Kapitel 16 / Melina's Sicht

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Ja guuut, hatte ich gesagt, wir würden die Nacht durchmachen? Meine Vorsetzte hatte ich ja mal wieder sowas von umgesetzt ... nicht! Denn als ich meine Augen am nächsten Morgen öffnete strahlte mir die aufgehende Sonne entgegen. Doch meine schlechte Laune verflog sofort wieder, als ich einen leichten Luftstoß an meinem Nacken spürte und sich der Druck von warmen Armen um meinen Körper verstärkten. Das angenehme Kribbeln in meinem Bauch meldete sich wieder und genüsslich seufzend drückte ich mich näher an seine Brust. Wieso konnte es nicht immer so sein? Schon heute Abend müsste ich versuchen alleine einzuschlafen, doch ich schob diese negativen Gedanken ganz weit in den hinteren Teil meines Kopfes. Wieso sollte ich mir auch die Stimmung vermiesen lassen, wenn doch der Augenblick, den ich gerade durchlebte, so viel mehr zu bieten hatte.

Als ob er meine Gedanken gehört hätte, bewegte sich Jan hinter mir und kurze Zeit fühlte ich seine rauen Lippen an meinem Hals.

"Ich weiß, dass du wach bist", seine Stimme war tief und noch vom Schlaf belegt. Erneut verteilte er kleine Küsse auf meiner Haut bis hinauf zu meiner Wange.

"Du legst dich ja auch ganz schön ins Zeug", grinsend sah ich zu ihm hoch. Sein Augen blickten verschlafen zu mir hinunter und seine Haare standen in alle Richtungen ab. Ich drehte mich etwas weiter zu ihm und fuhr ihm mit meinen Fingern über seine Wange.

"Morgen", lächelte ich.

"Morgen", er küsste mich sanft und begann dann verträumt mit meinen Haaren zu spielen. Das war wohl in den letzten Wochen zu einer seiner neuen Lieblingsbeschäftigungen geworden. Und ich genoss es umso mehr. Ich hätte so eine Ewigkeit verbringen können. Zweisamkeit genießen, hier und da ein paar Liebkosungen austauschen und über irgendwelchen belanglosen Mist reden.

Doch die Ewigkeit war mal wieder viel zu kurz und schließlich mussten wir uns dazu aufrappeln nach unten in die Lobby zu kommen. Frühstücken war im Bus vorgesehen, denn schließlich lag noch immer eine mehrstündige Busfahrt vor uns.

Hand in Hand trafen wir bei unseren Freunden ein und mussten feststellen, dass wir noch die ausgeruhtesten waren. Ju, André und Cengiz lagen halb tot auf einer Bank vor dem Hotel und auch Annika hatte sich eine überdimensionale Sonnenbrille aufgezogen.

"Frag nicht", sagte sie auf meinen Blick hin und ich konnte ein Kichern nicht unterdrücken. Die würden im Bus mit Sicherheit sehr still werden.

Shirin erspähte ich bei Simon, Timo und Dagi. Sie sah um einiges fiter aus als der Rest. Ich löste mich von Jan, der bereits wieder in ein Gespräch mit Sasha verwickelt war und schlenderte zu der kleinen Gruppe hinüber.

"Morgen, Guuurl", rief ich und die Tatsache, dass sie kurz zusammenzuckte und sich über die Schläfe rieb gab mir eine gewisse Genugtuung. Es wäre auch zu perfekt gewesen, wenn sie keinen Schäden von der offenbar wilden Party davongetragen hätte.

"Na, wie wars?" Ich grinste sie an und sie verdrehte nur kurz die Augen.

"Party eben. Wir hatten echt ne menge Spaß. Schade eigentlich, dass du nicht dabei warst. Hätte dir auch gefallen".

"Wer weiß. Die hatten bestimmt auch ihren ganz persönlichen Spaß", Timo grinste dreckig und Dagi rammte ihm warnend ihren Ellenbogen in die Seite.

"Wie alt bist du? 12?" Fragte sie und wir stiegen in ihr lachen mit ein.

Wir unterhielten uns noch eine ganze Weile, bis Ramona aus dem Hotel kam und uns anwies in den Bus zu steigen. Mittlerweile hatte ich, trotz der noch relativ frühen Stunde (halb neun) schon ziemlich Bock auf Frühstück. Damit war ich wohl nicht die Einzige, denn auch meine verkaterten Freunde sahen sich suchend nach was essbarem um. Zu unser aller Glück hatte Ramona mal wieder für alles doppelt und dreifach gesorgt, denn als wir in den Bus stiegen wehte uns bereits der Geruch von frischen Brötchen, vielen unterschiedlichen Aufstrichen und Kaffee entgegen.

Begeistert machten wir uns darüber her.

