9. Kapitel

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Kyles Sicht:

Meine Augenlieder flattern auf. Ein Licht erfühlt den Raum. Ich reiße meine Augen nach dem ersten Gedanken komplett auf. Meine Schmerzen sind weg! Jedoch alles andere auch. Ich kann mich gar nicht lange daran erfreuen, dass es mir gut geht. Ich schau an mir herunter, kein Blut ist mehr auf meinem Körper und auch kein einziger Schnitt, als wäre nie etwas passiert...
Es ist so als wäre nie überhaupt etwas passiert. Der Raum erscheint grenzenlos und nichts, überhaupt nichts ist hier vorhanden. Panik macht sich in mir breit. Ich rufe nach Octavia, aber es kommt nichts. Und ich sehe nichts. Sie ist weg. Wo ist sie bloß, wo ist sie gelandet?! Bin ich überhaupt in einem Raum? Gibt es Wände oder vielleicht noch eine Tür? Nein nichts alles ist schwarz und doch hell! Ich bin umgeben von einer angstauslösenden Dunkelheit. Ich stelle mich hin und versuche in eine Richtung zu rennen, um vielleicht doch eine Wand zu finden, aber ich komme nicht an! Es gibt nichts. Überhaupt nichts hier! Wie ist so etwas möglich!? Ich renne nach rechts und nach links, hoch und runter. Egal wie lange und wie viel ich renne nichts. Ich versuche es ein weiteres Mal. Schließlich sacke ich zusammen und gebe die Hoffnung auf... Hier gibt es keinen Ausgang. Der Ort ist unendlich...einfach nur unendlich... Ich lasse mich auf den Boden sinken. Alles ist ruhig. Es ist eine unangenehme stille. Die Gedanken kommen mir hoch, all das was passiert ist...

Octavias Sicht:
Ich bin in einem kleinen Raum. Er hat graue Seitenwände und einen verstaubten Beton Boden. Keine Türen und keine Fenster. Die Decke ist auch einfach nur eine Platte. Nicht auch nur ein Zeichen darauf wie man hier rein oder raus kommen könnte. Ich lasse mich an einer Wand herunter und vielleicht passiert ja irgendwann etwas. Verhungern wird er mich nicht lassen, dafür hab ich genau das getan was er will. Ich hab ihm gezeigt wie gerne ich foltere. Er wird mich nicht zugrunde gehen lassen.

Ein gefühlter halber Tag später bewegt sich mein Raum plötzlich. Der Boden wackelt und die Wände lassen ein ekelhaftes Quietschen von sich. Ich halte meine Ohren sofort zu. Der Raum fährt hoch und ich werde leicht auf den Boden gezogen. Es ist als würde der Raum schweben und einfach in irgendeine Richtung wandern. Irgendwann wird eine Wand vor mir immer durchsichtiger, bis vor mir eine Glaswand steht. Der Raum steht still. Auf der anderen Seite der Glaswand scheint Kyle zu sein. Er ist an seinen Fußgelenken und Armgelenken mit Seilen befestigt. Der Raum außerhalb meinem wirkt als würde er nicht enden. Die Ecken sind nicht sichtbar und schwarz, aber über ihm brennt ein grelles Licht, sodass jeder Gesichtszug gut zu erkennen ist. Er strahlt Angst, Sorge, Unsicherheit und noch tausend andere Gefühle aus. Er kommt mit der Situation in keinster Weise zurecht. Wie sollte er auch. Und ich werde ihm natürlich nicht helfen, wie könnte ich auch. Bin ja auch eingesperrt. Somit lass ich mich auf der Gegenüberliegenden Wand hinunter im Schneidersitz und beobachte ihn. Vielleicht hat er etwas gelernt bei mir und schreit nicht gleich bei dem ersten Schnitt los. Hoffentlich überlebt er es aber. Mein wundervoller Vorgesetzter taucht nach einer nicht all zu langer Zeit auf. Er hat nur zwei einfache Sachen dabei. Ein Messer und eine Peitsche. Warum wird es bei ihm so leicht und einfach?! Bei mir gab es jedes Mal 10 Mal stärkere Küchengeräte. Der Herr auf der anderen Seite steckt das Messer in seinen Stiefel und geht mit seiner Peitsche auf Kyle zu. Er steht hinter ihm. Kyle hat nicht mitbekommen wie er gekommen ist. So leise kann dieser ekelhafte Mann laufen. Aber mich hat er auch nicht bemerkt. Er würdigt mich keines einzigen Blickes. Vielleicht kann nur ich ihn sehen und er mich nicht. Wenn ich genauer hinsehe, scheint es als hätte Kyle schon welche Wunden. Ein Peitschenhieb von ihm und Kyle verzieht mit einem lauten Schrei sein Gesicht. Da hat er leider doch nichts von mir gelernt. Ich ziehe meine linke Schulter leicht hoch und mache ein enttäuschtes Gesicht. Die nächsten drei Schläge auf den nackten Rücken hält er tapfer aus, jedoch danach verzieht er sein Gesicht gewaltig und nach dem 6. fangen die Schreie an. Es ist eigentlich ganz amüsant zuzuschauen. Denn wann habe ich schon das letzte Mal einen Jungen leiden gesehen. Sonst schleppt er immer Frauen an. Die Schreie fühlen sich wie Gesang in meinen Ohren an und lassen Glückshormone frei. Am liebsten würde ich ihm auch einen Schlag in den Bauch verpassen. Ich schaue gespannt zu und betrachte, wie mein Vorgesetzter mittlerweile Kyle immer für ein paar Sekunden die Luft wegdrückt und ihm während er Luft bekommt zwei weitere Schläge mit der Peitsche verpasst, bevor es von vorne beginnt. Da fällt mir plötzlich auf, dass auch mein Vorgesetzter Verletzungen hat. Sein Auge ist blau und an seiner Lippe ist Blut. Es scheint als hätten Kyle und er gekämpft. Um so mehr ich auf meinen Vorgesetzten achte fallen mir immer mehr Verletzungen auf. Es muss ein schwerer Kampf gewesen sein. Ich bin erstaunt was Kyle ihm alles zufügen konnte. Wie ist es da denn überhaupt möglich, dass er jetzt festgekettet ist? Irgendwas anderes muss noch dazugekommen sein. Als nächstes bricht er ihm jedoch bestimmt drei Finger auf jeder Hand und schneidet ihm schließlich ein paar Naben auf den Bauch. Er will seine Rache ausleben. Natürlich habe ich recht gehabt. Dabei erscheint ein Lachen auf meinen Gesicht. Das Blut quillt aus seinem Rücken und Bauch. Ein total schöner roter Anblick nur leider kann ich das Blut nicht riechen. Es würde dir nur Angst einjagen. Ich möchte dort sein und auch einen Schnitt machen. Ich will ihn zum Schreien bringen. Ich will an ihm alles ausprobieren was mit mir gemacht wurde. Das willst du nicht. Ich höre den Schreien gespannt zu und warte auf die erste Träne, vielleicht kommt sie ja auch gar nicht. Wahrscheinlich ist sein Körper mit den Reizen so überfordert, dass er nichts mehr zustande bekommt. Du hättest auf ihn aufpassen müssen und ihn beschützen müssen. Du hast versagt, nicht nur bei dir selbst sondern auch bei ihm! Was ist das für eine grausame Stimme in mir. Sie wird zu laut und ich kann sie nicht unterdrücken! Das Leben verschwindet aus den Augen des Jungen an den Seilen. Nur noch das Herz schlägt. Hätte ich ihn doch lieber noch schlimmer gefoltert. Hörst du dich nicht selbst! Du bist zu dem Monster geworden, was er von dir wollte. Du hast ihn dich zerstören lassen. Gib dich nicht auf, kämpfe weiter!
,,Hör auf!" schreie ich in den kleinen Raum hinein. Das werde ich nicht. Ich werde weiter für dich kämpfen!
,,Warum willst du mir den helfen. Ich lebe doch bloß und muss weiter machen. Und helfen könnte ich ihm eh nicht, warum darf ich mich denn dann nicht darüber freuen wie er gefoltert wird?!" Ich versuche es zu vergessen und konzentriere mich wieder auf das Geschehen auf der anderen Seite der Scheibe. Doch plötzlich bewegt sich wieder etwas unter mir. Ich will mich irgendwo festhalten, aber alles ist galt. Ich fliege aus dem Raum. Die Scheibe hat sich aufgelöst. Der Raum hat sich gedreht. Ich versuche auf meine Beinen zu landen, doch leider klappt das nicht so gut wie in meinen Vorstellungen und ich falle schmerzhaft hin. Ich bin im selben Raum wie die anderen beiden. Doch was jetzt. Ich werde von Kyle angeschaut als wäre ich ein noch nie gesehenes Lebewesen. Der alte Mann lacht nur. Ich drehe mich um, der Raum ist weg und Er kommt mit der Peitsche auf mich zu. Was soll ich jetzt machen? Ich mache ein paar Schritte mit einem schiefen Lachen auf ihn zu.

