Kapitel 8

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Die nächsten Tage schaffte ich es tatsächlich, sowohl Josh als auch Zayn erfolgreich aus dem Weg zu gehen, indem ich um jede Ecke spähte, bevor ich einen Raum oder einen Gang betrat und als Erster aus dem Kurszimmer stürzte, bevor mich einer beiden zurückhalten konnte. Vor dem Kunstunterricht (der am Donnerstag schon wieder anstelle von Deutsch stattfand) tat ich so, als hätte ich einen Kreislaufkollaps (im Schauspielern bin ich angsichts von Notsituationen unschlagbar), worauf ich von irgendeinem Lehrer, dessen Namen mir nicht bekannt war, ins Krankenzimmer gesteckt wurde und danach mehrmals beweisen musste, dass ich kerngesund war, bevor er den Notarzt rufen konnte. Doch dieses Glück währte nur bis Freitag, an dem nachmittags schließlich unsere wöchentliche Bandprobe stattfand. Fast hätte ich meiner Mutter eine Krankheit vorgegaukelt, um zu Hause bleiben zu können, doch dann hätte ich mit Sicherheit auch den Auftritt vergessen können, sodass ich am Morgen in äußerster Nervosität meine Gitarre einpackte, ohne Rücksicht auf die dabei entstehenden Eselsohren die Blätter mit hineinstopfte und zum Bus wetzte. Der Vormittag verlief wieder verhältnismäßig friedlich. Als ich die ganze Pause über am Treppengeländer stand und in die Gänge spähte, ob sich Zayn oder Josh näherten, fing Liam allmählich an, sich Sorgen um meinen Geisteszustand zu machen. „Ni, ich will ja nicht irgendwie aufdringlich sein oder mich in deine privaten Angelegenheiten einmischen, aber du benimmst dich in letzter Zeit etwas ... gewöhnungsbedürftig."

Bei seiner wie üblich hochgestochenen Ausdrucksweise musste ich trotz allem grinsen. „Ich habe nur keine Lust, meinen speziellen Freunden über den Weg zu laufen."

Liam seufzte. „Ich verstehe dein Problem immer noch nicht. Josh ist doch ein super Typ. Er ist freundlich, charmant, ..."

Genervt hob ich die Hände, um seiner Lobtirade ein Ende zu machen. „Ich mag ihn einfach nicht, okay?" Aus den Augenwinkeln sah ich plötzlich eine schnelle Bewegung, und als ich mich danach umdrehte, kam Josh winkend auf mich zu. „Oh shit. Ich bin dann mal weg."

„Heute Nachmittag wirst du mit ihm reden müssen!", rief Liam mir hinterher.


Als ich mir sicher war, dass alle anderen ebenfalls schon da waren, betrat ich mit schweißnassen Händen den Übungsraum und baute meine Utensilien so weit wie möglich vom Schlagzeug entfernt auf.

„Hey, Niall!" Ein gut gelaunter Harry kam auf mich zu. Seine Locken hingen wie immer wirr in alle Richtungen, seine auffallend grünen Augen blitzten schalkhaft und in den Händen hielt er eine Flasche Wasser, sowie ein zerknittertes Blatt Papier, auf dem einer der Songtexte zu sehen war – nicht, dass Harry einen Spickzettel brauchte, er nahm ihn lediglich dazu her, etwas fachgerecht zu zerstören, wenn ihm langweilig war. Ich mochte Harry, als normalen Freund, wohlgemerkt. Ich hatte ohnehin das Gefühl, dass er was mit Louis am Laufen hatte, doch ich wollte ihm natürlich nichts unterstellen, weshalb ich diesen Gedanken bis jetzt brav bei mir behalten hatte. „Hi, Harry." Man hatte schon einen gewissen Vorteil, wenn man weder Instrumente noch Technik-Kram aufstellen musste, so hatte man jede Menge Zeit, sich mit jedem zu unterhalten und kurz gesagt einfach nichts zu tun. Anfangs hatte Harry noch seine Hilfe angeboten, doch da jeder beim Aufbau schon seine eingespielten Handgriffe hatte, hätte er vermutlich mehr Verwirrung gestiftet als eine rechte Hilfe zu sein.

„Und, bist du wieder fit?" Er nahm einen Schluck von der Flasche.

„Hä?" Ich packte meinen Ordner aus – und schon ergoss sich eine Sintflut uneingehefteter Blätter über den ganzen Boden. Ich stöhnte auf, während Harry nur grinsend den Kopf schüttelte und mir beim aufsammeln half, bevor er weitersprach. „Ich habe gehört, dass du gestern nach Mathe zusammengebrochen bist."

Sofort lief ich knallrot an – er sprach natürlich von meinem kleinen Theaterstück, um Kunst verpassen zu können. „Achso, das", nuschelte ich undeutlich. „Mir geht's blendend."

Harry musterte mich eingehend. Sein Blick erinnerte mich ein wenig an den von Liam, wenn er besorgt war. „Bist du sicher? Du wirkst ziemlich durch den Wind."

Ich schenkte ihm ein schnelles, halbherziges Lächeln, von dem ich buchstäblich spüren konnte, dass es meine Augen nicht ansatzweise erreichte. „Ich hab zur Zeit ziemlich viel um die Ohren. Ich könnte Ferien im Moment ganz gut gebrauchen."

„Wer könnte das nicht."

Ich zuckte zusammen, als hinter mir Joshs Stimme erklang und er in der nächsten Sekunde schon neben mir stand und mich anlächelte. Verbissen konzentrierte ich mich auf das Blätterchaos auf dem Tisch vor mir. „Was war denn gestern?", wollte Josh mit besorger Stimme wissen. „Du bist umgekippt? Davon habe ich ja gar nichts mitbekommen."

Ich winkte ab und murmelte: „War nichts Weltbewegendes. Hatte nur etwas zu wenig getrunken." Mann Mann Mann, wie weit musste ich mein Märchen jetzt noch spinnen?

„Bist du jetzt okay?"

Naja, wenn er so fragte ... ich wäre mit Sicherheit okay – wenn er endlich Leine ziehen und mich in Ruhe lassen würde! „Mir geht's gut", wiederholte ich kurz.

Eine Hand legte sich auf meinen Arm. „Du siehst nicht so aus."

Mit einem Ruck ließ ich den Blätterstapel ein weiteres Mal fallen – halb aus echtem Entsetzen, halb aus Absicht. „Ups." Während ich mich bückte, fing ich Harrys Blick auf: Er zwinkerte mir zu und deutete in Joshs Richtung. Das Herz rutschte mir in die Hose. Nein! Wer wusste es denn jetzt noch alles? Machte Josh es so offensichtlich? Energisch schüttelte ich den Kopf und bedeutete ihm, seine auffälligen Zeichensprachebemerkungen für sich zu behalten.

Als wir den ganzen Kram letztendlich geordnet hatten, wollte ich schon erleichtert aufatmen und nach meiner Gitarre greifen, da rief Josh: „Leute, ich habt doch sicher für fünf Minuten was zu tun, oder? Ich muss mal kurz mit Niall sprechen."

Ich hatte das Gefühl, mein Gehirn könnte sich jeden Augenblick auf Nimmerwiedersehen verflüchtigen. Er ließ Probezeit draufgehen, um mit mir reden zu können? Scheiße! Ihm schien das Ganze wichtiger zu sein, als ich gehofft hatte. Betont langsam nickte ich und folgte Josh nach draußen. Kaum hatte er die Tür geschlossen, begann er zu reden. „Niall, es tut mir verdammt leid, dass ich dich so überrumpelt und mich dir aufgedrängt habe. Malik hat mich so wütend gemacht, ich war nicht ganz bei mir. Ich weiß, dass ich dir Angst eingejagt habe, und das tut mir schrecklich leid", sprudelte es aus ihm hervor.

Verblüfft betrachtete ich sein flehentliches Gesicht. Mein ganzer Verstand schrie danach, ihm die kalte Schulter zu zeigen und ihm nicht zu vertrauen, doch mein viel zu nachgibiges Herz war bei seinem schon fast weinerlichen Anblick natürlich schon erweicht. „Du hast mir zwar einen gewaltigen Schrecken eingejagt, aber schon okay, Josh."

Ein erleichtertes Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus. „Das wird nicht nochmal vorkommen. Wirst du ..." Er zögerte. „Wirst du mir denn vielleicht irgendwann einmal eine Chance geben?"

Nervös trat ich von einem Fuß auf den anderen und biss mir auf die Lippe. „Ich weiß es nicht", antwortete ich schließlich wahrheitsgemäß. „Vielleicht." Plötzlich hatte ich es wieder verdammt eilig, von ihm weg zu kommen, weshalb ich schnell nach der Türklinke griff und hineinschlüpfte, bevor er wieder zu sprechen beginnen konnte. Ich war so froh, dieser unangenehmen Unterhaltung entkommen zu sein, dass ich nicht mehr mitbekam, wie sich Joshs Lippen zu einem selbstsicheren Grinsen verzogen.

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Josh is evil :D Nur so nebenbei, hahahaha xD

Und tut mir leid, dass es so ver*dammt kurz ist ... -.- Meine liebe Aufteilung wieder

Bitte geht nicht alle weg, das wird schon noch spannender ;) Vielen Dank für die ganzen Kommis und Votes beim letzten Kapitel, ich hab mich richtig doll gefreut! <3 So auch die Widmung an elli_02  und NeyraStylinson  für ihre tollen und witzigen Kommentare!

Bis zum nächsten Kapi!

Stay away  - ZiallWo Geschichten leben. Entdecke jetzt