5. Kapitel

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Kyles Sicht
Ein leises geheimnisvolles Rascheln zweier Ketten ertönt hinter mir. Ich öffne meine Augen und spüre ein fürchterliches Pochen in meinem Kopf und einen stechenden Schmerz in meinem Rücken und Armen. Um meine Handgelenke machen sich rote Streifen breit. Ich wurde mit Handschellen an einem kleinen Ring, der aus dem Boden kommt befestigt. Langsam setze ich mich hin und schaue mich erneut um. Ein schwaches Licht erleuchtet den Raum. Eine einzige Glühbirne, die über etwas hängt. Über jemandem...Octavia! Sie sitzt auf einem kalten eisigen Metallstuhl, bei dem der halbe Boden fehlt und mit kleinen Stacheln verziert ist. Eine riesige Blutlache hat sich unter ihr gebildet. Das plätschern der Blutstropfen hört nicht auf.
Platsch...Platsch...Platsch...
Wie viel Blut hat sie denn schon verloren? Sie müsste schon längst tot sein. Aber nein. Sie ist noch nicht einmal bewusstlos. Das weiße ihrer Augen schimmert zu mir durch, auch wenn davon nur noch wenig übrig ist, dicke blutrote Adern wandern durch ihre Augen. Ich reiße an meinen Fesseln, versuche meine Finger durch zu quetschen und sie mit meinen Füßen auszureißen, egal welchen Schmerz ich mir selbst während dessen zufüge. Ich muss ihr helfen! Wie kann ich denn zu lassen, dass so etwas einem Menschen passiert. Vielleicht ist es möglich zu verstehen, wieso sie ihn umbringen musste. Vielleicht war ihre Angst einfach zu groß. Und sie wusste das sonst so etwas folgen musste und jetzt erlebt sie es dennoch...wegen mir.

