Die gesamte Parkanlage war wie ein blinkendes Negativ auf dem bläulich, schwarzen Hintergrund in der dunklen Kommandozentrale.
Zufrieden mit der heutigen Bilanz, beschloss Claire nun nach ihrer routinemäßigen Stippvisite endlich Feierabend zu machen.
Einmal die Sonne genießen - so hatte sie es sich vorgenommen.
So hatte es Owen gesagt.
Sie hatte lange darüber nachgedacht, ob sie ihm beweisen sollte, dass sie tatsächlich Sommersprossen bekam, die sie selbst an sich nicht leiden konnte. Doch nach ihrem letzten Besuch bei ihm in der Bay hatte sie es sich überlegt, ob es nicht besser wäre es drauf ankommen zu lassen.
Einfach so.
Vielleicht nur um zu prüfen ob es ihm mal auffallen würde.
Prüfen Claire! Prüfen... nichts anderes kannst du, selbst ein Kompliment das man dir macht musst du auf seine Richtigkeit überprüfen!
„Machen sie es gut Vivian...", meinte sie zu der Blonden, die heute als Letztes übrig geblieben war, um den Spätdienst zu übernehmen. Es war selten der Fall das Lowrey vor ihr Feierabend machte, aber da es ein Samstag Abend war, tippte Claire darauf, dass er vielleicht eine Verabredung haben könnte.
Das Mauerblümchen wohl eher nicht.
Während sie nur flüchtig zuhörte wie sie ihr einen Gruß zurückgab, als sie bereits im Gehen war, erschrak sie darüber das SIE ebenfalls ein Mauerblümchen ohne Verabredung an einem Samstag Abend war.
Gefangen auf einer Insel voller Spaß und Ferien.
„Sonne....pffft...", machte sie als sie hinaustrat, denn der Himmel war bewölkt und außerdem war es bereits Abend, wie immer, wenn sie beschloss früher ihren Schreibtisch zu verlassen, „ tolle Idee Claire..." sie musste über sich selbst Lachen. Da hatte sie den ganzen Tag in klimatisierten Räumen zugebracht, ohne zu bemerken, dass NICHT immer die Sonne schien. Möglicherweise erst Recht nicht aus Trotz, weil es sich gerade heute eine Claire Dearing in den Kopf gesetzt hatte, Sommersprossen zu bekommen.
„Ach was solls ---", führte sie weiter Selbstgespräche, „ ich gehe trotzdem an den Strand..."
Sie fuhr zu ihrem Apartment und schlüpfte in eine kurze Caprijeans und eine weite hellblaue, Bluse, dazu wählte sie flache Riemchensandalen und fühlte sich zu ersten Mal an diesem Tag als könnte sie richtig atmen.
Natürlich war sie gewohnt den ganzen Tag auf High Heals herum zu stolzieren.
In ein Kostüm gesteckt, wo selbst die Accessoires stimmten, jedoch nutzte sie selten die Gelegenheit ein anderes Outfit zu tragen, denn meist führte ihr Weg vom Schreibtisch direkt ins Bett. So dass die tatsächlich vergessen konnte wie gut sich Freizeitkleidung anfühlte.
Sie nahm ihr Handy zur Hand und überlegte, Zara zu fragen ob sie Lust hatte mit ihr zu gehen. Doch sie verwarf den Gedanken wieder, als ihr einfiel, dass Zara übers Wochenende zu ihren Freundinnen aufs Festland gefahren war.
Sie hatte wenigstens Freundinnen.
Claires einzige Freundin war die Arbeit, tröstliche Ablenkung und schmerzhafte Erfahrung zugleich, wer nur hinter seinem Schreibtisch klebte hatte für Freunde keine Zeit.
Genausowenig wie für den längst mal wieder fälligen Anruf bei ihrer Schwester die so schrecklich weit weg lebte, dass sie fast vergessen hatte, das es zwei Neffen gab, von denen sie wusste, dass sie eigentlich von nichts anderem sprachen, als ihre „ Tante Claire im Dino - Park" zu besuchen, seit sie die Leitung übernommen hatte.
Doch Karen hatte beschlossen, das die Jungs noch zu jung für einen Besuch waren.
Bevor Claire anfangen konnte die Familie schmerzlich zu vermissen, verließ sie ohne weiter darüber nachzudenken wieder ihr Apartment und stieg in den Benz.
Sie beschloss zu einem der Strände weiter außerhalb zu fahren, die nicht in der Nähe der Touristenplätze lagen.
Gerade hatte sie den Wagen abgestellt, als ihr Handy klingelte und eine ihr unbekannte Nummer anzeigte.
Verdutzt nahm sie den Anruf entgegen.
„Dearing?"
„Du könntest mir wenigstens mal etwas zu Essen vorbeibringen, wenn du mich schon hier einsperren lässt!" kam es Grußlos und zerknirscht aus dem Hörer.
„Was?", sie war verwirrt, war das Owens Stimme? Seit wann rief er sie denn an?
