Vollmond

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Der Wind weht mir durch die Haare. Das Licht des Mondes bleicht meine Haut noch mehr. Ich sitze auf dem Dach vom Anwesen in meiner Dämonengestalt (siehe Kapitel 2). Ich lasse meine Beine vom Dach schaukeln und genieße die so herrlich Aussicht. Es ist der höchste Punkt, so kann ich auch in die so still gelegte Stadt sehen. Alles ist ruhig. Die Dunkelheit ruht auf den Leuten. Sie ruhen sich aus von ihrem langweiligen Alltag. Langweilig. Das ist mir auch gerade. Auch wenn es viel nachzudenken gibt, will ich nur für einen Moment abschalten. Ohne Vorsicht und Angst lehne ich mich zurück. Ich lege die Hände nach hinten, fasse dabei aber aus versehen eine Schuh an. Ich schrecke auf und halte dem jenigen ein Messer an die Kehle. James. "Was hast du hier zu suchen?" Frage ich ohne die Klinge weg zunehmen. James hebt die Hände und antwortet: "Ganz ruhig. Ich komme nur hierher um mit dir zu sprechen." "Worüber?" Mit nur zwei Fingern lenkt er die Klinge vonn seinem Hals ab und gibt sich neben meinen Füßen nieder. Ich tue es gleich. Eine unangenehme Stille kommt über uns. Über was will er mit mir reden? Oder ist es nur ein Vorwand um mir etwas anzutun? "Du wurdest verletzt oder?" Fragt er mit einem kalten Blick auf die Stadt gerichtet. "Wie meinst du das?" "Du weißt es!" "Ja ok. Ich habe vieles hinter mir!" Gebe ich von mir. "Ich will jetzt nicht deine Lebensgeschichte hören, sondern was dich bedrückt." Habe ich mich verhört? Will er jetzt den Psychotherapeuten spielen? Ich brauche sein Mitleid nicht. "Ich habe einen wertvollen Menschen verloren!" Habe ich das gerade wirklich gesagt. Ohne Vorwarnung überströmen warme Tränen mein Gesicht. Was ist nur mit mir los? So oft habe ich Menschen verloren und nicht geweint. Ich habe in meinem Leben sehr wenig geweint, fast nie. Nur damals als ich noch Sklave war für eine lange Zeit. Bis ich 14 Jahre jung war hat man mit mir gehandelt. Dann bin ich in eine kleine Familie gekommen. Ich weiß nicht wie es dazu kam, aber diese Familie war eine sehr herzliche Familie. Sie war nicht besonders arm oder reich und verdienten sich wie normale Bauern ihr Geld mit der Landwirtschaft. Eines Tages sollte ich denn verheiratet werden damit die Familie nicht verarmte. Als einzige "Tochter" suchten sie mir einen netten Mann aus. Er war ein fast perfekter Ehemann, doch ich weigerte mich. Ich hatte meine Freiheit und wollte sie nicht wieder verlieren. Nichts ahnend kam ich spät abends von der Arbeit wieder. Vor unserer Haustür warteten jedoch schon die Wachen. Sie verschleppten mich und warfen mich in den Kerker und stülpten mir ein braunes mit Blut verschmiertes Hemd über, was mir bis zu den Knie ging. Was damals in diesen Gefängnis passierte wollte ich immer für mich behalten. Ich wurde geschändet. Der Hurerei beschuldigt und vom Dorf verjagt. Ausgepeischt wurde ich vor dem ganzen Dorf, bis heute sieht man die tiefen Narben auf meinem Rücken, dann setzten sie mich am Ufer aus. Ich gebe es zu. Damals hatte ich noch einen anderen Liebhaber mit dem ich mein Leben verbringen wollte. Ich verlor ihn. Ich dachte wirklich das ich mir ihm glücklich sein werden, doch er stand im ganzen Szenario in der ersten Reihe und jubelte und schimpfte mit der Menge. Genauso wie die Familie die mich einst so herzlich aufgenommen haben. Nicht mal Abschied konnte ich nehmen. Diese Schmerzen und Demut geschah so schnell. Eine Frauengruppe, die als Prostetuierten durchs Land zogen, nahmen mich auf und heilten meine Wunden. Ab da nahm mein Schicksal seinen Lauf. Ich war überall dabei. Ich habe so viele Schmerzen erlitten und neue Menschen kennen gelernt, doch selbst die nahm man mir weg. Immer wieder machte ich das gleiche durch. In der Zeit hatte ich mein Lachen verloren und meine Tränen. Jedes Gefühl war eine einzige Lüge, doch wenn ich mich jetzt wiederfinde hier oben auf dem Anwesen, wie ich vor einem Mann bitterlich weine, den ich nicht im geringsten kenne und traue. Er kommt nicht näher und macht keine Anstalten mich zu umarmen oder zu trösten. Er sitzt nur kalt da, während mir die Tränen das Gesicht runterliefen. Im nächsten Augenblick spüre ich einen Schlag gegen meinen Hinterkopf. Kein harter, er erschreckte mich nur. "Du bist sonst anders. Ich bin schon mal auf ein Nebelwesen getroffen und ich weiß, dass ihr härter umgeht mit Gefühlen. Ihr besitzt nämlich keine außer Liebe!" Dieses schreckliche Wort betont er. Nur dadurch sind wir verletzlich, durch dieses eine Gefühl. Viele sind von uns gestorben, weil sie der Liebe verfallen sind. "Jetzt hör auf menschlich zu sein. Dein lieber Freud hat dir wohl nicht gut getan." Mir läuft ein kalter Schauer den Rücken entlang. So ein Kälte habe ich lange nicht gespürt. Vielleicht hat er recht. Ich hause schon so lange bei Menschen, dass ich vergaß das ich keiner bin. Ich wische mir die Tränen weg. "Danke." Nuschel ich. "Bedank dich nicht. Irgendwer musste dich ja eines Tagen wach schütteln. Ich will nicht, dass eines der gefährlichsten und interessantesten Wesen einfach austirbt nur durch Menschlichkeit!" Ein kleines Lächeln huscht über sein Gesicht. Ich schaue in den Himmel und höre James Worten nicht mehr zu. Es ist belanglos was er nun sagen wird. Der Mond hat seinen hochsten Punkt erreicht und erst jetzt merke ich, dass es Vollmond ist. Naja, James ein wenig abzuschrecken vor mir ist bestimmt nicht schlecht. Meine Zähne schneiden wie eine perfekt geschärfte Klinge den vorderen Rand meiner Zunge ab. Ich spucke das nun lose Stück aufs Dach und sehe zu wie es sich noch bewegt. James reicht mir ein weißes Tschentuch hin. "Könntest du gebrauchen!" Sagt er und deutet auf meinen Mund. Dickflüssiges Blut läuft meinem Kinn herunter. Bevor ich aufstehen kann und wegrenne versteift sich mein Körper. In der Haltung bleibe ich stehen und komme nicht vorwärts. Verdammt. Ich kippe zur Seite. Jedes Glied spüre ich nicht mehr und kann es nicht bewegen. Ich verdrehe genervt die Augen. Immer wenn Vollmond ist passiert das. Ich habe nun leider schon 2000 Jahr hinter mir, so zerfällt meine menschliche Hülle und stirbt so zu sagen ab. Komische Sachen an die ich mich auch schwer gewöhnen kann. Es dauert zwölf Stunden bevor sich meine Menschengestalt sich wieder regeneriert. Verteidigen kann ich mich trotzdem. Meine anderen Arme funktionieren noch, jedoch auch noch andere Fähigkeiten. "Könntest du bitte?" Ich gucke James mit einem Hundeblick an. Er hebt mich hoch nahe an seiner Brust. Bis hierhin kann ich sein Herz hören, was unregelmäßig schlägt. Er trägt mich bis runter in sein Zimmer, wo er mich auf sein Bett schmeißt....

Der SeelenfresserWo Geschichten leben. Entdecke jetzt