Kapitel 2

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„Okay, Schluss für heute!", rief Josh, schlug ein letztes Mal mit den Drumsticks zu und erhob sich. „Also, Freitag Nachmittag die letzte Probe, dann ist am Samstag Abend unser Auftritt, alles klar?". Ich enthedderte mich aus dem Gurt meiner Gitarre und verstaute sie in der Tasche, als mich jemand auf die Schulter tippte und mir etwas hinhielt. „Vergiss nicht wieder dein Stimmgerät".

„Oh". Das hätte ich tatsächlich wieder einmal liegengelassen – wie die letzten zwei mal nach der Probe. Dankend nahm ich das kleine schwarze Gerät von einem grinsenden Josh entgegen, warf es mit in die Tasche und wartete darauf, dass Josh beiseitetrat, damit ich an ihm vorbei den Raum verlassen konnte, doch der rührte sich nicht vom Fleck. „Ist noch was?", fragte ich, während ich absichtlich lange am Reißverschluss herumzog, da ich jetzt echt keinen Bock auf eine Face-to-face-Diskussion mit ihm hatte. Ich war noch nicht allzu lange in dieser Band – einen Monat, um genau zu sein – weshalb ich die übrigen Mitglieder bis jetzt noch nicht so gut kannte. Harry, unser Frontsänger, mit dem ich im selben Musikkurs war, hatte mich in einer Kursfeier Gitarre spielen und singen gehört, worauf er mich voller Begeisterung mit zur nächsten Bandprobe geschleppt hatte – und siehe da: Schon war ich zu einem scheinbar unentbehrlichen Mitglied geworden. Neben Josh, der die Anführerrolle innehatte, Harry und mir, gab es noch Ed als Profi am Klavier und Louis, der sich um die Technik und den Sound kümmerte und nebenbei manchmal Harry beim Singen unterstützte. Ich war bis jetzt noch bei keinem Auftritt dabei gewesen, aber offenbar waren sie ziemlich flexibel, was das Programm anging – von Pop, Rock zu schnulziger Musik war alles drin. Im Moment übten wir doch tatsächlich an „The Rose" herum, weil uns Bekannte von Louis gefragt hatten, ob wir nicht an ihrer Hochzeit spielen wollten und sie sich genau dieses Lied gewünscht hatten. Josh hatte zwar ein klein wenig gemosert, weil er eher auf Rockigeres stand, aber für die Restlichen von uns (mich eingeschlossen) brachte dieser Song Gänsehautfeeling mit sich.

Ich kam mit allen aus der Band zurecht, nur bei Josh fühlte ich mich unwohl. Er wirkte irgendwie ... schleimig und besserwisserisch auf mich, einfach ein wenig unsympathisch, noch dazu, weil er offenbar großen Wert darauf legte, dass wir BestFriends wurden, wobei ich der hundertprozentigen Überzeugung war, dass dies nie der Fall sein würde.

„Weißt du, Niall ...". Josh lehnte sich mit verschränkten Armen gegen die Wand und wartete, bis ich mich widerwillig aufgerichtet hatte und ihm ins Gesicht schaute. „Mir ist aufgefallen, dass wir beide irgendwie noch nicht richtig miteinander auszukommen scheinen". Er lächelte, doch mir drehte sich dabei fast der Magen um. Was hatte ich nur für ein Problem? Ich kannte ihn nicht mal anständig, und schon steckte ich ihn in die Schublade der Leute, die ich nicht riechen konnte? „Wirklich?". Ich lachte etwas zu atemlos. „Davon ist mir nichts aufgefallen". Ich spähte verstohlen auf die Uhr, wie schon heute im Unterricht und verfluchte sie in meinen Gedanken, warum sie nicht einfach schneller laufen konnte.

„Mir aber umso mehr. Es würde mir eine Freude machen, wenn wir uns mittags in der Cafeteria einfach mal zusammensetzten, um uns besser kennenzulernen", erklärte Josh fröhlich weiter, der meine widersprüchlichen Empfindungen nicht zu bemerken schien. Ich seufzte innerlich auf. Wieso denn eigentlich nicht? Ganz unrecht hatte er nicht: Wir kamen auch nicht so wirklich miteinander aus – ob es nur an mir lag, weil ich ihn schon abgestempelt hatte, oder an uns beiden, wusste ich nicht. „Okay", beschloss ich schließlich und rang mir ein halbwegs echt wirkendes Lächeln ab. Bevor ich etwas hinzufügen konnte, klatschte Josh schon begeistert in die Hände. „Wunderbar! Morgen Mittag?".

„Äh ... klar", stammelte ich verwirrt. Irgendwie ging mir das hier gerade ein wenig zu hektisch, aber bevor ich meinen inneren Terminkalender durchging und dabei vermutlich wie der letzte Vollidiot wirkte, stimmte ich lieber gleich zu. Josh klopfte mir kameradschaftlich auf die Schulter und ließ seine Hand dort ein wenig länger liegen, als meiner Meinung nach nötig gewesen wäre, weshalb ich mich ungeschickt räusperte und mich nach meiner Gitarrentasche bückte, sodass er seine Hände wohl oder übel zurückziehen musste. Mein Gesicht brannte vor Verlegenheit. Himmel, warum musste ich immer so peinlich sein?

„Soll ich dir tragen helfen?".

Bitte WAS? „Nein nein, nicht nötig". Schnell drückte ich mich samt der sperrigen Gitarrentasche an ihm vorbei und stürzte buchstäblich aus dem Raum und die Treppe hinauf, bevor Josh auf die Idee kommen konnte, sich weiter mit mir unterhalten zu wollen. Um alle Unstimmigkeiten zu beseitigen: Unser Proberaum befand sich im Keller der Schule, in einem Klassenzimmer, das früher mal als Musikraum genutzt worden war, dann jahrelang leergestanden hatte, bis Josh und seine Leute angerückt waren. Unsere Proben fanden je nach Termindruck immer Freitag Nachmittag statt, oder eben auch mal Montags, wie heute, wenn ein Auftritt anstand. Normalerweise machte mir es ausnahmslos Spaß, mit den Jungs zu proben, aber ich musste zugeben, dass Josh mich in letzter Zeit ganz schön nervös machte. Und als wäre die Diskussion mit ihm nicht schon genug für diesen Tag gewesen (von Zayn ganz zu schweigen), blieb ich an der letzten Treppenstufe mit dem Fuß an dem kleinen Vorsprung hängen und klatschte der Länge nach hin; die Gitarrentasche (die Gott sei Dank teuer gewesen und deshalb ziemlich robust war) schlitterte ein paar Meter weiter und stieß mit einem sanften Geräusch an die gegenüberliegende Wand des Gangs. Stöhnend stemmte ich mich auf Hände und Knie und versuchte, das schmerzende Pochen in meiner Magengegend zu ignorieren. „Shit".

„Niall! Bist du okay?", schallte Joshs Stimme hinter mir von der Treppe herauf und im nächsten Moment hörte ich seine Schritte, die schnell näherkamen. Ich stöhnte innerlich ein zweites Mal auf. Nein! Der hatte mir jetzt gerade noch gefehlt. Als er mich auf die Beine zog, hätte ich vor Verlegenheit im Boden versinken können. Was sollte er nur von mir denken? Das war eines meiner größten Probleme: Ständig machte ich mir Sorgen, was die anderen von mir denken könnten, ständig hatte ich das Gefühl, mich lächerlich zu machen und ständig glaubte ich, von allen angestarrt zu werden. Liam versuchte immer wieder, mir diese schon beinahe krankhafte Wahrnehmung auszureden, aber da konnte er ebensogut mit seinem Kleiderschrank sprechen. Es war nicht so, dass ich es nicht versuchen würde, aber es war eben verdammt schwer.

Und wie es der Zufall wollte, trabte nun auch noch eine weitere Person vom ersten Stock herunter und blieb wie angewurzelt stehen, als wir in Sichtweite kamen. „Was soll das hier denn werden?".

GAAAAAAH! Zayn. Er musterte uns mit einem belustigten Blick, beide Augenbrauen hochgezogen. Ich beschloss, nicht auf seine bescheuerte Frage einzugehen; ganz ehrlich – jeder Idiot sah, das ich wieder mal zu blöd zum Gehen gewesen war und deshalb Bekanntschaft mit dem überaus freundlichen Boden gemacht hatte. „Alles okay, Josh", wandte ich mich deshalb an Josh, der noch immer neben mir stand und mich an der Hüfte umklammert hielt. In Gedanken das Gesicht verziehend befreite ich mich aus diesem Griff, und humpelte ungeschickt zu meiner Tasche hinüber, wobei ich fest überzeugt war, dass beide mit anstarrten und sich über mich lustig machten, doch als ich mich mit hochrotem Kopf wieder umdrehte und ihnen einen schnellen Abschiedsgruß zurufen wollte (ja, ich besitze so etwas wie Höflichkeit), funkelten sie einander wütend an.

„Devine. Ich wusste gar nicht, dass du auf diese Schule gehst", knurrte Zayn Josh an, der seine Hände zu Fäusten geballt hatte und den Blick seines Gegenübers mit dem gleichen Zorn erwiderte. „Und wie ich sehe, hast du bereits dein nächstes Opfer gefunden".


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Okay, dieses Kapitel ist das reinste Chaos xD Himmel, ich bin gespannt auf eure Reaktionen ... WIe immer freu ich mich natürlich über Votes und Feedback :D Widmung an XxStromSaugexX , die mich mit ihren Kommis dazu ermuntert hat, weiterzuschreiben! Vielen vielen Dank! ;) Ich bin mir echt unsicher, was diese Story betrifft ...

Dann wünsch ich euch morgen einen schönen Feiertag, und somit bis zum nächsten Kapitel, wenn ihr bis dahin noch hier seid :D <3




Stay away  - ZiallWo Geschichten leben. Entdecke jetzt