Kapitel 6

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Heii!
Ich habe alles überabeitet und kann jetzt wieder anfangen, normal zu updaten. Wie gewohnt wird jeden Montag etwas kommen. Hinterlasst mir doch mal Kommentare, damit ich ein paar Meinungen habe :) Und falls ihr Schauspieler oder Models im Kopf habt, die zu meinen Schützlingen passen, scheut euch nicht, sie vorzuschlagen!

„Emely", hörte ich eine Stimme hinter mir. Langsam schloss ich meinen Spind wieder und drehte mich um. Vor mir stand Emma. Sie war vor den Sommerferien meine beste Freundin gewesen, obwohl sie ein Jahr älter war als ich. Nach dem Unfall hatte sie ziemlich hartnäckig versucht, mir zur Seite zu stehen. Meine Entscheidung, alleine zu trauern, war nicht sehr hilfreich dabei gewesen. Letztendlich hatte sie es aufgeben müssen.
Ich nickte ihr einmal zu, bevor ich meinen Blick gen Boden richtete.
Sie seufzte. „Ich weiß, dass du keine Menschen um dich haben möchtest. Aber ich will nur, dass du weißt, dass ich notfalls für dich da bin. Die anderen sind es auch. Du kannst immer zu uns kommen, vergiss das nicht!"
Verwundert sah ich in ihr schönes Gesicht. Ihre blonden Haare, die lang ihren Rücken hinab fielen, umrahmten ihr Gesicht und sie lächelte mich zaghaft an. In ihren blauen Augen, die nicht ganz so stechend waren wie meine, lag ein wenig Mitleid.
Aber genau das war es, was ich nicht wollte. Mitleid. Jeden Tag sah ich es in den Augen der anderen Leute.
Falsch lächelnd nickte ich noch einmal kurz, bevor ich ein leises „Danke." herausbrachte. Sie nickte ebenfalls, lächelte ein bisschen breiter und ging langsam zu ihrem nächsten Unterricht.
Ihr Angebot würde ich nicht annehmen. Selbstverständlich war es wirklich freundlich von ihr, mir das anzubieten, nachdem ich sie ignoriert hatte, allerdings wollte ich keinen weiteren Kontakt. Bei Ben hoffte ich auch, dass er sich irgendwann endlich von mir abwenden würde, zumal ich ihn immer noch nicht leiden konnte und er mich mit seinen unqualifizierten Kommentaren nervte.
Mein Tasche schulternd verwischte ich alle Gedanken, die damit zu tun hatten, und rief mir meinen Stundenplan in Erinnerung. Jetzt war Geschichte an der Reihe.
Wie zu erwarten hatte ich einen Sitznachbarn. Ben. Ohne zu fragen setzte er sich einfach neben mich. Schon wieder. Um nicht mit ihm reden zu müssen, holte ich meinen Block hervor. Die Zeichnung von meinem Vater war noch nicht ganz fertig, also konzentrierte ich mich auf ihre Fertigstellung.
„Guten Morgen", begrüßte uns unsere Lehrerin. Leicht erschrocken schaute ich auf. Ich hatte sie gar nicht bemerkt. Die Klasse grüßte höflich zurück und ich widmete mich wieder meiner Arbeit.
Doch natürlich wurde ich, wie den ganzen Tag schon, von einer sanften Stimme unterbrochen. „Deine Armbänder sehen echt gut aus."
Etwas nachdenklich betrachtete ich sie. Sie sollten etwas verdecken, was ich ihm nicht erzählen wollte. Narben. Ich hatte kurz nach dem Unfall mit dem Ritzen angefangen, war jedoch so unklug gewesen, mir für dieses Vorhaben den Unterarm auszusuchen. Das hatte zwei kleine Narben hinterlassen. Es waren keine richtigen Narben, sie würden nach nicht allzu langer Zeit fast vollständig verschwinden. Aber solange musste ich sie unter meinen Armbändern verstecken. Ich hatte mich an sie gewöhnt, sie gehörten für mich zu meinem Aussehen dazu. Genau wie die tiefen Augenringe und mein dünner Körper.
