T H R E E

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Zu Hause angekommen, schickt mich meine Mutter sofort ins Bett. Dabei gehe ich an Lola vorbei, die schlafend am Kamin liegt. Richtig verwöhnt.

Ich bin erschrocken wie müde ich wirklich bin, denn als ich da so auf dem Bett liege überkommt mich eine unüberwindbare Müdigkeit und reißt mich in einen tiefen Schlaf.

„Ich finde mich auf einer großen Lichtung wieder, es ist total schön dort. Die Wiese ist voller blauen Blumen, am Rande ist ein kleiner Teich und alles ist umringt von hohen, majestätischen Bäumen. Ich bewege mich auf den Teich zu, während ich gehe, flammt so ein merkwürdiges Gefühl in mir auf. Der Teich ist wunderbar klar und lädt zum Schwimmen ein. Als ich mein Spiegelbild sehe, bin ich total geschockt. Mir blickt ein schwarzer Wolf entgegen, dort wo eigentlich mein Spiegelbild sein sollte. Ich taumle verwirrt zurück. Nein, das kann nicht sein, dass war nur eine Halluzination, ja genau das ist es. Um die Bestätigung zu bekommen, dass ich mich geirrt habe, gehe ich noch einmal zum Teich. Nein, leider habe ich mich nicht geirrt. Ich kann immer noch diesen schwarzen Wolf mit diesen dunkelblauen Augen sehen, die ich selber am besten kenne."

Das nächste was ich spüre ist ein kaltes nasses etwas. Ich schlage erschrocken die Augen auf - kann aber nichts sehen. Hysterisch schlage ich um mich und will mir die Augen reiben. Ich spüre unter meinem Fingern ein weiches, nasses Tuch. Luce kann sich vor Lachen nicht mehr auf der Bettkante halten und fällt Rückwärts runter.

Da liegt sie nun zwischen all den Tüten und Geschenken. Moment mal! Was sind das für Sachen da in meinem Zimmer? „Hä? Was hast du dir nur dabei gedacht mich so mies zu wecken? Du weißt genau das ich das nicht leiden kann." Meine ich halb lachend, halb müde. Es vergehen keine 2 Sekunden nachdem ich das ausgesprochen habe, da liege ich auch wieder in meinem Bett, eingekugelt vor Lachen.

Nach einigen Minuten lachen haben wir uns wieder einkriegt. Wir sitzen im Schneidersitz auf meinem Bett und betrachten die Tüten. „Also, die Pinke ist von Julia. Ich bin mir fast sicher, dass da irgendwas mit Schminke oder Parfüm drinnen ist. Die Hellblaue da ist von mir, aber die bekommst du ganz zum Schluss. Hier die", sie reichte mir eine dunkelrote Tüte, „ist von Mark. Er war total traurig und besorgt, dass du die Woche nicht in der Schule warst. Ich glaube er steht auf dich. So wie er dich immer anschaut und dich anbetet."

Wir stehen beide wieder kurz vor dem ultimativen Lachflash, retten uns aber noch in letzter Sekunde. Ich betrachte die rote, liebevoll mit einer schwarzen Schleife verschlossene Schachtel, die ich soeben aus der Tüte genommen habe. Junge, der Typ steht auf Rot, ziehe an der Schleife und nehme den schwarzen Stoff weg. In der Schachtel ist ein grauer Plüschwolf und eine Schachtel mit herzförmigen Pralinen. „Woah, er steht echt auf dich!" ruft Lucy in den Raum.

Oh Gott, hoffentlich hat meine Mum das gerade nicht gehört. Ich will ihr nicht wieder erklären müssen, dass ich nichts von ihm will und dass alles in Ordnung ist. Das letzte Mal als sie sich so was zusammen gereimt hat, musste ich mir 2 Stunden lang anhören wie schnell es passiert, dass man Schwanger wird und das ich ja aufpassen muss. Woah, ne so was tu ich mir nie wieder an!

Genervt von dem Gedanken, dass meine Mutter Luces Aufschrei gehört haben könnte, lege ich Marks Geschenk beiseite. Und nehme mir das nächste. Es ist ein kleines, orangenes - ich schätze von Marina. Es ist hart und rechteckig. Ich packe es aus und sehe ein Buch mit dem Titel „Bei dem Leben meiner Schwester".

Laaaangweilig. Man merkt, dass sie nie großartig mit mir geredet hat, denn sonst würde sie wissen, dass ich nur Fantasy lese, andererseits sollte ich nicht so undankbar sein. Ich werde meine Klasse vermissen. Auch wenn ich schon viel von denen ertragen musste - gutes und schlechtes.

Die Zeit vergeht wie im Fluge, wir vergessen die Zeit. In der einen Ecke meines Zimmers befinden sich jetzt die ganzen Papierreste der Geschenke und in der anderen Ecke sind die Geschenke - manche gut, manche dafür gemacht, um sie in die Tonne zu klatschen. Wie zum Beispiel das von Julia - was soll ich bitte mit einem Schminkkoffer? Ich schminke mich doch eh nie.

*ping* Meine Mutter ruft von unten: „Pizza ist fertig. Kommt ihr?" Sofort sind wir in der Küche. Luce und ich sind beide so verfressen und wenn es sich dann auch noch um Pizza handelt, sind wir gar nicht mehr zu halten.
Unten nehme ich mir meine Mozzarellapizza - ich bin nämlich Vegetarier. Meine Freundin nimmt sich die Salamipizza.
Genüsslich essen wir sie, wir lassen uns dabei Zeit.
Als wir fertig sind und das schmutzige Geschirr wegräumen, machen wir das Radio an und singen lautstark mit.

Danach gehen wir wieder in mein Zimmer, reden über dies und das. Ich bin wieder auf dem neuesten Stand. Immer wenn ein neues Gerücht verbreitet wird, bin ich die Erste, die gefragt wird, ob dies auch stimmt - ich belausche meistens meine Mitschüler - wieso sollte ich auch im Unterricht aufpassen?

Ich schaue auf die Uhr und erschrecke, es ist schon 23 Uhr. Wie schnell die Zeit doch vergeht. Wir gehen ins Bett und schlafen schnell ein.

Total aufgewühlt wache ich auf, ich weiß nicht wieso, aber mich beschleicht ein merkwürdiges Gefühl. Ich versuche mich zu beruhigen. Während ich zu Luce gucke, die friedlich schläft, denke ich doch noch einmal darüber nach. Ich beschließe, nach draußen zu gehen, an meinem Lieblingsplatz konnte ich schon immer gut nachdenken. Ich schleiche mich an dem Schlafzimmer meiner Mutter vorbei, wo ich sie leise schnarchen höre. Unten liegt Lola im Wohnzimmer, ich gebe mir Mühe, ich will ja nicht auffliegen - ich habe es schon fast geschafft.

Draußen angekommen, lass ich mich auf meine Schaukel sinken, die ich mit Luce vor drei Jahren an den Baum gehangen habe. Ich schaukle leicht hin und her, mir fällt der Traum von heute Mittag wieder ein. Ich frage mich was das zu bedeuten hat. Ich bin der Meinung, dass man nicht ohne Grund träumt.

Ein stechender Schmerz durchfährt mich. Mein Rücken biegt sich durch. Alle meine Knochen schmerzen. Ich fühle mich als würde mein Körper zerreißen. Ich beuge mich nach vorne, sodass ich auf Händen und Füßen stehe.

Ich schaue an mir herunter und sehe statt meinen Händen Pfoten - ziemlich erschreckend. Ich renne zu einem nahegelegenden See und betrachtet mich auf der Wasseroberfläche. Ich sehe einem schwarzen Wolf entgegen. Oh, Gott, das bin doch nicht ich, oder?

Ich bekomme Panik. Wie kann ich mich zurückverwandeln? Oh mein Gott, ich bin ein Monster! Ich habe Halluzinationen, ja genau. Oder noch besser, ich träume nur.

Mechanisch laufe ich in den Wald, ich brauche Zeit für mich alleine. Was mache ich bloß? Der Wald kommt mir ganz anders vor, ich kann viel besser im Dunkeln sehen und ich höre leises Rascheln hinter mir. Rasch drehe ich mich um und kann erkennen, dass es ein Hase ist. Wieso sind meine Sinne so geschärft? Hängt das alles mit dem Wolfssein zu tun? Das kann nicht echt sein. An einem gemütlich aussehenden Baum lege ich mich hin.
Ich höre ein Geräusch, ich schaue auf und sehe den grauen Wolf. Er sieht genauso aus wie der, der mich angefallen hat.
Ich höre eine tiefe, knurrende Stimme in meinem Kopf: Es tut mir leid, das wollte ich nicht. Ich wusste nicht was dir mein Gift antun würde."

Woher kommt die Stimme? Stimmen zu hören ist kein gutes Zeichen. Ich glaube, ich lasse mich in die Psychiatrie einweisen.
"Beruhig dich doch einmal. Ich bin's, der Wolf der vor dir steht. Mein Name ist Balto. Als ich dich gebissen habe, ist etwas von meinem Gift in deinen Blutkreislauf geraten. Wegen mir, kannst du dich verwandeln. Ich bin schuld daran, dass du nicht mehr normal bist" macht sich Balto Vorwürfe.
Ok, ich verstehe dich. Keine Sorge, ich nehme dir das nicht krumm. Das ist nicht meine Art, ich kann niemandem böse sein. Aber wieso höre ich dich in meinem Kopf? Warum kann ich meine Gedanken mit dir teilen?

"Durch mein Gift, hast du dir meine Fähigkeiten angeeignet. Du musst wissen, dass ich ein genmanipulierter Wolf bin, der auf der Flucht ist. Ein Arzt, der keine Skrupel vor der Natur hat, verunstaltet jedes Lebewesen, das ihm vor die Nase kommt. Ich bin der einzige Überlebende von meinem Rudel", sagt Balto traurig.
Mitleid überflutet mich. Bist du denn sicher in diesem Wald?
Komm doch mit mir. In drei Tagen werde ich zu meinem Vater ziehen. Er lebt in La Push, dort ist ein riesiger Wald mit vielen anderen Wölfen.

Balto scheint zu überlegen und stimmt dann zu. Mir fällt auch schon ein, wie ich ihn in den Transporter kriege. Wie kann ich mich zurückverwandeln? "Tut mir leid, dass weiß ich leider nicht genau. Ich habe aber eine Ahnung", mit diesen Worten geht der Wolf zu einem großen Stein.

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