Die Sonne war noch kaum zu sehen, der Himmel explodierte am Horizont in einem leuchtendem Rot und die Berge waren nur schwarze Schatten.
Es war hier früh am Morgen, aber ich hatte im Flugzeug keinen Schlaf gefunden und war nun dementsprechend müde. Andauernd fielen mir die Augen zu, obwohl ich viel lieber die wunderschöne Landschaft bestaunen wollte.
Felix und ich hatten es uns auf der Rückbank des Taxis bequem gemacht und nun lag sein Arm um meine Schultern, während er den Reiseführer las, auf dessen Umschlag in großen, grünen Lettern "Venezuela für Abenteurer" stand. Ich kuschelte mich ein wenig enger an ihn und bevor ich mich versah, war ich eingeschlafen.
Kichernd lief ich über die blumenbewachsene Wiese, direkt in die Arme meiner Mutter. Lachend hob sie mich hoch, drehte sich mit mir zusammen in Kreis, schneller, schneller, immer schneller, sodass ich Umgebung nur noch als farbigen Schleier wahrnahm. Meine Mutter hörte sich nicht auf zu drehen, mir wurde übel. Ich weinte und schrie, doch sie hörte nicht auf und als ich ihr wieder ins Gesicht sah, war die Person nicht mehr meine Mutter, sondern Felix, doch auch er hörte trotz meinem Flehen nicht auf, die Geschwindigkeit steigerte sich sogar noch, weshalb ich gezwungen war, meine Augen zu schließen. Es schien eine Ewigkeit zu vergehen, die ich wimmernd und klagend verbrachte. Langsam, langsamer und immer langsamer wurden die Drehungen, bis wir still standen. Bei dem Anblick der gerade eben noch wunderschönen Weide stockte mir der Atem. Keine einzige Blume war mehr blühend, kein Baum mehr belaubt, alles war grau, verkohlt und tot. Ich sah zurück zu Felix und hörte nur meinen spitzen Schrei. Sein Körper war übersät mit eitrigen Fleischwunden, aus denen Maden und deren Larven krochen. "May", sagte das Geschöpf, das meinem Felix so ähnlich sah und doch waren Welten zwischen ihnen. Als er den Mund öffnete quoll Blut und Schleim zwischen seinen Zähnen hervor und er lächelte mit zu. Doch seine Augen wirkten nur bedrohlich und tot.
"May! Wach auf!".
Ich öffnete meine Augen und versuchte meine Gedanken zu ordnen. "Alles ist gut, es war nur ein Traum. Ich bin da, alles ist in Ordnung. May, atme tief durch, alles ist gut". Schluchzend lag ich in Felix Armen und schnappte nach Luft.
Irgendwann war es vorbei. "Was war los? Du hast auf einmal angefangen zu schreien und wolltest nicht aufwachen. Ist alles in Ordnung? Brauchst du irgendetwas?". Besorgt sah er mich an, doch ich schüttelte nur mit dem Kopf. "Es war ein Alptraum. Ein schrecklicher und bitte ich möchte nicht weiter darüber nachdenken. Es ist alles wieder gut". Mein Herz schlug mir zwar immer noch bis zur Brust, aber Felix dunkle Augenringe zeigten mir, dass er selbst Ruhe brauchte. Ich legte mich also wieder neben ihn und beruhigt schloss er die Augen, nur Sekunden und sein Atem hatte wieder einen regelmäßigen Rhythmus. In letzter Zeit schlief er viel und lange, wenn er denn überhaupt konnte, aber vielleicht plagte ihn einfach ein heftiger Jetlag, deshalb versuchte ich mir keine weiteren Gedanken darüber zu machen. Er arbeitete viel, da war es doch nur normal, dass er nicht so schnell seinen Schlaf fand.
Für mich war an Schlaf aber nicht zu denken. Jedes Mal aufs Neue blitzten die schrecklichen Bilder meines Traums auf, wenn ich meine Lider schloss.
Als ich auf die Terrasse unserer kleinen Hütte trat, stand die Sonne hoch am Himmel. In Venezuela herrschte nun mal eine ganz andere Zeitzone als in Spanien, kein Wunder, dass ich kein Auge mehr zu bekam.
Als ich meinen Blick über das wunderschöne Szenario unter mir schweifen lies, bereute ich es keine Sekunde, eingewilligt zu haben zwei Wochen hier zu bleiben. Wir könnten durch Nationalparks wandern und an Wasserfällen rasten. Wir könnten an die Küste fahren oder die Anden bestaunen. Es gab hier so viel zu tun und trotzdem lag eine Entspanntheit über der Landschaft, von der man sich nur zu gerne anstecken ließ.
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New Year New Fear | Dner & Izzi FF|
FanfictionDer Nachthimmel war nun vollständig schwarz und nur die kleinen, hellen Punkte im Himmelszelt ließen Izzis Augen glitzern. "Ich wünschte wirklich, es wäre anders", durchbrach Izzi die Stille. Ich auch, er konnte sich gar nicht vorstellen, wie sehr...