8.Quarantäne

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Das Meer war aufgewühlt, doch von alledem bekam das riesige Tier in den Tiefen seines Beckens nichts mit. Es konnte nur nach draußen blicken in die See. Manchmal schwammen andere Lebewesen vorbei, die sie nicht kannte, aber dass sie nicht nach ihnen schnappen konnte hatte sie längst begriffen. Manchmal tat sie Owen leid, weil sie eingesperrt war in einem, wie er fand, zu kleinen Becken. Doch die Welt dahinter war viel zu jung. Sie kannte keinen Mosasaurus. Da war es doch besser das Tier blieb in seinem künstlich geschaffenen Universum.
Er beendete die Schweißnaht an der Barriere die den Mosasaurus von der weiten See trennte und tauchte wieder nach oben.
Als sein Kopf die Wasseroberfläche durchbrach war, sein erster Blick an einer der langen Streben nach oben, die in den Himmel ragten und das Meeresungeheuer davon abhielten den Weg in die Freiheit zu suchen. Bis jetzt waren sie hoch genug, doch seit er gesehen hatte wie hoch sie mittlerweile springen konnte, um ein Stück Beute zu ergattern, kontrollierte er regelmäßiger als nötig die Schweißnähte.
Nicht auszudenken, wenn das Ungetüm einen Satz ins offene Meer machen würde. Alledings liebten die Leute genau diese Attraktion. Wie sie wie ein dressierter Delfin aus dem Becken sprang, um ihren unbändigen Hunger zu stillen, und mit einem riesigen Platscher eine Welle erzeugte, die das komplette Publikum durchnässte.
Er machte einige kräftige Schwimmzüge zurück zum Boot und einer der Bootsleute half ihm an Bord.
"Sieht nach Regen aus..." meinte er und pellte sich, nachdem er das Equipement abgelegt hatte, aus dem oberen Teil seines Taucheranzuges..
"Ist denn alles ok?" fragte Lynn, die verantwortliche Pflegerin für den Mosasaurier. Sie begleitete diese Touren regelmäßig und war froh, dass Owen die Sicherheit am Becken öfter als vorgesehen checkte.
"Japp...", meinte er knapp und Lynn war erleichtert. Owen verknotete den Anzug mit dem Ärmeln vor seinem Bauch und schüttele das Wasser aus den Haaren.
Sie fuhren zurück an Land.
Als Owen hinter den Andren auf den Bootssteg neben dem Schaubecken kletterte, kam Barry auf die Truppe zu.
Sein Schritt war schnell und er sah besorgt aus.
"Es gibt ein Problem mit Blue...", sagte er noch bevor er bei ihm angekommen war.
Owen riss die Augen auf.
" Problem?", meinte er und eine Gänsehaut übelief seinen blanken Oberkörper, was nur bedingt daran lag, dass ein Wind auffrischte, der den Regen näher brachte.
"Ich glaube sie ist krank...", sie will nicht fressen.
Blue wollte immer fressen, wenn es Eines gab das man sicher bei den Raptoren voraussagen konnte, dann war es ihr Appetit.
Schlagartig war Owen nicht mehr beim Mosasaurus, sondern seine Gedanken waren bei seinem graublauen Saurermädchen.
Er folgte Barry im Taucheranzug zum Parkfahrzeug und wollte einsteigen. Als sie Lynn rufen hörten: "Oooweeen!", sie fuchtele wild mit einer Hand in der Luft in der Anderen ein Haufen Stoff.
Barry musste Lachen, "... deine Klamotten Mann...!" er blickte an ihm herunter.
Erst jetzt wurde Owen bewusst, dass er tatsächlich in dem schwarzen Taucheranzug auf dem Sitz saß und Diesen gerade durchweichte.
Lynn war inzwischen bei ihnen angekommen.
"Deine Fürsoge in allen Ehren, aber du solltest dich vielleicht anziehen..." , grinste sie und reichte ihm den Kleidungstapel durch das geöffnete Jeep Fenster.
Auch Owen musste grinsen, er bedankte sich und während Barry zum Raptoren Gehege fuhr, zog er sich sein Shirt über.
"Wie schlimm ist es denn?", fragte er und sortierte seine Kleidung.
Kurz überlegte er, ob er sich wirklich die Mühe machen und während der Fahrt aus dem Rest des Neoprenanzuges schälen sollte, verwarf den Gedanken aber dann wieder.