Octavias Sicht
,,Hör auf! Du kommst da nicht weg. Nicht solange Er es nicht will..." Ich spüre das warme stinkende Blut an mir herunterlaufen. Es läuft und läuft und hört nicht auf. Ein kleiner Schrei dringt durch meine Lippen, egal wie oft und wie sehr ich versuche meine Schreie zu unterdrücken, es klappt nicht, meine Schmerzen sind zu stark. Nach dem letzten Messer, welches eigentlich kein Messer war, sondern irgendein Metallstück, an dem 5 cm lange Stacheln dran hängen, kann ich nicht mehr aufhören. Alles ist aufgerissen. Er hat mich gelehrt so viel Schmerz auszuhalten. Doch ab hier bin ich schwach. Ein Weichei! Ich bin nicht stark genug. Ich kann meine Hand in einen Eimer gefüllt mit heißem Wasser stecken und ich würde noch nicht einmal zusammen zucken. Doch das was er mit mir heute gemacht hat war keine Bestrafung, es war eine Folterung zur Demonstration was Kyle jetzt erleben wird. Was dieser Mann mit Kyle tun wird. Und vielleicht eine kleine Strafe. Oder einfach nur damit er Spaß hat. Ich hätte besser aufpassen müssen, Kyle hätte es nie erfahren dürfen und ich muss etwas dagegen unternehmen. Aber ich kann es nicht, ich werde nichts tun können, er wird ein Monster werden, so wie ich es bin. Ein weiterer Schrei entfährt meinen Lippen. Nachdenken ist so anstrengen. Ich zittere. Ich spüre, was ich dafür geben würde dieses Sinnesorgan zu verlieren. Ich weiß nicht ob Kyle erkennt wie ich zittere oder bebe, aber ich hoffe er sieht nichts. Kyle ist toll, nett, stark, sexy und sogar etwas süß, aber das wird er nicht mehr lange sein. Ich schaue ihn an und spüre gleichzeitig meinen eigenen Schmerz. Kyle wird zerbrochen sein. Ich versuche ihn immer mehr zu unterdrücken, still sitzen zu bleiben und merke, dass Kyle das nicht können wird. Er hat das nie erlebt, er kennt den Schmerz nicht gut genug um sich dagegen zu wehren, er wird schreien und ich werde zuhören müssen, vielleicht werde ich ihn selber foltern müssen...Er wurde nie auf so etwas trainiert. Nicht so wie ich. Ich habe Angst. Ich habe Angst! Das hatte ich schon so lange nicht mehr, mir hat Jahrelang nichts mehr Angst gemacht, ich hatte und habe keine Angst zu sterben oder hier unten gefoltert zu werden und jetzt habe ich Angst um Kyle. Ihm darf nicht das selbe passieren wie mir. Aber ich kann es nicht verhindern. Ihm wird etwas schlimmeres passieren als mir. Viel schlimmer! Ein Schrei drückt sich erneut durch meine Lippen, jetzt kann ich nicht anders als mich auf meine Schmerzen zu konzentrieren. Immer mehr Blut fließt aus meinen Wunden raus und in andere wieder rein. Tränen formen sich in meinen Augen und wollen ausdringen. Sie wollen sich durch kämpfen, aber in diesem Moment bin ich immer noch ein bisschen stärker. Denn ab dem Moment wo eine meine Wange erreicht, kann keine mehr aufgehalten werden. Deswegen darf ich nicht weinen. Ich kann nicht vor anderen weinen, ich muss stark bleiben. Ich spüre das kalte Metall an meinem Rücken, an meinen Beinen, einfach überall es brennt sich in mein Fleisch hinein. Die Kälte hier in der Luft erfüllt mich, es bildet an meinen Fingern Frostbeulen und meine Zehen spüre ich selbst nicht mehr. Ich zittere immer mehr. Mein Körper ist dabei einzufrieren, ich habe nichts mehr an, er hat mir alles runter geschnitten. Alles! Das kalte Blut fließt am mir herunter. Es tropft. Es schmerzt. Aber nicht stark genug. Die Fesseln um meinen Hände sind fester denn je. Ich werde sie nicht los bekommen, selbst wenn mein Leben am Ende ist, was eigentlich die letzten fünf Jahre schon so ist. Irgendwie überlebe ich doch immer alles. Ich wünschte ich wäre schwächer. Ich wünschte ich wäre tot. Der Tod ist wunderschön, jeder Schmerz den ich jetzt fühle wäre Vergangenheit, ich wäre glücklich und fröhlich. Ich wäre bei Jesus, einem der noch mehr Qualen erleiden musste, als ich. Alles wäre so himmlisch. Hoffentlich. Vielleicht habe ich aber auch schon zu viel schlechtes getan um eine Chance zu haben, dort hinzukommen. Doch bis ich das erleben werde, ist das letzte bisschen meines Selbst tot. Ich kann meine Schmerzen immer weniger kontrollieren. Und wieder tritt ein Schrei aus. Vor meinen Augen scheint es, als würde es ab und zu mal schwarz werden. Ich verliere fast die Kontrolle über mich selbst. Ich beiße meine Zähne zu sammen. Doch das hält nur einige Sekunden, mehr Kraft habe ich nicht...
,,Octavia...was hat er...mit dir...angestellt?!" fragt mich Kyle mit einer leisen, weichen und erschütterten Stimme. Ich hätte die Frage fast überhört.
,,Das wirst du noch...am eigenen Leib erfahren." Bringe ich auf irgendeine Weise heraus. Es hört sich schrecklich an mehr wie ein Kratzen, als wie irgendetwas anderes. Aber er hat es verstanden und nun sagt er nichts mehr, er ist still. Nur noch unser Atem ist zu hören.
Ein kleines Knacken ertönt. Was hat ER dieses Mal vor. Hat ER nicht schon genug getan. Kyle läuft auf mich zu. Das heißt die Fesseln sind offen! Doch warum hat ER das getan. ER war noch nie gnädig, nie hat ER etwas schönes getan. Es muss einen Grund geben! Warum?! Wie? Das darf nicht möglich sein! Es wird alles schlimmer werden! Er darf nicht zu mir! Aber er kommt...

My cold insideWo Geschichten leben. Entdecke jetzt