"Oh man, ich fühl mich gleich viel besser", nuschelte Annika in ihr Brötchen und ließ sich neben Simon auf eine Bank fallen. Auch Dagi und Timo hatten es sich bequem gemacht und unterhielten sich mit den Außenseitern. Ich sah mich suchend nach den Affen um und erkannte schließlich André und Cengiz, die Jan vor sich her nach oben zu den Betten scheuchte. Oh man. Die hatten es ja wirklich übertrieben. Grinsend krallte ich mir zwei belegte Brötchen und schlenderte ebenfalls nach oben.

"Jetzt hack dich nicht so und Schlaf endlich", hörte ich Jan schon von weitem. Er war dabei, André in eins der Betten zu stecken und dieser gab schließlich nach und war, kaum das sein Kopf die Matratze berührte, eingeschlafen.

"Na Vater Jan", begrüßte ich ihn und er sah zu mir hinüber.

"Ganz ehrlich, darauf kann ich wirklich verzichten", er kam auf mich zu.

"Hat Frau Meyer etwa Frühstück gemacht?" Fragte er, als er die Brötchen entdeckte.

"Aber natürlich. Für dich doch nur das Beste".

Er gab mir einen kurzen Kuss und nahm dann eins aus meiner Hand.

"Du bist die Beste", meinte er und biss herzhaft hinein.

Wir gesellten uns wieder nach unten in den Bus, ließen uns dann aber auf den Stufen, die nach oben führten nieder, weil bereits alle anderen Plätze besetzt waren. Jan saß hinter mir und ich lehnte mich an seine Beine, während ich ebenfalls mein Frühstück verspeiste. 

Es wurde geredet, gelacht und mit dem Essen gespielt. Hier und da flogen ein paar Reste durch die Gegend, unter anderem eine Salamischeibe, die Dima direkt ins Gesicht traf. Wenn man uns so ansah konnte man echt an unserem Alter zweifeln. Doch niemanden störte es und wir hatten wirklich Spaß.

Mein Kopf, der mittlerweile in Jans Schoß verweilte, war immer schwerer geworden und auch meine Augenlieder konnte ich nicht mehr aufhalten. Zwar hatte ich bedeutend gut geschlafen, aber mein Körper schien das wohl immer noch anders zu sehen. Mir kam es beinah so vor, als hätte ich in der vergangenen Woche mehr gepennt als sonst irgendwas. Dabei hatte ich, mal abgesehen von der Tour auch so noch genug mit Vloggen um die Ohren gehabt. Das ich wirklich so viel Zeit zum abschalten gefunden und trotzdem alles auf die Reihe bekommen hatte war mir jetzt, wo ich darüber nachdachte, ein echtes Rätsel.

Also döste ich vor mich hin, während Jan anfing mit seinen Fingern durch meine Haare zu fahren.

"Sag mal, was läuft da eigentlich zwischen euch beiden?" Die neugierige Stimme von Timo war unverkennbar, aber ich ließ mir nichts anmerken und hielt meine Augen geschlossen.

"Ihr schlaft kaum noch getrennt, seit kaum noch allein anzutreffen und Simon hat euch sogar hinter der Bühne rumknutschen sehen."

Ein Prusten war zu hören und dann ein beinah entsetztes "Was?!" von Paola. Ich musste mich sehr zusammenreißen, nicht ebenfalls loszulachen, aber irgendwie schaffte ich es.

"Naja, nach was sieht es denn aus?" Jans ruhige Stimme war wegen dem Gelächter der anderen kaum zu hören, aber die Art, wie er es sagte, jagte mir einen Schauer über den Rücken.

"Also? Seit ihr es jetzt, oder nicht?" Sasha schien es kaum noch erwarten zu können. Doch anstatt einer Antwort spürte ich plötzlich Jans sanften Atem an meinem Ohr.

"Möchtest du vielleicht auch was dazu sagen?" Überrascht drehte ich meinen Kopf und sah ihn an. Sein Gesicht war keine zehn Zentimeter von meinem entfernt und seine blauen Augen bohrten sich ihn meine.

"Wie ...?" Fragte ich noch immer perplex, aber er unterbrach mich.

"Ich hab dir doch heut morgen schon gesagt das ich weiß, dass du nicht schläft" er lächelte und mein Herz hämmerte wie wild gegen meine Brust. Die Wärme aus purem Glück durchfloss meine Adern wie heiße Schokolade. Der Mann machte mich wirklich fertig. Ich hob meine Hand und fuhr mit einem Finger die Konturen seines Lächelns nach. Ohne Worte. Wir wussten einfach, was der andere dachte und im nächsten Moment legten sich seine Lippen sanft auf meine.

"Na endlich", ertönte in diesem Moment Simons Stimme durch den Bus und der Rest der Gang brach ihn Jubelrufe aus. Nun wussten sie es und länger hätte ich es auch kaum vor ihnen verheimlichen können. Dafür liebte ich mein Kuscheltier einfach zu sehr.


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