"Sie jault kläglich...starrt den Happen an und macht einen sehr schwachen Eindruck. Ich habe sie schon aus der Gruppe genommen, die anderen Drei verkraften das nicht. Ich bin sicher sie bringen sie dann um ihren Platz."
"Sie war nie krank? War ein Tierarzt bei ihr?"
Socken und Schuhe wären wenigstens schön... Vedammt...
Er beugte sich nach unten und überlegte, ob er seine Socken anbekommen würde, aber auch diesen Gedanken verwarf er wieder.
Dann parkte Barry den Wagen vor dem Raptorenbereich.
Der Wachmann blickte ihn irriert an, als Owen in halber Tauchausrüstung und T - Shirt aus dem Jeep stieg.
Noch vor dem Eintritt in das Außengehege streifte er nun endlich den Neoprenstoff von den Beinen und zog den Rest seiner Kleidung an. Gerade in diesem Moment riss der Himmel auf und schickte den erwarteten Regen.
" Das is' ja wohl n schlechter Scherz..." murrte Owen mit einem Blick nach oben, als habe ihn eine höhere Macht auf die Schippe genommen. Er warf den nassen Taucheranzug auf die Ladefläche des Pick-ups und hastete ins Gebäude. Teils Flucht vor dem Wetter, den anderen Teil die Sorge um Blue.

Sie lag in ihrem Nest allein im Innenbreich, und Owen konnte bereits von Weitem sehen, dass es ihr nicht gut ging. Ihre Augen leuchteten nicht wie sonst und sie hob kaum merklich den Kopf.
" Blue...", murmelte er und kam an das Gatter.
" Der Tierarzt ist unterwegs...", meinte Barry und beugte sich ebenfalls ein wenig vor, allerdings in gebührendem Abstand.
" Wo sind die Anderen?", fragte Owen und ging zum Bedienfeld für den Code um das Gitter hoch zu lassen.
"Sie sind im äußeren Paddock, das Tor ist zu... Ich habe gedacht sie hier drinnen einzusperren wird das Beste sein bis Hilfe kommt. Außerdem haben wir ein Dach über dem Kopf...", meinte Barry und blickte nach oben zum Dach auf das der Regen prasselte, dann wurde ihm bewusst, dass Owen tatsächlich zu ihr hineinwollte.
"...du kannst da doch nicht rein..."
"Siehst du wie schwach sie ist... ich muss da rein? Vielleicht kann ich was feststellen."
"Du bist echt verrückt. Das wird mal die einzige Frau sein, die dir wirklich den Kopf abreißt, und das nur weil du ihr zu Nahe gekommen bist."
Owen grinste müde und tippte den Code ein und ließ das Gatter nur halb hoch, um es gegebenenfalls wieder schneller schließen zu können.
"Wenn es sein muss schließt du das Tor...!" meinte Owen und schlüpfte durch den Spalt.
"Du bist lebensmüde!" Barry schüttelte den Kopf.
Leise mit beruhigenden Worten näherte sich Owen der Schlafstätte seiner Raptorendame.
"Sssschh.. Blue... ganz ruhig..:" , murmelte er beschwörerisch und streckte seine Hand aus.
Blues Atem ging stoßartig ein und aus als Owen sich ihr näherte.
Sie kannte ihn: Seinen Geruch und seine warme, dunkle, sanft beruhigende Stimme, doch die Situation ängstigte sie.
Man konnte sehen wie der Atem sich schnell durch ihrem Körper pumpte. Die Schuppen an der Brust hoben und senkten sich hastig.
Owen berührte sanft ihren Kopf.
Ein schwaches Schnauben, fast geräuschlos kam aus ihrer Kehle und Owen war entsetzt darüber, denn er wusste wie sich dieser Protestlaut eigentlich anhören musste.
Er widerstand dem Reflex sich zu Barry umzudrehen, um ihm beim Sprechen ins Gesicht zu schauen, denn er musste jedes Detail im Auge behalten, bereit sich bei der kleinsten Veränderung in ihrem Verhalten unter dem halbgeöffneten Gatter hindurch zu rollen.
"Fressen tut sie nicht?...", fragte er ab und massierte dabei vorsichtig die Schuppen an Blues Kopf.
" Nein... ich habe das Gefühl sie möchte, aber es geht nicht... Vielleicht eine Infektion, oder so?"
"Ganz ruhig, Mädchen....", sprach Owen beruhigend weiter. Sie versuchte den Kopf zu heben, doch es kostete sie zuviel Mühe.
"Wo kam die letzte Fleischlieferung her?" hörten sie plötzlich eine Stimme aus dem Gang im Hintergrund.
Es war der zuständige Tierarzt. Es war nicht der Selbe der zur regelmäßigen Kontrolle erschien. Es war jemand den Owen und Barry noch nie zuvor gesehen hatten.
Ohne Blue aus den Augen zu lassen, die sogar zu schwach war, um gegen den Fremden zu protestieren der dazu kam, kam Owen zurück zum Gatter und schlängelte sich durch den Spalt und ließ es wieder herunter.
"Vom gleichen Lieferanten wie immer in Costa Rica." gab Owen zur Antwort.
Der Arzt wurde begleitet von zwei Leuten aus dem Labor Team, wie unschwer an ihrer Uniform zu erkennen war.
Während die beiden Männer sich unterhielten, postierten sie sich um das Gehege von Blue herum.
"Wir hatten das gleiche Problem mit zwei anderen Carnivoren - Arten vor ein paar Tagen die letzten Schweine hatten einen Virus, den nicht alle Tiere gleich gut verkraftet haben. Offensichtlich ist das bei den Raptoren auch der Fall, denn ich nehme an es war der selbe Mastbetrieb..." erklärte der Arzt und klappte einen Koffer auf. Die Leute die mitgekommen waren bauten nun Owen unbekannte Waffen aus ihren Köfferchen, die sie mitgebracht hatten auf. Er kannte sämtliche Arten von Gewehren und Geschützen im Park. Auch die, die der Sicherheitsdienst im Ernstfall benutzen durfte, jedoch nicht diese.
"Was haben sie denn vor?!", fragte Owen entgeistert, eine leise Ahnung schlich in ihm hoch.
"Es wird schnell gehen, glauben sie mir.", sagte der Arzt dann beruhigend.
Blue ließ einen kläglichen Laut ertönen. Als könne sie erahnen worauf das hier hinauslaufen würde.
"WAS?! ---! Was wird schnell gehen...?" jetzt baute sich Owen vor dem Tierarzt auf. Sein Blick wanderte hektisch von ihm und zu den Bewaffneten die nur auf ein Kommando zu warten schienen.
"Sie wird nichts merken...und dann ist es vorbei... es tut mir ja auch leid, ich habe das in der letzten Woche dreimal machen müssen, es ist eine Schande glauben sie mir. Ich bin immerhin Tierarzt. Aber wir können uns nicht leisten, dass sich hier eine Seuche ausbreitet."
"Sie meinen sie wollen meinen Raptoren da einfach abknallen?" und mit einem Schlag wurde seine Ahnung zur Gewissheit.
Der Tierarzt blickte ihn mitleidig an und seufzte.
"WAS SIND SIE DENN FÜR EIN TIERARZT!?", keifte er ihn an und heiße Wut stieg in ihm hoch.
" Owen..." meinte Barry beruhigend, dem das Ganze auch nicht gefiel, sich jedoch sicher war, das aufbrausen die Situation nicht unbedingt retten würde.
"Wo ist denn Doc Miller? Kann er sich das nicht auch mal ansehen bevor sie eine solche Entscheidung treffen? Er kennt die Tiere " meinte er dann.
"Dr. Miller trifft solche Entscheidungen nicht..."
"WER DANN? Die Parkleitung ETWA!?", brüllte Owen nun außer sich vor Wut. Seine Gedanken fuhren Achterbahn.
Diese rothaarige Hexe. Du unterkühlte kontrollbesessene Frau! Warte nur bis ich dich in die Finger kriege!
"Wahrscheinlich ist ein kranker Dinosaurier nur ein Punkt auf einer ihrer verdammten Listen die sie abzuhaken hat! Wenn nötig mit einem Knall!"
"Ach... die bekommt darüber einen Bericht, es gibt wichtigeres zu tun für Mrs. Dearing... Es ist eine Routine Entscheidung. Die das Labor und ich getroffen haben. Zum Schutz der anderen Arten.", meinte der Arzt nun trotzig.
"NEIN!", entgegnete Owen und ging um das Gatter herum zu dem Schützen der Blue am nächsten war.
"Gibt es denn keine andere Möglichkeit?", warf Barry nun ein, seinen wütenden Kollegen ignorierend. Owen würde ihm so nicht weiterhelfen. Also versuchte er allein dem Tierarzt eine andere Entscheidung abzuringen.
Owen stellte sich drohend neben einen der Labormitarbeiter.
"Jetzt lassen sie das!", meinte dieser hilflos. Er war doch nur hier um seinen Job zu machen.
