Kapitel 16 - Ann

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Wiedersehen

Lucy und ich sitzen wie so oft einfach da und reden über Gott und die Welt. Wir könnten uns einfach Stunden lang nur unterhalten. Dazu der bittersüße Geschmack von Whisky und der herbe Geschmack von Tabak. Lucy's raues Lachen schallt durch den Raum und auch wenn mich der Gedanke an Julius kurz aus der Fassung gebracht hat, fühle ich mich nirgends so wohl wie bei Lucy.

Sie grinst und zeigt ihre strahlenden Zähne. Dann springt sie auf und klatscht in die Hände.

,,Ann, ich meins ernst. Heute starten wir was! Ich hab Charlie in der Stadt getroffen und heute Abend kommt sie her. Du kannst noch Julius und die anderen Mitbringen und dann geht's steil!",erzählt sie hektisch und übermotiviert.

,,Ich bin eigentlich zu fertig um heute abend los zu legen, aber Charlotte würde ich schon gern wieder sehen...",gebe ich in etwas nüchterner Stimmung zurück.

,,Also ist es ne beschlossene Sache!"

Nach einer weiteren Stunde auf Lucy's Couch stehe ich unten vor meinem Auto. Ich seufzte tief und zünde mir noch eine Zigarette an.

Noch immer macht sich jeder Schluck Alkohol von gestern als Rückenschmerzen bemerkbar.

Ich dachte über das nach was Lucy gesagt hat. An Charlie hatte ich ewig nicht gedacht. Ich meine ich sehe sie ab und zu. Beim einkaufen, auf Partys, aber verabredet haben wir uns seit Jahren nicht mehr. Dabei waren wir als Kinder sogar mal beste Freunde.
Ich musste grinsen als ich bildlich die alten Fotos von uns sehe.
Immer am Lachen. So viel Lebensfreude. Ich weiß gar nicht wie sie heute drauf ist.

Aber dieser Spruch von Lucy geistert mir im Kopf rum. Vorhin hat sie - als wäre es die beiläufigste Sache der Welt erwähnt :
,,Schreib Charlie doch mal. Immer wenn ich sie sehe fragt sie nach dir und Julius vermisst sie bestimmt auch."

Mache ich mir vielleicht zu viele Gedanken? Ich schüttle über mich selbst den Kopf und steige ins Auto.

Dann krame ich mein Handy raus und suche Charlotte Hamby auf Facebook.
Wir sind nichtmal auf Facebook befreundet muss ich überrascht feststellen.

Ann Northman:
'Hey Charlie, wie siehts aus willst du mal bei mir auf nen Kaffee vorbeikommen? Würde mich freuen :)'

Ich starrte die Nachricht ewig an und las sie durch bevor ich auf senden drückte.

Als ich gerade losfahren wollte ertönte der nervige Facebook-ton.

Charlotte Hamby:
'Hey Anny! Richtig schön, dass du dich meldest. Ich bin gerade bei dir Zuhause in der nähe. Bin in 5 minuten da :*'

Mh...sie ist genau so positiv wie früher. Ein wohliges warmes Gefühl breitete sich in mir aus. Ich möchte Charlie wirklich sehr und wenn wir uns wieder so nahe kommen wie früher wird mir dass vielleicht durch die grauen Tage helfen.

Ann Northman:
'Alles klar. Dann hol ich gerade noch Lucy dazu. Du kannst ja schon mal rein. Julius ist Zuhause. ^^'

Ich rief Lucy an und kurz danach kam sie runter. Sie sah gut aus. Auf ihre schlichte Art. Sie hatte nicht mehr als eine Jeans und einen unbedruckten Pulli an. Aber es hatte einfach Klasse wie sie es trug.

Wir lachten viel auf der Autofahrt, gröhlten zu den immer gleichen Songs und stellten uns vor was wir später mit Charlie alles unternehmen könnten.

Dann stürmten wir regelrecht in die Wohnung und suchten lachend nach Charlie und Julius.

Lucy war in die Küche gelaufen und ich öffnete schwungvoll Julius Zimmer Tür.

Auf seinem großen Bett zuckten zwei nackte erhitzte Körper zusammen und versteckten sich unter der Bettdecke unter der vor wenigen Tagen auch ich überglücklich lag.

Beide sahen mich mich großen Augen an während ich nicht mal überlegen konnte was sie dachten, denn alles in mir krampft sich schmerzhaft zusammen.

,,Hast du sie gefunden, Ann?'',rief Lucy aus dem Flur. Ich rannte an ihr vorbei und stieß sie dabei fast zu Boden. Dann griff ich mit zittrigen Fingern nach dem Autoschlüssel, schlug mit all meiner Kraft die
Tür zu und schwor mir Sie nie wieder zu öffnen.

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