Kapitel 16

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Als wir auf den Parkplatz des Sportheims fuhren, in dem die Feier stattfinden würde, war von Gästen weit und breit noch nichts zu sehen, nur Joshs klappriger Kleinbus, mit dem er immer die ganzen Instrumente und den Technikzubehör (und manchmal auch uns Bandmitglieder) von einem Ort zum anderen transportierte, und Eds Motorrad standen auf den Parklücken gleich neben dem Eingang. Etwas zu hektisch sprang ich aus dem Wagen, sodass ich fast in einer Wasserpfütze ausgerutscht wäre. Bei diesem mistigen Wetter musste man ja depressiv werden. Für diese Nacht hatte der Wetterbericht Minusgrade vorhergesagt, soll heißen, dass ich am Montag auf dem Weg zur Bushaltestelle bei meinem unglaublichen Geschick vermutlich mindestens fünfmal auf dem Hintern landen würde. Seufzend nahm ich meinen Fuß aus der Wasserlache und fing dabei Liams Blick auf, der mich amüsiert beobachtete. „Du bist und bleibst einfach ein Tollpatsch."

„Danke", murmelte ich und wich einem vom Regen aufgeweichten Erdhaufen aus, der meinen Schuhen endgültig den Garaus gemacht hätte.

Am Eingang angelangt wollte ich gerade die Tür aufschwingen lassen, da wurde sie von innen geöffnet, sodass sie mir fast ins Gesicht gekracht wäre, wenn Liam mich nicht schnell rechtzeitig zurückgezogen hätte. Ihm war deutlich anzusehen, dass er sich einen ausgewachsenen Lachanfall verkniff. „Was hab ich eben noch gesagt?"

Bevor ich antworten konnte, wurde ich schon am Arm gepackt und in die Vorhalle des Gebäudes gezogen. „Niall! Ich wusste gar nicht, dass du kommst! Besser gesagt, ich hatte eigentlich nicht damit gerechnet", begann Louis sofort zu plappern. Unglaublich, wie viel Atemvermögen man als so kleiner Mensch haben konnte. „Spielst du mit?"

Bedauernd schüttelte ich den Kopf. „Ich leg lieber mal ne Pause ein."

Beruhigend klopfte Louis mir auf die Schulter. „Ist wahrscheinlich besser. Ich würde wirklich gerne wissen, was passiert ist."

Bei diesen Worten fiel mir erst wieder ein, dass außer Liam und meiner Mum noch keiner von der schrecklichen „Diagnose" wusste, die ich selbst erst heute Vormittag erfahren hatte, genauso wenig, was unseren Besuch bei der Polizei anging. Bei dem Gedanken, es meinen ganzen Bandkollegen erzählen zu müssen, wurde mein Gesicht ganz heiß. Nein, das würde ich nicht tun. Das ging niemanden etwas an. Noch dazu war es einfach nur verdammt peinlich, dass ich es zugelassen hatte, dass jemand mein Getränk mit einer Droge versetzte, wo man doch eigentlich jedem Jugendlichen eintrichterte, nie sein Getränk aus den Augen zu lassen. Wie zur Hölle war das Zeug überhaupt da rein gekommen? Mit Erschrecken ging mir auf, dass ich darüber noch kein einziges Mal nachgedacht hatte, wobei das eigentlich der naheliegendste Gedankengang hätte sein sollen.

Angesichts dieser Lage zuckte ich nur die Schultern und brummte etwas, das sich hoffentlich wie „ich auch" anhörte, während ich mich an ihm vorbei in den Saal schob und Liam mit mir zog, bevor dieser versehentlich etwas ausplaudern konnte.

Die anderen hatten die Bühne und den Technikkram schon aufgebaut und waren nun dabei, die Instrumente aufeinander abzustimmen, als ich mich mit einem gezwungen fröhlich klingendem „Hey, Leute" an die hohe Bühne lehnte.

„Niall!" Lächelnd hastete Josh zu mir herüber und schaffte es irgendwie, mich ohne meine Beihilfe auf die Bühne zu ziehen – meine Fresse, dieser Typ musste Muskeln haben. „Alles wieder gut?"

Ich zuckte nur die Schultern. Langsam schien sich das zu meiner Lieblingsantwortart zu entwickeln.

„Kannst du dich mittlerweile ... an irgendetwas erinnern?", fragte er etwas zögerlich weiter und scannte mit aufmerksamem Blick mein Gesicht, das hoffentlich ausdruckslos blieb. Wieso zum Henker interessierte ihn das so? Trotzdem schüttelte ich wahrheitsgemäß den Kopf. „Nichts. Ich bin mir nicht sicher, ob ich mich überhaupt erinnern möchte."

Stay away  - ZiallWo Geschichten leben. Entdecke jetzt