#18 | Freedom | ~ Am Tag des ersten Schnees.

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3 Monate sind vergangen.
Sebastian meldete sich nicht und Manuels restliche Familie auch nicht.

Der Wind zog stürmisch durch die Häuser Essens. Auf den Pfützen, des nassen Asphalts, spiegelten sich die Trauer der Menschen wieder. Trauer, die die meisten Menschen nicht bemerken. Und diese leeren Blicke, die all ihre großen Kindheitsträume in die verborgenste Ecke, der Seele verfrachtet haben. Sie sind vergessen, so, als hätten sie niemals existiert.

Die Zeit vergeht nicht schnell oder langsam. Sie vergeht gleichmäßig. Es kommt den Leuten nur so vor, als würde sie anders verlaufen. Entweder sie tun, denken viel zu viel und genießen das Leben nicht, womit sie das Gefühl plagt, die Zeit würde nur so an ihnen vorbei rasen. Oder sie tun rein gar nichts und es ist für sie so, als würde die Zeit fast still stehen.

Das Leben verdirbt uns nicht. Schließlich kann das Leben nichts für das, was wir daraus machen. Es ist die Schuld der Gesellschaft, die die Herzen aller damaligen, lachenden Kinder, verfaulen lässt.

Wozu dagegen ankämpfen? Wozu? Egal, wie sehr man versucht anders zu sein, es bringt nichts.

Solche Gedanken verfolgen Manuel Tag und Nacht. Ablenkung hat schon längst ihren Sinn verloren. Er ist nur noch eine leere Hülle, die er nur von außen betrachten kann. Für ihn, steht die Zeit schon zu lange still.

Einst fiel die kleine Spieluhr zu Boden und der Zeiger erfror.

17:49

Der 23 jährige saß gedankenverloren auf dem Küchenstuhl und blickte nach draußen. Er bekam nichts von dem mit, was Peter und Dani besprachen.

"Das Thermometer zeigt inzwischen 5° an.", seufzte die Braunhaarige und legte das Messgerät wieder an seinen rechtmäßigen Platz.

Ein gelangweiltes: "Hmmm..", bekam sie von Peter als Antwort, "Ist das Essen schon fertig?"

"Du denkst auch nur daran! In fünf Minuten ungefähr, hab' noch ein bisschen Geduld, ja?", schnaubte die Befragte und drehte sich dem Herd zu.

Und wieder ein: "Hmmmm.."

So ähnlich verlief es jeden Abend. Die Atmosphäre ist schon lange nicht mehr die, die einmal herrschte.

Als dann nun die fünf Minuten vorbei waren, beförderte Dani das Essen aus dem Herd und stellte es mit Handschuhen sicher auf die Tischplatte. "So, jetzt ist es fertig."

Nachdem alles fertig auf den Tellern zubereitet wurde, fielen die Worte: "Guten Appetit!"

Automatisch griffen alle Drei zum Besteck und fingen an, den heißen Gemüseauflauf zu schlucken.

Niemand sagte etwas oder tat etwas anderes, als sich immer wieder und wieder noch eine Gabel in den Mund zu schieben, bis die Türklingel die Routine zum Stillstand brachte.

"Erwarten wir Besuch?"

Der schwarzhaarige schüttelte verdutzt mit den Kopf, erhob sich dann und machte sich auf den Weg zur Wohnungstür. Dort angekommen öffnete er mit einem Mal die Tür.

Stille.

Die Kälte des Hausflurs wich langsam in die Wohnung und ließ die Temperaturen schnell um ein paar Grad sinken.

Peter starrte fassungslos in die eisblauen Augen, welche zu Taddl gehörten. Dieser zog nur die Augenbrauen hoch und lehnte sich ein Stück weiter zu seinem gegenüber. Er sprach so leise, dass man genau hinhören musste, um es zu verstehen.

"Du erinnerst dich hoffentlich an meine Worte.."

Der Angesprochene nickte leicht und ließ seinen Blick zur Seite schweifen. Bis jetzt hatte er es verdrängt und nun? Nun muss er sich wohl oder übel von seinem geliebten kleinen Bruder trennen. Oder?

GLPaddl: | Liar | ~ Könnte ich dich hassen?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt