║"You and I go hard at each other like we're going to war"
Lange Zeit habe ich mir vorgemacht, dir vergeben zu können.
Und dass ich verstehen würde, weshalb du damals gegangen bist. Dass ich dir keinen Vorwurf mache, nur weil du dich selbst finden musstest.
Ich suche mich ja selbst jeden Tag.
Aber langsam, schleichend, ist die Erkenntnis gekommen, dass ich dir nicht vergeben kann. Du hast mich vergiftet, das wird mir jeden Tag, den du nicht an meiner Seite bist, klarer. Du hast mein Herz gestohlen und ohne mein Herz kann ich nicht leben. Ich stehe vor einem Haufen Scherben und habe keine Ahnung, wie ich die zersplitterten Teile je wieder richtig zusammensetzen soll.
Ich liebe dich, aber ich kann dir nicht vergeben.
Niemals.
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New York konnte im Winter wirklich verdammt kalt werden.
Kalt und mürrisch und noch unpersönlicher und abweisender, als ohnehin schon. Normalerweise war es genau das, was ich an dieser Stadt so sehr liebte und weshalb ich sie zu meiner Wahlheimat erklärt hatte.
Sie war unpersönlich. Vollkommen anonym und mischte sich nicht in deine Angelegenheiten ein. Es war einfach... ein Ort. Nicht mehr und nicht weniger.
Die Menschen lebten nebeneinander her, ohne sich wirklich zu kennen und keiner beschwerte sich darüber. Wenn du Hilfe brauchtest, warst du genauso auf dich allein gestellt, wie du es warst, wenn du deinen Geburtstag oder Weihnachten feiertest.
Genau das Richtige für mich, denn ich mochte keine Menschen. Hasste sie sogar, um ehrlich zu sein. Die meisten von ihnen waren doch nur egozentrische Arschlöcher, die sich ohnehin nicht um deine Probleme scherten. Wieso also so tun, als würde man Anteil an den Problemen anderer nehmen? Das Leben war zu kurz, um zu heucheln. Die meisten Menschen fürchteten sich einfach davor, allein zu sein, aber ich hatte kein Problem damit. Im Gegenteil: Ich war gern allein.
Doch manchmal kam ich nicht umhin, mir zu wünschen, dass New York selbst weniger abweisend war. Weniger kühl und starrsinnig, doch die Menschen, die in einer Stadt lebten formten wohl auch deren Gesicht. So wie heute, wo sich das Gesicht meiner verhassten Lieblingsstadt hinter Eisfingern verbarg und mit grauer Miene auf ihre Bewohner hinabstarrte. Und ich hasste es. Hasste dieses vertraute Gesicht einer Stadt genauso wie die Gesichter der Menschen um micht herum. Menschen, die ich nicht kannte.
So kam es also, dass ich an jenem Freitagabend alleine zur U-Bahn lief. Das Schneetreiben, das der Dezember über Nacht aus den eisigen Fingern heraufbeschworen hatte, schlug mir in einer kalten Wolke entgegen und rauschte unangenehm um meine Ohren. Kalt strich mir der Winter über den freiliegenden Nacken und unter die Haut, was mich dazu führte, hastig den Kragen meiner viel zu leichten Jacke hochzuschlagen. Gerade noch rechtzeitig erreichte ich die U-Bahn Richtung Upper West Side, wo die Schönen und Reichen lebten.
Allein bei dem Gedanken daran, wohin ich gehen wollte, schüttelte es mich. Doch ich stieg ein, gerade als sich die Türen schlossen.
Gierig die warme, beheizte Luft einatmend versenkte ich die bläulich angelaufenen, vor Kälte erstarrten Finger in den Tiefen meiner Taschen, wo sie auf das steife, vornehme Briefpapier der Umschläge stießen. Ich zuckte zusammen, als meine Fingerkuppen den Kontakt mit dem Papier aufnahmen und zog die Hand mit einem Seufzen zurück.
Es waren vier blütenweiße Umschläge mit vier, in meiner krackeligen Handschrift aufs Papier gesetzten Namen. Namen, die ich im Schlaf kannte, deren vertraute Silben stets auf meiner Zunge kitzelten, Namen, die für mich beinahe eine halbe Dekade lang Familie bedeutet hatten und vor denen ich nun regelrecht erzitterte. Ich traute mich nicht einmal, sie im Stillen vor mich hinzusagen. Das, was geschehen war, wurde dadurch nur umso realer. Und irgendwie wusste ich, dass sie wohl nicht besonders erfreut sein würden, mich zu sehen. Sie würden mich wohl kaum mit einer schönen warmen Tasse Tee empfangen und über die letzten Jahre plaudern, oder Luftsprünge machen.
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Cloverfield
Fanfiction„New York ist einer der schlimmsten Orte auf der Welt, um einen schlechten Tag zu haben. Und einer der besten, für einen guten." Aimee Boyle hat einen guten Tag. So lange jedenfalls, bis sie auf dem Heimweg in der U-Bahn auf den zynischen Harry trif...