Klassenfahrt. Eigentlich ein ziemlich cooles Wort, oder? Okay, bis jetzt gab eigentlich immer irgendein Drama oder einen Streit, der das ganze ein bisschen vermiest hat -aber dieses Mal nicht!
Unsere Stufe hat nicht an Kosten und Mühen (und einer Menge Schleimerei) gespart, um uns die tollste Abschlussfahrt überhaupt zu bescheren.
Grinsend hake ich mich bei meiner besten Freundin, Leonie ein, als wir auf dem Touristen-überlaufenen Platz vor den römischen Katakomben stehen. Das wohl Aufregendste gleich zu Anfang, die antiken Grabmäler unter der Erde sind für mich irgendwie das Highlight dieser Reise.
Auch Leonie schwatzt ausgelassen mit unseren Freundinnen Clara und Sophie hinter uns in der Schlange, und dreht sich dann strahlend wieder zu mir um, als sich unser großes Grüppchen in Gang setzt und wir von unserer Lehrerin abgezählt werden... "Bereit, Ina?" Haucht Leonie mir verschwörerisch zu, und ihre grünen Augen blitzen gefährlich unter den nachgezogenen Brauen hervor. "Klar! " lache ich, und zwinkere ihr zu.(Wir sind nur im Duo zu haben, Leonie und ich, was auch wirklich praktisch ist, wenn man bedenkt, womit wir uns so die Zeit vertreiben. Comics, Horrorfilme, Badminton, ... Es ist, als gäbe es kaum etwas, bei dem wir nicht einer Meinung sind. Manchmal machen wir auch dieses ganze peinliche Klischeezeug, unsere Sätze gegenseitig beenden oder mit zwei Strohhalmen aus dem selben Becher trinken und so.)
Jedenfalls sind Leo und ich beide ziemlich begeistert von unserem Ausflugsziel. Unsere Touristen- Führerin erklärt vorne irgendwas, aber leider verstehe ich nur die Hälfte... Über die ersten Christen, das riesige Ausmaß ihrer Grabanlagen, warum so viele Kindergräber darunter sind, das verstehe ich noch, den etwas religiöseren Teil verpasse ich von hier hinten. Irgendwas darüber, dass diese Grabstätte als "heiliger Tempel des letzten Schlafes" galt, und wie wichtig es den Christen war, ihren Titel zu bewahren, oder so ähnlich. Angeblich soll ein jeder, der den Titel der Katakomben entweiht hat, hart dafür bestraft worden sein.
"Vielleicht dürfen wir deshalb keine Fotos machen?" gluckst Leo, und verdreht die Augen. "Damit wir die ach-so-heilige-Ruhe von Leuten nicht stören, die nicht mal mehr in den Gräbern drin liegen? Oder doch eher, damit die Postkarten so schön teuer werden können?" Sie regt sich noch den ganzen Vortrag unserer Leiterin lang im Flüsterton bei mir darüber auf. Leo kann Aberglaube und Hokus-Pokus-Theater nicht ausstehen. Einer der Gründe, weshalb ich sie so gern hab.
Und dann geht es auch schon los, und ein paar morsche Treppenstufen später finden wir uns mitten in den Katakomben wieder, kaum beleuchtet, kalt und feucht, elf Meter unter der Erde, mitten in einer Grabstätte- ich bin so aufgeregt!! Die Führung geht weiter, hier und da halten wir inne und bekommen etwas erklärt, aber die meiste Zeit besteht aus einem hindurchwuseln durch schmale Gänge in deren Wänden düstere Löcher klaffen. Löcher, in denen vor langer Zeit mal tote Menschen lagen...
Nach etwa zwanzig Minuten ist die Führung auch schon vorbei. Ich blinzle gegen das viel zu helle Tageslicht und bin eigentlich recht erleichtert. Es war toll da unten, aber jetzt langsam reicht es mir dann auch.
Erst, als Frau Schnabick, unsere Lehrerin, beginnt, uns durchzu zählen, fällt mir verwundert auf, dass ich Leonie nirgendwo entdecken kann. Frau Schnabick, Clara und Sophie sind ebenso verwirrt. "Ob sie noch auf dem Klo ist?" unsere Lehrerin wird langsam nervös. Ich sehe bei den Toiletten nach, Fehlanzeige.
Gleich darauf, nachdem alle befragt wurden, aber niemand etwas von ihr gesehen hat, mache ich mir Vorwürfe... ich hätte bei ihr eingehakt bleiben, oder ihre Hand festhalten sollen! Wir sollten uns eigentlich nicht alleine durch die Katakomben bewegen, ich war einfach so neugierig...
Frau Schnabick und ich sollen kurz darauf unsere Touristen-Führerin noch einmal allein in die Katakomben begleiten, es weiß eigentlich jeder, dass ich Leonies beste Freundin bin. Mir wird mulmig zu Mute... Was, wenn sie sich verirrt hat? Schon eine viertel Stunde allein hier drin wäre der Horror für mich, und die Gänge sind so unübersichtlich! Frau Schnabick ist ganz blass geworden und greift fest nach meiner Hand. Normalerweise wäre das komisch, aber jetzt gerade ist es ein Trost.
Wir streifen fast eine halbe Stunde durch die Gänge. Mir ist so kalt geworden, dass ich nicht aufhören kann, mit den Zähnen zu klappern, während ich immer wieder Leos Namen rufe. Auch unsere Leiterin sieht besorgt aus, so etwas sei ihr noch nie passiert, betont sie immer... Und wir rufen weiter nach ihr. "LEONIE!! LEO? WO BIST DU??!" kreische ich irgendwann, völlig verzweifelt, Tränen strömen mir über die Wangen, während wir uns in andere Gänge begeben, schmutziger, schlechter beleuchtet und enger als alle zuvor.. Wir nähern uns der Absperrung, den Bereich, der für Archäologen reserviert ist, weil einige Leichen dort vielleicht noch intakt und in den Gräbern erhalten sein könnten...
"LEEEEONIEEE!!!!"
Auch, wenn es sehr unwahrscheinlich ist, dass es sie so tief in diese Gemäuer verschlagen hat, gehen wir immer weiter, immer weiter.. Was unsere Gruppe wohl mitlerweile macht? Ob Eltern angerufen werden, die anderen Lehrer bei ihren eigenen Ausflügen unterbrochen werden? Ob jemand die Polizei verständigt? Irgendwas??
Aber wir können nicht ewig weitergehen. Unsere Touri-Führerin hat jeden freundlichen Ton verloren, als sie uns erklärt, dass wir nicht weiter können, weil es hier unten ein Stück weiter nicht mehr sicher ist. Ich fange an, laut zu schluchzen. Das darf doch wohl nicht wahr sein! Wo bist du, Leo? WO?
Und dann läuft es mir eisig den Rücken herunter, als eine mir nur allzu bekannte Stimme aus einem der Grablöcher dringt und mir auf meinen unausgesprochenen Gedanken antwortet.
"Hier."
"LEO!??!" Brülle ich entsetzt und drehe mich um, - wobei ich meine verdatterte Lehrerin mitreiße, die wohl nichts gehört zu haben scheint-
Aus einem Grabloch, wenige Meter hinter uns, hängt ihre Hand heraus. Leonies Hand, bewegungslos im Lichtkegel der schwachen Lampe.. Und in dem schrägen, eingefallen Grabloch rutscht ihr Körper ein Stück vor, sodass auch ihr Gesicht im Licht liegt. Ihr totes, ausdrucksloses Gesicht.
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Halloween Countdown
Mystery / Thriller{ Darfst du auch nach Halloween gerne noch lesen :D } ~Willkommen, ihr Nachtschwärmer! Ganz recht, die Zeit der offenen Friedhofstore und düstren Mächten, sie rückt heran! Noch eh der Mond ein halbes Mal wiedergeboren ist, schließt sich der Kreis u...