„Ich habe echt Hunger, du kannst doch sonst alles mögliche veranlassen mit deinem tollen Job. Stattdessen lässt du mich hier versauern mit meinem todkranken Raptoren und ner Kiste MRE - Fraß . Ich hatte eigentlich von dir erwartet, dass dir so etwas besser von der Hand geht... als PARKLEITUNG", meinte er ungehalten und betonte das letzte Wort spöttisch.
„Owen?"
„Ja ich! Sag bloß du hast bereits in den letzten zwei Tagen vergessen wer ich bin? Du hast doch dafür gesorgt, dass ich hier festsitzen darf..."
„Ich verstehe nicht...", meinte sie und öffnete wieder die Autotür, um sich zurück in den Wagen zu setzen. Ihr wurde heiß und kalt, weil ihr überhaupt nicht klar war wovon er sprach, oder was ihn so aufgebracht hatte.
Der Gedanke daran etwas Wichtiges übersehen, vergessen, oder einen Fehler gemacht zu haben trieb ihr Schweißperlen auf die Stirn.
Oder war das wieder einer seiner derben Scherze?
„Was ist denn daran nicht zu verstehen? Dein übereifriger Tierarzt hat dir doch einen deiner geliebten Berichte gegeben, du hast ihn unterschrieben und mich hat man mit nem Haufen Zeugs, dass ich in meinen Velociraptoren rein pumpen darf und ner Army - Futterkiste hier eingesperrt..."
„ Ich weiß wirklich nicht wovon du sprichst...", gab sie dann zu und überlegte fieberhaft, ob ihr irgendetwas untergegangen war.
Owen lachte spöttisch: „ Kaum vorstellbar, dass du sowas nicht weißt..." im Hintergrund war ein Geräusch zu hören, das wahrscheinlich von dem Tier stammte, von dem er gesprochen hatte, „...hast du ein Glück das ich jetzt nicht weiter meckern kann... aber ich werde mich wieder melden und dann erwarte ich, dass du mir das Catering vorbeischickst verdammt!" Genauso Grußlos wie er das Gespräch begonnen hatte, hatte er es auch wieder beendet.
Wie vom Donner gerührt, saß Claire in ihrem Wagen.
Der Mann sprach in Rätseln.
Wo saß er fest?
Und warum?
Todkranker Raptor?
Sie wusste, dass die Auswirkung eines Virus in der Fleischlieferung dazu geführt hatte, dass in der letzten Woche drei Tiere eingeschläfert und aufwändig beseitigt werden mussten, um die Ausbreitung einer Erkrankung zu verhindern, normaler Parkalltag eben, aber von einem Verlust im Raptorengehege war nie die Rede gewesen. Oder einer Erkrankung dort.
Einer Festnahme?
Oder was sollte das heißen : Eingesperrt?
So sehr sie auch in ihrem Gedächtnis kramte, es wollte ihr nichts dergleichen einfallen.
Hastig wischte sie sich durch Memos und Nachrichten auf ihrem Handy, doch es brachte Claire leider keine Erkenntnis.
Vorbei der Gedanke an einen erholsamen Strandspaziergang.
Sie startete den Wagen und fuhr eilig zurück ins Büro.
Das Gefühl etwas offensichtlich derart Wichtiges übersehen zu haben, oder das ihr Etwas entgangen war ließ ihr keine Ruhe.
Zunächst stand sie ein wenig ratlos im Vorzimmer und überlegte wen sie als erstes anrufen sollte: Zara, oder einen der Tierärzte in der Hoffnung endlich Klarheit in die Sache zu bringen?
Dann fiel ihr Blick auf Zaras Schreibtisch, und wie mit einem Blinklicht angezeigt leuchtete ihr ein neon grünes Post - it auf einem Hängeregister mit der Aufschrift: Dearing, abzeichnen Wichtig! Entgegen.
Claire setzte sich an den Schreibtisch ihrer Assistentin und nahm das Schriftstück in die Hand und blätterte darin.
Es enthielt sämtliche Fakten über den Erkrankungsfall, alles Dinge die schon einmal in ihren Händen gewesen waren. Bis auf das letzte Blatt.
Es enthielt nicht etwa die Nachricht über diese aufwändige Eliminierung der Tiere, sondern es ging um ein Lebendes, Erkranktes.
Einen Velociraptoren Nummernkennung: 867.
Sie überflog kurz die handgeschriebenen Zeilen in denen zu lesen war:
...der zuständige Trainer hat die Eliminierung der Produkte derart behindert, dass es nicht möglich war sie durchzuführen.
Beginn einer Medikation, mit mäßiger Aussicht auf Erfolg.
Ebenso wird Aufgrund der Ansteckungsgefahr und somit zur Vermeidung der möglichen Verbreitung einer Seuche auf eigenen Wunsch Mr. O. Grady in den Räumlichkeiten des Velociraptorenbereiches bis auf weiteres unter Quarantäne gestellt. Er wird sich selbst unter veterinärer Anweisung um die Medikation des erkrankten Tieres kümmern.
Für Ad Acta wird ihre Unterschrift wird erbeten.
Ergebnisse folgen.
Gruß...
„Wieso weiß ich davon nichts...?", murmelte Claire entgeistert. Wieso hatte sie dieses Papier nie gesehen?
Ein unglaublich schlechtes Gewissen stieg in ihr hoch. Kein Wunder das Owen sich vergessen fühlte, wenn scheinbar nur dieses Stück Papier und einer der Veterinäre davon wusste, dass er im Raptorenhaus unter Quarantäne stand.
Sie nahm ihr Handy und tippte Zaras Nummer ein, die sich nach endlos scheinenden Sekunden meldete.
„ Zara...", meinte Claire und sie konnte nur schwer verbergen, dass sie an Ort und Stelle mit ihr gerne dieses Hühnchen gerupft hätte, „ es klebt hier ein Post - it, auf dem zu lesen ist, dass ich eine Unterschrift zu leisten habe, können sie mir etwas dazu sagen?"
Schweigen am anderen Ende.
Dann ein leises „ Oh..." als der Groschen scheinbar gefallen war, und schließlich eine überaus schuldbewusste Zara, die ihrer Chefin erklärte, dass sie sich gerade von ihrem Freund trennte und aus dem Grund einfach vergessen habe ihr das Schriftstück vorzulegen. Als der Veterinär aber deswegen angerufen hatte, um sich über das „Ok" von der Parkleitung zu erkundigen, hatte Zara einfach „ Ja geht in Ordnung" gesagt und es dann beiseite gelegt.
Claire hatte es für einen Moment die Sprache verschlagen.
Zara war normalerweise zuverlässig und Fehler passierten ihr eigentlich nie.
Schon gar nicht ein derartiger Patzer.
Das ist der Grund warum du KEIN Privatleben hast Claire! Dann passieren Solche Fehler!
Gerade als sie sich zurecht gelegt hatte, wie sie am Besten los wettern sollte, lenkte sie der nächste Anruf ab, der in der Leitung klopfte.
Sie erkannte Owens Nummer und wollte ihn nicht warten lassen. Darum beschloss sie sich Zara vorzuknöpfen, wenn diese wieder zurück war und speiste sie kühl mit den Worten : „Wir sprechen uns wenn sie wieder hier sind!" ab und drückte den Anruf weg.
Sollte sie doch das Wochenende ruhig schmoren! Es war mehr als Verdient.
„Ich dachte du stehst schon mit den gebratenen Tauben vor der Tür..." kam es mürrisch aus der Leitung.
Claire schlug sich die Hand vor den Mund um ein leichtes Grinsen zu verbergen, obwohl er es nicht sehen konnte. Irgendwie hatte die Situation etwas tragisch - komisches an sich.
Die Vorstellung, das er dort im Exil hockte, von der Außenwelt irgendwie vergessen.
Zumindest stellte sie es sich so vor; und das nur weil Zara vor lauter Liebeskummer eine Nachricht nicht weitergeleitet hatte.
„... ich weiß nicht was daran so komisch ist!" fluchte es aus der Sprechmuschel und Claire erschrak.
Woher weiß der Kerl das ich das finde...? Sieht der mich etwa?!---! Sie sah sich um,als erwartete sie beobachtet zu werden.
„Nichts...", meinte sie dann.
„ Ich habe wirklich Hunger Claire...", meinte er dann ernst.
„Ok... Ich werde veranlassen, dass man dir etwas bringt... versprochen...", meinte sie dann und überlegte, WER an einem Samstag Abend diesen Botendienst erledigen könnte, es fiel ihr nur Diejenige ein, die sowieso den Samstag allein verbringen würde... Sie selbst.
Warum auch nicht... es würde dein Schuldgefühl immens eindämmen, und nach ihm zu sehen fühlt sich gewiss gut an ... Claire! - JETZT reiß sich aber zusammen! Bring ihm halt was zu Essen! Und dann machst du deinen Strandspaziergang! Wie du es wolltest. Schlechte Gesellschaft hattest du heute genug!!!
„Ich danke dir...", meinte er theatralisch und sie konnte förmlich hören wie sich seine Mine aufhellte.
Claire grinste in sich hinein, wie er wohl reagieren würde wenn sie selbst kam? Oder ob überhaupt?
Mit einem Mal fühlte sie sich wie ein Agent in geheimer Mission, „ ...hast du an etwas bestimmtes gedacht? Oder fehlt sonst noch was?"
„Mein Schmusekissen...", meinte er ernst, „ kannst du es mir aus meinem Bungalow holen?"
Claire stutzte.
„Eh...." machte sie, aber bevor sie Weitersprechen konnte, um zu fragen ob das wirklich sein Ernst war, kam ein dreckiges Lachen aus dem Hörer, „ 'n Bier fänd ich toll..." sagte er dann, als er aufgehört hatte zu lachen.
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Why we never had a 2nd Date ©Lina Schön AUGUST 2015
FanfictionClaire Dearing hat gerade ihre Arbeit als Parkleiterin aufgenommen und dann schickt Mr. Masrani sie ausgerechnet zu Owen Grady der so ganz und gar nicht dem entspricht was sie von einem Sicherheitsbeauftragten erwartet. Nur ein Grund warum das e...