10.

1K 49 1
                                    

Lange saßen wir da und umarmten uns. Michis Atem regulierte sich langsam und er hatte auch aufgehört zu schlurtzen. Vorsichtig löste ich mich von ihm und sah in seine braunen Augen. Diese sahen mich dankbar an. Er fuhr sich einmal durch seine Haare und musterte mich unschlüssig.
Ich lächelte ihm aufmunternd zu und auch er begann schließlich zu lächeln. Endlich.
Er lächelte wieder. Mir hatte es so weh getan ihn leiden zu sehen.
,, Danke", murmelte er verlegen und sah auf den Boden.
,, Schon gut", antwortete ich und hielt ihm meine Hand hin. Er ergriff diese. Seine Hand war schön warm und ich zog ihn auf die Füße. Dann führte ich ihn langsam zum Mischpult und er setzte sich auf den Stuhl. Michi griff nach seinem Cap und setzte es in seiner schräg Lage auf den Kopf. Ich grinste ihn an. Das war der Michi den ich kannte. Mit einem Cap auf dem Kopf und einen schiefen Lächeln.
,, So ", grinste er schließlich, ,, Na dann wollen wir mal anfangen, oder?"
,, Na dann los", erwiderte ich gespielt motiviert. Ich sah mich nach einem Stuhl um.
,, Freut mich zu hören das du dich vor Motivation kaum halten kannst !"
Michi sah mich amüsiert an. Ich wollte etwas erwidern, doch er hatte sich schon dem Computer zugewendet. Ich seufzte und holte mir aus dem Nebenraum einen Stuhl. Den platzierte ich neben Michi und setzt mich.
Eine lange Zeit herrschte stille und Michi klickte etwas am Computer rum. Langsam wurde mir die Situation unangenehm.
Ich räusperte mich und lehnte mich nach
vorne um zu sehen, was Michi dort am Computer trieb. Aber in dem Moment , wo ich hinguckte, stand er auf und ging er durch die Tür, zum Micro. Verdutzt sah ich ihn an, aber er grinste nur. Plötzlich begann eine Melodie und ich lächelte. Ich kannte diese Melodie. Genießerisch schloss ich meine Augen und wippte im Takt mit, bis Michi anfing zu rappen:

Hey,
heute ist wieder einer der verdammten Tage,
die ich kaum ertrage, und mich ständig selber frage,
warum mich all diese Gefühle plagen,
die ich nicht kannte
Ich durch meine Welt und war der König
Doch alles, was mir gefällt, ist mir jetzt zu wenig
Alles was mich kickte, von dem ich nie genug kriegte
,lass ich lieber sein,
denn ich fühl' mich allein.
Du fühlst dich nicht nur allein, Mann,
du bist esDrum lass das Gejammer sein, denn so ist esnun
mal auf dieser Welt. Auch wenn's dir nicht gefällt,schaust du deinen eigenen Film und bist dein eigener Held
Ja Mann, irgendwie hast du ja Recht.Und trotzdem geht's mir schlecht,echt beschissen. Denn ich möchte mal wissen,
welcher Film auf dieser Welt einen Oscar erhält,in dem die weibliche Hauptrolle fehlt.DennSie ist weg –
WEGund ich bin wieder allein, alleinSie ist weg – WEGDavor war's schöner allein zu seinJetzt ist sie weg –
WEGund ich bin wieder allein, alleinSie ist weg – WEGIch raff es nicht ab, was ist daran schlimm,dass ich jetzt nicht mehr der Man für sie bin?Da sitz ich und kack mich zuund beginn zu denken,
dass ich keine andere find
Die eine ist weg – na und?
War sie für dich nicht nur Mittel zum Zweck und Grund,sich hinter ihr zu verstecken? Andere abzuchecken war tabu.
Und jetzt kommst duHmm, wie gesagt, das ist krass, dass ich dachte ich verpass was,wenn ich die Finger von den andern lass
.Was ich machte, denn ich dachte "Diesen Spaß gibst du dir, wenn du die eine nicht mehr hast. Und jetzt — was?Jetzt ist sie weg und ich versteck mich, kläglich.
Hab keine Lust auf andere, also leck mich!Sie ist weg – WEGund ich bin wieder allein, alleinSie ist weg – WEGDavor war's schöner allein zu seinJetzt ist sie weg – WEGund ich bin wieder allein, alleinSie ist weg – WEG
(Jetzt weinst du? Ach, das tut mir aber Leid)Ich erinner mich, wir waren beide verdammt cool.Doch innerlich raffte ich, Spinner ich, null.Denn wann immer ich dachte, ich tu alles für sie,war, was immer ich machte, für mich irgendwie.Mit dieser Philosophie fuhr ich einwandfrei, sorgenfreian ihr vorbei.Ich schätze, bin ein bisschen hochgeflogen, ungelogen,und hab sie dabei mit mir selbst betrogen.Kluge Worte, was?
Hinterher weiß man immer mehr.Doch so sehr ich mich auch dagegen wehr,bleibt es schwer aber wahr: Ich bin leer,denn sie ist nicht da – klar?Ja ja wunderbar, tolle Rede, Mann!Hörte ich dich nicht mal sagen, dich lässt jede ran?
Und jetzt schau dich an!Wo bist du hingekommen? — Ich sag's dir:Sie ist weg und hat mich mitgenommen (mitgenommen, mitgenommen)
Jetzt ist sie weg – WEG und ich bin wieder allein, alleinSie ist weg – WEG
Davor war's schöner allein zu seinJetzt ist sie weg – WEGund ich bin wieder allein, allein Sie ist weg – WEG

Der Beat hörte auf und ich öffnete meine Augen. Michi stand da am Micro und sah mich an. Und etwas lag in seinem Blick, dass mich fesselte.

WiedersehenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt