschrien und auch Leah hatte vor Schreck gequiekt, doch diesmal dauerte ihr Sturz tatsächlich nur Sekunden, keine gefühlte Ewigkeit. Und diesmal landeten sie auch nicht auf sandigem Boden, sondern auf glatter weißer Oberfläche in einem dieser hell erleuchteten Räume.
"Na, wenn man vom Teufel spricht.", raunte Leah.
Wie nicht anders zu erwarten, stand Ir Neret breit grinsend vor ihnen. "Schön, dass ihr es heil überstanden habt."
Sie waren also wieder zurück.

Nacheinander richteten sie sich auf. Emma taumelte ein wenig, doch Susan stützte sie, bis es ihr besser ging.
"Ich glaub ich werd' mich nie daran gewöhnen, mir ist schonwieder übel.", klagte sie.
"Ihr seid diese Art des Reisens nicht gewohnt, da kann es anfangs gut vorkommen, dass man sich unwohl fühlt."
Mitfülend betrachtete er sie aus seinen dunklen Augen. "Aber keine Angst, das legt sich mit der Zeit."
Ihr Mentor hatte offensichtlich gute Laune. Wie zur Bestätigung meinte er wenig später: "Es freut mich, dass ihr euch alle dafür entschieden habt, Guardians zu werden."
Inzwischen liefen sie, mit Ir Neret an der Spitze, wieder über lange helle Flure. Manche wurden über Glasdächer mit natürlichem Sonnenlicht erhellt, andere durch stabförmige Lampen an den Wänden.
"Also zum Thema Inneneinrichtung hätt' ich noch 'nen paar Verbesserungsvorschläge.", meinte Leah und schloss zu ihrem neuen Mentor auf. Der schaute sie nur leicht belustigt an. "Sie brauchen garnich' so zu gucken, ich bin darin echt ziemlich gut." Beinahe hätte sie die Arme verschränkt, ließ es dann aber doch.
"Naja, wenn sie nich' wollen. Is' ja nich' mein Pech." Er entgegnete nichts, lediglich seine Mundwinkel hoben sich noch ein bisschen mehr.
Die so entstehende Pause nutzte Marilyn, um eine Frage zu stellen: "Was war das für ein Raum, in dem wir gerade angekommen sind? Wir sind auf Tiran V gelandet, aber diesamal hier, in der Station und nicht auf dem Sandboden."
"Ah, gut beobachtet. Das war in der Tat unser Transportraum. Darin finden die kontrollierten Raumsprünge statt."
Marilyn nickte, aber in Susans Gesicht stand eine Frage, was Ir Neret sofort erkannte.
"Raumsprünge sind in Irion eine viel genutzte und vorallem beliebte Form des Reisens. Binnen von Sekunden am anderen Ende der Union und darüberhinaus zu sein, ist ja auch wahrlich großartig. Ihr werdet in Zukunft oft Gebrauch davon machen."
Emma schaute unglücklich drein und rieb sich wieder den Bauch.
"Aber keine Sorge Emma, du wirst sehen, noch ein-, zwei Mal und dann macht es dir nichts mehr aus."
Trotz aller Zuversicht in Ir Nerets Stimme, sah Emma immer noch sehr skeptisch aus.
"Hm, Ir Neret, wo führen Sie uns eigentlich hin?", wollte Susan dann wissen.
Daraufhin entstand ein geheimnisvolles Lächeln auf seinen blassen Lippen. "Dorthin, wo sich für euch alles verändert. Der Raum, in dem bisher alle Guardians und nun auch ihr euer Element erhaltet."
Als hätte er genau gewusst, dass und vorallem wann Susan diese Frage stellen würde, kamen sie genau in diesem Moment an einer transparenten Schiebetür an.
"Bereit?" Alle vier nickten tapfer.
Dieser eine Moment würde ihr Leben von Grund auf verändern.
Ir Neret trat also einen Schritt näher und die Tür öffnete sich.
Die Mädchen waren überrascht, das hatten sie nicht erwartet.
Sie standen nun vor einem kleinen Park mit sattgrünem Rasen, großen Bäumen und gemütlichen Sitzbänken. Das wollte so gar nicht zu dem Bild passen, dass die vier von diesem Gebäude hatten. Diese Grünanlage war das komplette Gegenteil von all den glatten weißen Oberflächen.
Leah trat vor und sprach dann aus, was alle dachten: "Irgendwie passt der hier nich' her. Drinnen alles mega schick und edel und hier kompletter Wildwuchs." Sie drehte sich zu Ir Neret um. "Wieso gibt's hier 'nen Park?"
"Genau aus diesem Grund. Weil im Inneren des Gebäudes vieles kühl, ja nahezu steril wirkt, haben wir hier diese Grünfläche als Ort der Entspannung eingerichtet. Dieser Park ist das Zentrum des Gebäudes." Er wies mit ausgestrecktem Arm geradeaus. "Dort hinten," er zeigte nach rechts "dort" er schwenkte nach links "und dort sind weitere Zugänge, sodass man diese kleine Oase von überall ereichen kann. Die vier Hauptflure laufen sozusagen hier zusammen."
Während sie durch den Park liefen, leuchteten Emmas Augen immer mehr. "Hier ist es wunderschön! Alles ist so lebendig. Und wenn ich sie richtig verstanden habe, ist das das Herz der Anlage, das grüne Herz."
"Ja, das kann man so sehen. Ich freue mich, dass es dir so gut gefällt."
Es war wirklich ein hübscher Ort, sogar einen kleinen Zierteich gab es hier. Doch langsam fragte Marilyn sich, wohin sie eigentlich wollten.
Ihre Frage erübrigte sich jedoch, als Ir Neret auf eine Art steinernen Altar zeigte, in den vier Vertiefungen eingelassen waren.
Er bedeutete ihnen, stehen zu bleiben und räusperte sich: "Wie ihr vielleicht seht, sind vier Vertiefungen in den Stein eingelassen. Darin befinden sich eure Element-Kristalle. Der rote symbolisiert Feuer, der dunkelblaue das Wasser. Der braune steht für die Erde und der hellblaue für Luft. Nacheinander werdet ihr vor den Altar treten, damit euch euer Kristall erwählen kann."
"Wie kann es sein, dass ein Kristall sich aussuchen kann, wem er gehören möchte?, fragte Leah.
"Kannst du es nicht einfach so hinnehmen?", meinte Marilyn dann, "Es ist eben so." Es war offensichtlich, dass sie darauf brannte, ihren Kristall in Händen zu halten.
"Nein, nein, Marilyn, das ist eine berechtigte Frage. Lasst es mich erklären." Er räusperte sich erneut. "Diese Kristalle stammen aus Ca'Tei. Diese Grotte gilt als heiliger Ort in dem jahrtausende alte Magien immer noch lebendig sind. Dort umrahmen vier riesenhafte Felsen eine glatte, glasklare Wasseroberfläche. Diese zeigt uns die künftigen Guardians und die Felsen, die Felsen von Ca'Tei geben uns die Kristalle. Ein Vorgang, der sich in jeder Generation wiederholt."
Der Mann hatte voller Ehrfurcht gesprochen und blickte nun zu dem Altar. "Ich hab es bereits einmal gesagt, niemand kann sich erklären wie das funktioniert, aber es passiert. Genauso verhält es sich mit den Kristallen. In ihnen ist eine Magie gebannt, die nur unter bestimmten Vorraussetzungen gestattet, ihr Träger zu sein." Er drehte sich wieder zu den Mädchen.
"Wer von euch möchte beginnen?"

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