F O U R

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Der Wolf steuert auf einen großen, im Mond schimmernden Stein zu. Er stützt sich mit den Vorderpfoten auf den Stein und schaut zu dem Mond hinauf. So verweilt er dort eine Weile. Ich mache es mir an dem Baum bequem, schließe meine Augen und lausche der Stille. Als ich die Augen wieder öffne, sehe ich, wie sich der Wolf in die Pfote beißt und ein paar Tropfen des Blutes auf den Stein fallen. Gebannt starre ich auf diese Szene. Ich kann nicht fassen, was ich da gerade sehe. Dort wo eigentlich das Blut sein sollte, leuchtet nun der Stein auf und das Fell des Wolfes scheint ebenfalls von innen heraus zu leuchten. „Ich werde verrückt", denke ich mir. Das Leuchten verschwindet und der Wolf kommt auf mich zu.

Die Wunde an seiner Pfote ist nicht mehr zu sehen, ich weiß nicht ob sie verheilt ist oder ob ich einfach nichts sehen kann, hier in dieser dunklen Nacht. Als er fast vor mir zum Stehen kommt, kann ich sehen, dass er etwas Rotes im Maul trägt, er legt es zu meinen Füßen. Ich kann einen blutroten Gegenstand erkennen. Ich nehme es näher in Augenschein und denke mir „Das wäre ein schöner Anhänger für meine Kette, die ich zu Hause habe liegen lassen."

„Ich weiß nicht, was der Stein dir bringen soll, aber ich fühle, dass du ihn immer bei dir tragen sollst. Pass gut auf ihn auf." "Das werde ich", stimme ich zu. "Ich werde in deiner Nähe bleiben, am Samstag werde ich am Haus auf dich warten. Es ist besser, wenn ich von hier verschwinde."

Mit diesen Worten läuft er weg und ich beschließe nach Hause zu laufen. Kurz vor unserem Haus stellt sich mir das nächste Problem: Wie kann ich mich zurückverwandeln? Ich konzentriere mich. Vor meinem inneren Auge erscheint ein Bild von mir. Der Wunsch wieder ein Mensch zu sein, wird immer größer.

Der Stein in meiner Schnauze fängt an zu leuchten, er wird wärmer. Ein pulsierendes Licht geht von ihm aus, ich schließe die Augen. Als ich sie wieder öffne stehe ich wieder als Mensch da - mit meinen Klamotten. (Gott sei Dank, wäre sonst ziemlich peinlich geworden.)

Die Sonne geht langsam auf, ich beeile mich - so leise wie möglich, in mein Zimmer zu gelangen. Dort liegt Luce und schläft noch tief und fest. Sobald ich in meinem Bett liege, schlafe ich erschöpft ein.

Durch ein Rütteln an meinen Schultern werde ich geweckt, total müde öffne ich meine Augen. Ich sehe in das breitgrinsende Gesicht meiner Freundin, die sich gerade auf mein Bett stellt und anfängt darauf herumzuhüpfen. (Das war es dann wohl mit schlafen)

Mit einem Schlag fällt mir die vergangene Nacht wieder ein. „Oh bitte nein, dass kann nicht sein", flehe ich innerlich. „Komm, lass uns runter essen gehen, ich habe voll Hunger", schlage ich vor. Meine Freundin nickt nur. Wir gehen die Treppen runter, obwohl man das eher trampeln nennen sollte.

Unten angekommen erwartet meine Mum uns schon, mit frischen Brötchen. Diese verschlinge ich hungrig - allein vier Brötchen werden von mir ermordet. (Warum habe ich einen solchen Hunger?) Nach dem Essen gehen Luce und ich in mein Zimmer und spielen SingStar. Luce meint immer, dass sich meine Stimme schön anhören würde, doch das kann ich nicht so wirklich glauben.
Von unten ruft meine Mutter: „Luce, es ist Zeit, du musst nach Hause, sonst macht sich deine Mutter wieder unnötige Sorgen."
Ich helfe noch, ihre Sachen nach unten zu tragen und wir umarmen uns noch zum Abschied. Mir fiel der Abschied von meiner besten Freundin echt schwer. (Was wir schon alles durchgemacht haben. Ich weiß noch wie wir zusammen Julia den besten Streich in der Geschichte gespielt haben. Woah, das werde ich nie vergessen, wie wir das Furzkissen auf ihren Stuhl gelegt haben und dann ihr achsogeliebetes Kissen darüber legten. Das geilste war echt, als die sich draufsetzte und so ein langes, lautes: PPFFRRRRRRRR! durch die Klasse schalte. Gott, danach hat es gestunken wie sau, aber die hatte das echt verdient. Nach der Aktion hat die 3 Wochen bevor sie sich hingesetzt hat unter dem Kissen nachgeschaut.) Als ich aus meinen Gedanken wieder auftauche ist Luce schon hinter der nächsten Ecke verschwunden. (Ja, das war echt eine klasse Zeit.)

WolfsblutWo Geschichten leben. Entdecke jetzt