,,Dürfte ich ihnen die Peitsche abnehmen und das Vorhaben übernehmen?" Mein Blick richtet sich auf den Boden und erst als die Stimme meines Vorgesetzten erklingt schaue ich hoch.

,,Aber wenn du ihn auch nur einmal zu leicht schlägst oder das Schreien kleiner ist, als das davor, sitz du daneben!" Ertönt seine Stimme und dieses Mal hört sie sich nicht mehr so schlimm an, als die anderen Male in den letzten Jahren. Der Raum lässt ihn angenehm wirken. Das ist echt komisch. Die Peitsche ist in meiner Hand mittlerweile. Ich lecke das Blut von ihr und hole für einen starken Schlag aus. Ich Blicke zu Ihm herüber mit einem leicht geneigten Kopf. Er nickt bloß. Weitere Schläge folgen. Sein rücken ist Blut überlaufen. Immer ein Tropfen nach dem anderen. Eine Pfütze entsteht. Seine Schreie werden intensiver und lauter und zerbrechlicher. Der Körper ist nass geschwitzt. Mit Tränen übersäen. Ein weiterer Schrei. Mein Vorgesetzter tritt uns immer Näher. Er hält mir ein Messer hin. Die Klinge ist weiß, sie leuchtet und zieht mich magisch an. Ich ergreife sie und schneide eine tiefe Wunde in seinen Oberschenkel. Eine weitere über seinen Bauch. Und noch eine in seine Brust. Mein Blick fällt zum ersten Mal in Kyles Augen. Glückshormone schießen durch meinen Körper. Ich bekomme ein unglaubliches Grinsen. Seine Augen sind kalt. Nur noch ein kleiner Funken hilft dabei, dass sie nicht unterkühlen. Dass er noch lebt. Ich würde es mir so wünschen, seine Augen komplett kalt zu sehen. Ihn sterben zu sehen. Die Flamme wird immer kleiner und die Glut kann sicherlich nicht mehr lange leuchten. Ich hole ein letztes Mal aus, damit ziele ich direkt zwischen die 5. und 6. Rippe. Er schreit. Ich habe ihn noch nie schreien gehört. Doch eigentlich schon, nur nicht so.

Kyles Sicht:

Drake macht ein zwei Schritte zurück bevor er mit der Peitsche ausholt. Oktavia hatte sie ihm zurück gegeben. Doch jedes Gefühl ist verschwunden. Es fühlt sich nicht mehr an als würde ich leben, sondern einfach grundlos existieren. Als wäre ich ein Sack und reagiere nur noch darauf was mit mir gemacht wird. Jedoch bevor Er die Peitsche geschwungen hat schneidet Octavia ihrem Vorgesetzten unter seinem Knie die Sehne durch. Er fällt auf den Boden. Octavia stöst ein unheimliches Lachen aus. Warum hat sie das alles getan? Ich fülle nichts mehr, dank ihr. Es ist als wäre ich tot. Ich kann nur noch durch einen kleinen Schleier schauen und hoffe, dass ich nicht gleich ohnmächtig werde, denn dann bin ich endgültig tot. Sie hätte ihn so viel früher verletzen können. Schon als sie die Peitsche in der Hand hatte... Er hat tatsächlich ein Monster erschaffen. Doch etwas von ihr existiert trotzdem noch... Schwarze Punkte verteilen sich ihm Raum. Ich verstehe nicht was hier los ist. Alles wird schwarz. Octavia schlägt immer noch auf ihn ein. Mit einem grausamen Lachen foltert sie jetzt ihn. Die Peitsche ertönt. Das Messer schneidet auf. Schreie liegen in der Luft. Jede Sehne von ihm muss durchgeschnitten sein. Denn nie hat er sich gewehrt. Ein weiterer Schrei. Ein Schlag. Ein Stich und noch ein dumpfer Schlag. Ich höre nichts mehr.

My cold insideWo Geschichten leben. Entdecke jetzt