Kapitel 9

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  Charlotte

Auch Stunden nach dem Gespräch mit Emma und Denise in dem Nobelrestaurant, spukten mir Emmas Worte noch im Kopf herum:" Ich würde mich dazu bereit erklären!"
Dass sich jemand mal so für mich einsetzen würde, hätte ich in meinem ganzen Leben nicht erwartet. Irgendwie fühlte es sich gleichzeitig gut, aber auch komisch an. Komisch war ebenfalls, dass ich nicht, wie ich es gewohnt war, in meinem Lager im Wald war, sondern bei Emma zu Hause.
Nach dem Gespräch, das mein Leben total auf den Kopf gestellt hatte, hatte sie mir angeboten mich mit zu ihr nach Hause zu nehmen bis die Sache mit der Wohnung und der Vormundschaft geklärt war.
Eigentlich hatte ich ablehnen wollen, doch als ich Emmas schon fast bittenden Blick sah, gab ich doch nach.
„ In Ordnung," antwortete ich also.
Kurz darauf hatte Emma bezahlt und wir standen auf. Den ganzen Gang durch das Restaurant hindurch wurden uns, oder sollte ich besser sagen mir, verwirrte Blicke zugeworfen.
„ Ignorier sie" riet Emma mir leise und nahm meine Hand.
Ich schaute verblüfft auf unsere ineinander verschränkten Finger. Ein warmes Gefühl breitete sich in mir aus, so als hätte ich gerade eine heiße Schokolade getrunken. In diesem Moment war ich mir sicher, noch nie so viele Gefühle auf einmal empfunden zu haben und dazu noch so schöne.
Vor der Tür verabschiedete sich Denise von uns und ging zu ihrem Auto, das nicht weit entfernt stand. Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass sie mit der neuen Situation nicht einverstanden war. Außerdem verstand ich ihre Rolle in der ganzen Sache noch nicht so ganz.
Ich nahm mir vor, Emma morgen darauf anzusprechen, denn mein Kopf fühlte sich zum Platzen gefüllt an. So viel Neues und Wunderbares war heute auf mich eingeströmt, dass ich das Gefühl hatte, jeden Moment aus einem Traum zu erwachen und festzustellen, dass sich nichts geändert hatte.
Ich wunderte mich schon gar nicht mehr, als ein großes schwarzes Auto vor uns hielt und Emmas Chaffeur ausstieg.
Er deutete einen leichten Knicks an." Miss" und öffnete Emma die Tür.
Emma forderte mich dazu auf einzusteigen und ich krabbelte zum zweiten Mal in weniger als zwei Monaten in Emmas Auto. Sie folgte kurz darauf und der Chauffeur fuhr los.
Während der Fahrt unterhielten Emma und ich uns über belanglose Dinge. Mit jedem Wort, das Emma sagte, wurde sie mir sympathischer.
Schon wenige Minuten später hielten wir wieder und ich sah neugierig aus dem Fenster. Wir hatten vor einem großen weißen Penthouse gehalten. Der kleine Vorgarten sah aus, als würde sich jemand viel Mühe damit geben. Ich hatte das vage Gefühl, dass es nicht Emma war, die sich täglich in die Erde kniete und das Unkraut zwischen den kleinen Pflänzchen herauszupfte.
„ Wir sind da," sagte Emma da auch schon.
Der Chaffeur hielt mir die Tür auf und ich stolperte hinaus auf die Pflastersteine. Ich betrachtete eingehend die Umgebung und stellte fest, dass alle Häuser hier recht teuer aussahen und wie aus dem Ei gepellt wirkten.
Emma hatte sich neben mich gestellt, nachdem sie ihren Fahrer entlassen hatte und kramte nun nach ihrem Haustürschlüssel. Als sie ihn gefunden hatte, lächelte sie mich an und ging die Stufen hinauf.
„ Es ist nichts Besonderes, aber ich denke, du wirst dich wohlfühlen."
Sie öffnete die Tür und ich erhaschte, an ihr vorbei, einen Blick auf einen langen hohen Flur von dem dunkle Türen abgingen und der in einen riesigen kreisrunden Raum führte. Ein Wohnzimmer, vermutete ich.
Hinter Emma betrat ich die Wohnung und schloss die Tür hinter mir. Aus dem Wohnzimmer kam uns ein hochgewachsener, gut aussehender Mann entgegen und steuerte zielstrebig auf Emma zu.
Er gab ihr einen sanften Kuss ( bei dem ich geflissentlich wegsah) und hielt mir dann die Hand hin:" Ich bin Matt, Emmas Freund. Sie hat mir schon so einiges von dir erzählt."
Errötend nahm ich seine Hand:" Nett Sie kennenzulernen."
„ Du kannst du zu mir sagen," lächelte er und zeigte dabei blendend weiße Zähne.
„ Du..." murmelte ich also.
Emma räusperte sich:" Ich zeig dir erst mal alles."

Nachdem sie mich herum geführt und mir alles gezeigt hatte, begaben wir uns in das riesige Wohnzimmer. Ich war noch etwas verblüfft von dem riesigen Haus, ganz besonders von 'meinem' Zimmer, dass sich im ersten Stock befand und in dem ein riesiges Himmelbett stand. Dass es nun meines war, war fast zu schön um wahr zu sein.
„ Hast du Hunger?" fragte Matt mich kaum, dass ich in dem riesigen Sessel Platz genommen hatte.
Ich schüttelte den Kopf. Und tatsächlich war ich nach ewiger Zeit endlich einmal richtig satt.
„ Du bist bestimmt müde," sagte Emma mitfühlend,.
„ Ja, das bin ich tatsächlich," sagte ich lächelnd und gähnte wie zur Bestätigung direkt danach.
Emma grinste:" Soll ich dich noch nach oben begleiten?"
„ Nein danke. Ich finde mich allein zurecht," erwiderte ich freundlich. Ich wollte ihre Gastfreundschaft nun wirklich nicht zu sehr in Anspruch nehmen.
Also stand ich auf und nachdem ich den beiden eine Gute Nacht gewünscht hatte, ging ich nach oben in mein neues Reich.

Emma

Auch Emma lag einige Zimmer weiter wach in ihrem Bett. Matt schlummerte friedlich neben ihr. Sie konnte es ihm nicht verübeln immerhin hatte er morgen bereits sehr früh wieder Training. Obwohl auch sie morgen einen vollgestopften Tag hatte, konnte sie nicht schlafen. Zu viele Gedanken spukten Emma im Kopf herum. Zum einen war sie überglücklich, dass Charlotte sich hier so wohl zu fühlen schien und zum anderen auch traurig, da sie wusste, dass dies nur für eine begrenzte Zeit so war.
Emma konnte das Gefühlschaos gar nicht beschreiben, dass sie empfand. Sie kam sich vor wie eine frischgebackene Mutter, die allerdings mit einem Mädchen im Teenageralter zu kämpfen hatte und nicht mit den vollen Windeln eines Neugeborenen. Gleichzeitig schwebte sie auf Wolke sieben und fühlte sich wie beflügelt.
Emma war gespannt,was die nächsten Tage bringen würden und wie Charlotte sich unter ihrer und Matts Obhut entwickeln würde. Sie war sich ganz sicher, dass Charlotte ein wunderbares Mädchen werden würde, obwohl sie es natürlich jetzt schon war.
Endlich kam auch Emma über all diese Gedanken zur Ruhe und schlief ein.  


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