Owen trat wieder auf den Tierarzt zu.
" SIE VERLASSEN SOFORT DIESEN PADDOCK ODER SIE LERNEN MICH KENNEN!" fauchte er drohend und fuchtelte mit dem Finger vor seinem Gesicht herum.
"Es gibt keine andre Wahl.... die... die..."
"DIE ...WAS?" Owen der sich inzwischen wieder zu Blue und die Leute umgewandt hatte, um sie im Blick behalten hatte, drehte sich erneut zu ihm um und funkelte ihn an.
"... jetzt beruhigen sie sich doch mal...", meinte der Arzt nun kleinlaut. "Wenn wir alle Tiere mit diesen teuren Mitteln behandeln wollen, mit denen man nicht einmal die Garantie auf Erfolg hat... das können die Besucherzahlen bis zum Ende der Saison aber nicht wieder aufholen. Zumal es sich hier nichteinmal um eine Publikums zugängliche Attraktion handelt...." fing er an zu erklären, "mein Auftrag ist es die kostengünstigste Lösung zu entscheiden...meine Güte, die im Labor züchten doch alles nach was sie haben wollen...."
"Es gibt also eine andere Möglichkeit...", sagte Owen nun hoffnungsvoll, "Ich werde das mit Claire besprechen... sie werden das Gelände verlassen und kommen besser nicht mehr in meine Nähe. Es wird ja wohl auf der Insel noch jemand Anderen wie sie geben, der seinen Job wirklich ernst nimmt," ließ er den Arzt wissen, er war froh, dass er Claire Unrecht getan hatte, was dieses Desaster hier betraf. Er würde sie einfach darum bitten. Auch wenn es ihn seinen letzten Stolz kosten würde. Sollte sie doch von ihm denken was sie wollte, " gib mir die Wagenschlüssel...?" bat er Barry dann barsch.
"Ich denke sie scheinen nicht zu verstehen um was es sich hier handelt. Wenn Sie tatsächlich vorhaben das Tier zu behandeln... dann werden sie hier bleiben müssen. Der Virus könnte ansteckend sein. Sie haben sie doch vorhin angefasst."
Barry riss die Augen auf und zog den Autoschlüssel zurück, den er seinem Freund gerade hinreichen wollte.
"Na schön, kein Problem. Was muss ich machen?" meinte Owen stolz und schien immer noch nicht zu verstehen was diese Aussage für ihn bedeutete.
"Mr. Grady sie sind kontaminiert sie können jetzt nicht einfach hier heraus marschieren und wegfahren. Wenn sie das Tier angefasst haben und wenn sie vorhaben das auch weiterhin zu tun, weil sie der Meinung sind sie könnten sie behandeln, dann werden sie unter Quarantäne gestellt, um sicher zu gehen, dass sich das nicht verschleppt."
Owen starrte ihn fassungslos an.
"Wenn sie tatsächlich verhindern möchten, dass wir dieses Tier wie vorgesehen eliminieren und entsprechend beseitigen , muss ich sie bitten ab sofort dieses Gelände nicht mehr zu verlassen. Sollten sie es sich doch anders überlegen, werden wir für sie die Dekontaminierungsmaßnahmen ergreifen, die nötig sind, das betrifft ebenso ihren Kollegen hier, dann entfernen sie sich aber auch bitte umgehend." erklärte er sachlich.
„WAS?"
„ Ich denke sie haben mich verstanden. Sollten sie diese Entscheidung treffen, bleiben sie vorerst hier! Es bedeutet nicht, dass sie damit durchkommen, damit ihnen das klar ist - das muss ich erst besprechen. Jedoch WENN!..." , und das betonte er mit fester Stimme, „ werden sie so lange hier bleiben bis das Ganze vorbei ist..."
Barry ließ ein keuchendes Geräusch ertönen.
„Und dieses Dekontaminierungsdings... können sie nicht machen und ihn dann wieder zurück schicken...ich meine....", schlug er kleinlaut vor.
„Nein...", meinte er und es machte nicht den Eindruck, als wollte er dazu mehr erklären.
„Nein?", fragte nun auch Owen und war um einiges kleinlauter als zuvor.
„Nein...ich werde sie mit dem Einsatz der Mittel vertraut machen, falls sie das wünschen... oder ich finde jemand anderen der diesen Job ernst nimmt und das erledigt." grinste er triumphierend.

Why we never had a 2nd Date     ©Lina Schön   AUGUST  2015Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt