Am nächsten Morgen wachte ich in Gin's armen auf. Seine muskulösen arme umschlangen mich und ich fühlte mich geborgen. Ich streichelte seine unglaublich weichen Haare. Er schlief wohl noch tief und fest. Ich lächelte doch dann spürte ich, wie mir plötzlich übel wurde. Ich rannte auf die Toilette und übergab mich. Das hatte ich davor noch nie. Ich wusste nicht, was mit mir los ist. Ich sah in dem Spiegel, dass Gin richtung Bad gelaufen kam. Er kratze sich am hinterkopf und seine Augen waren noch ganz klein. Er sah, wie ich vor der Toilette sitze und sah mich mehrere Sekunden an. Ich glaube, dass er noch im halbschlaf war und nicht ganz realisierte, dass ich da saß. Er trug nur eine Boxershort und ich erschrack. Was wenn meine Eltern ihn so sehen? Schnell stand ich auf und merkte, wie mir schwindelig wurde. Erschöpft fiel ich in Gin's Arme, der mich weich auffing. Ich merkte, wie ich meine eigene Hand nicht mehr vor den Augen erkannte. Der ganze Raum schien mir plötzlich fremd und ich konnte nichts mehr erkennen. Im nächsten Augenblick wurde es mir schwarz vor den Augen.
An das nächste, an das ich mich erinnern kann ist, dass ich auf einem Futon auf dem Boden aufwachte. Um mich herum saßen meine Eltern und Gin. Sie redeten doch ich konnte sie nicht hören. Als Gin bemerkte, dass ich meine Augen geöffnet hatte, lächelte er erleichtert und küsste meine Stirn. Meine Mutter kam besorgt zu mir gelaufen und legte ihre Handfläche auf meine Stirn: »Hotaru liebes... Ich glaube du bist Krank. Deine Stirn ist ganz heiß!«
Auch mein Vater sah mich besorgt an. Diesen Blick hab ich davor noch nie bei ihm gesehen. »Das ist gar nicht gut. Vorallem, weil heute auch noch die Beerdigung ist.«
Ich zuckte zusammen. Die Beerdigung ist heute? Das war so typisch für mich. An den unpassendsten Tagen werde ich Krank. Das war schon als Kind so. Wenn wir einen Schulausflug gemacht haben oder eine Stunde ausgefalle ist, lag ich immer krank im Bett. Das Schicksal mochte mich offensichtlich nicht.
»Das passt schon! Mir geht es bis dahin sicher schon viel besser!«
Schrie ich und versuchte aufzustehen. Meine Mutter drückte mich jedoch wieder auf den Futon und meinte, dass ich jetzt ruhe brauchte. Ich durfte die Beerdigung nicht verpassen. Nicht von ihm. Das ist das letzte mal, dass ich ihn sehen kann... mehr oder weniger. Das will ich auf gar keinen Fall verpassen. Gin brachte mir heißen Grüntee, mein lieblingstee. Ich nahm einen schluck und bemerkte, wie ich plötzlich ganz müde wurde. Ich entspannte mich und im nächsten Moment war ich auch schon eingeschlafen.
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»Hotaru? Wach auf, das Abendessen ist fertig.«
Ich spürte eine warme Hand auf meiner Wange und schluck die Augen auf. Vor mir stand Gin in einem schwarzen Anzug und einer ebenso schwarzen Krawatte. Ich blinzelte ein paar mal und fragte ihn, wie spät es ist. Als er sagte, dass es schon fast 20 Uhr ist sprang ich erschrocken aus dem Bett. Habe ich wirklich die Beerdigung von meinem Onkel verpasst? Ich spürte, wie mir Tränen über die Wangen rollten. Ich hob meine Hände vors Gesicht und fing an zu schluchtzen. Ich kuschelte mich in Gin's ausgestreckte arme und heulte mir die Seele aus dem Leib. Gin streichelte behutsam meine Haare, was sehr angenehm war. Obwohl ich meinen Onkel nur jedes Jahr einmal und nur für ein paar Wochen sah, war er für mich eine bezugsperson und auch ein sehr wichtiger Teil meiner Familie. Er nahm viele Sachen mit Humor und bei ihm durfte ich immer Sachen machen, die ich zuhause nicht durfte. Seine Beerdigung zu verpassen, war das schlimmste, was mir diesen Sommer hätte passieren können. Nachdem ich mich an Gin's Schulter ausgeheult hatte, sah ich ihm wieder in seine wunderschönen Augen. Er lächelte und strich meine Tränen von der Wange. Ich musste auch lächeln und küsste Gin kurz auf den Mund. Danach umarmte ich ihn fest und stand dann auf. Gin sagte ja, dass es Abendessen gab.
Unten wurde ich schon sehnlich von den anderen erwartet. Meine Mutter schob meinen Stuhl vom Tisch, damit ich besser drauf sitzen konnte und als ich drauf saß, schob sie ihn mir wieder an den Tisch. Mir ging es schon deutlich besser als heute morgen. Aber als ich alle in ihren schwarzen Kleidern oder Anzügen sah, wurde ich wieder traurig. Meine Mutter sagte, dass sie nur die engere Familie eingeladen hat zum essen. Die anderen Gäste sind davor wieder nachhause gegangen. Zur feier servierte meine Tante mein früheres Lieblingsgericht. Doch ich aß nicht wirklich etwas davon. Nachdem ich 1-2 mal darin rumgestubst hatte, schob ich den Teller von mir weg und saß still da. Ich verstand nicht, wie meine ganze Familie jetzt so froh und ausgelassen sein kann. Meine Tante fragte mich, warum ich so traurig bin, doch ich wusste nicht, was ich ihr darauf antworten soll. Ich schaute auf den Boden und spielte mit meinen Daumen. Gin neben mir schien es zu bemerken und schaute mich besorgt an. Ich setzte ein Lachen auf und tat so, als ob nichts gewesen sei.
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Den restlichen Abend verbrachten meine Familie unten und redeten über alles mögliche. Ich saß oben auf meinem Futon und sah in den dunklen Nachthimmel.
»Heute ist Vollmond.«
Ich erkannte die Stimme meines Cousins und drehte mich erschrocken um. Er kam zu mir gelaufen und setzte sich neben mich. Er starrte mit mir in den Himmel und nach einer Zeit wurde ich schläfrig. Ich lebte meinen Kopf auf seine Schulter und schlief sofort ein.
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Als ich am nächsten Morgen aufwachte, fühlte ich mich wieder nicht so gut. Auch in den darauffolgenden Tagen ging es mir immer zunehmend schlechter. Meine Eltern mussten nach einer Woche schweres Herzens wieder abreisen. Sie liesen mich ungern alleine, wenn es mir nicht gut ging. Auch meine Tante und mein Cousin gingen kurz darauf. Sie konnten nun in die neue Wohnung ziehen und ich musste ihnen versprechen, schnell wieder Gesund zu werden.
Nachdem wieder ein paar Tage vergangen sind und es mir immer noch nicht besser ging, fragte ich mich ernsthaft was ich hatte. Mein Immunsystem war noch nie sonderlich gut aber dieses mal gab es sich gar keine mühe. Gin wurde auch immer verzweifelter, weil er nicht wusste, was er dagegen tun konnte. Meine Eltern riefen jeden Tag bei uns an, um zu sehen, ob sich mein Zustand verbessert hat. Nachdem ich nach 2 Wochen immer noch krank im Bett lag beschloss meine Mutter für die nächste Woche nach dem rechten zu gucken. Ich hoffte, dass sie mir wenigstens ein wenig helfen kann. Mit einem roten Filzstift makierte ich die nächste Woche um den Besuch meiner Mutter nicht zu vergessen. Als ich den Kalender genauer betrachtete erschrack ich und rante zum Badezimmer...
Jetzt wurde mir alles klar...
Die Nacht mit Gin...
Das war wohl am falschen Tag...
Mit letzter Kraft suchte ich Gin im Haus und fand ihn dann schließlich draufen auf der Veranda. Als ich aus der Tür kam, kam er sofort zu mir gelaufen und nahm mich in den Arm.
»Geht es dir wieder besser?« fragte er mich mit einem blick aus freude und besorgnis.
»Gin....«, fing ich an, »ich glaub ich weiß jetzt, warum es mir so lang so schlecht ging.«
Gin sah mich überrascht an: »Achja und wieso?«
Ich räusperte mich und holte tief luft:
»Ich glaub... ich bin Schwanger...«
Gin gefrierte zu einem Eisberg doch dann fingen seine Augen an zu Glitzern und sein Mund formte sich zu einem breiten grinsen. Er drückte mich fest an sich und küsste mich dann länger als sonst. Ich sah, wie er sich eine freuden Träne aus dem Gesicht strich und musste kichern. Ich war froh, dass Gin es so toll fand und er sich wohl sehr darüber freut. Ich freute mich auf die nächste Woche, wenn ich es meiner Mutter persönlich sagen kann, denn am Telefon will ich ihr das nicht erzählen.
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hotarubi no mori e -was wäre wenn....
Fanfiction»Ich liebe dich.« Das waren die letzten Worte, die ich von ihm gehört habe. Mittlerweile ist ein Jahr vergangen, seit er verschwunden ist und ich war wieder auf dem Weg zu meinem Onkel. Aber was ich da erlebte, hätte ich mir nicht einmal im Traum v...