Glücklicherweise hatte ich mit dem Ritzen aufgehört, da es mir nicht das gewünschte Gefühl brachte. Außerdem war mir das Ausmaß bewusst geworden, es war eine Krankheit. Für manche Menschen sogar eine Sucht.
„Darf ich sie mir mal ansehen?", fragte Ben vorsichtig.
Ich schüttelte den Kopf. Wenn er sie genau unter die Lupe nehmen würde, würden ihm die feinen Linien auffallen. Das Risiko war viel zu groß.
Ben wurde wieder still. Seine Präsenz war dadurch viel angenehmer. Schweigend war er einfach besser zu ertragen.
Ich nahm wieder die Arbeit an der Zeichnung auf, als ich bemerkte, dass Ben sein Buch aufgeschlagen hatte. Schnell schaute ich mich um und entdeckte auf den restlichen Tischen überall offene Bücher.
„Seite 94 Nummer 3", half mir Ben, der meinen unruhigen Blick bemerkt hatte.
Anscheinend wurde uns eine Aufgabe gestellt. Hastig kramte ich das Geschichtsbuch aus meiner Tasche und suchte die Seite.
Ich sah mir die Übung an.
Und verstand nichts.
Wir sollten wohl etwas über den zweiten Weltkrieg aufschreiben, allerdings wusste ich nicht genau, was von mir gefordert wurde.
Während ich vergeblich versuchte durchzusteigen, schien Ben tatsächlich schon fertig zu sein. Ich warf ihm einen leicht verzweifelten Blick zu, den er auffing. Wortlos schob er mir seine Unterlagen zu, damit ich abschreiben konnte. Dankbar nahm ich sie an und begann, seinen Text ein wenig umzuschreiben, um nicht aufzufliegen.
Ich war gerade mit dem letzten Satz fertig geworden, als unsere Lehrerin auch schon die Lösungen vergleichen wollte. Unauffällig gab ich Ben seinen Block zurück und nickte ihm zum Dank einmal kurz zu.
„In Ordnung", entschied meine Lehrerin, nachdem sie ein paar Varianten gehört hatte. „Ich bitte euch, die Zettel beim Verlassen des Raumes auf mein Pult zu legen. Nächste Stunde bekommt ihr sie dann wieder."
„Mist", entfuhr es mir. Ich riss den beschriebenen Zettel aus meinem Schreibblock und hoffte, dass ihr die Ähnlichkeit nicht auffallen würde.
Leicht nervös packte ich meine Sachen zusammen und wartete auf das erlösende Klingeln, das ein paar Sekunden später endlich kam. Wie alle anderen ging ich mit meinem Zettel nach vorne und legte ihn auf den Stapel. Direkt hinter mir war Ben und beim Hinausgehen konnte ich seinen Blick förmlich spüren.
An meinem Spind angekommen, ließ dieser sich partout nicht öffnen.
„Verdammt!", fluchte ich.
„Du hast es wohl nicht so mit Dingen, die man öffnen kann", hörte ich eine spöttische Stimme hinter mir.
Natürlich war es Ben. Er schien ein Talent zu haben, mich immer in den Momenten zu erwischen, in denen etwas nicht so klappte, wie es eigentlich sollte. Ich schloss für einen Moment die Augen und atmete tief ein, um nichts Bissiges zu erwidern. Dann versuchte ich es noch einmal mit meinem Schließfach. Leider blieb mein Versuch erfolglos. Langsam genervt schlug ich einmal mit der Seite meiner Faust zu. Endlich sprang es auf und ich konnte meine Bücher weglegen.
„Und ich dachte immer, Gewalt sei keine Lösung... Doch damit hast du mir das genaue Gegenteil bewiesen."
„Ben", fing ich an. „Ich wäre dir sehr verbunden, wenn du mich in Ruhe lassen und mit deinen Kommentaren verschonen würdest. Das wäre sehr freundlich."
Er wiegte den Kopf abschätzend hin und her. „Tut mir leid, aber das wird nichts. Wen soll ich denn sonst nerven?"
Wieder erschien dieses Grinsen. Genervt seufzte ich auf, schüttelte einmal den Kopf und ging. Ich ließ ihn einfach stehen, während ich mich zur Bushaltestelle begab, um nach Hause zu fahren.


Learning to live (ABGEBROCHEN)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt