Kapitel 6

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Augenblicklich hörte Josh auf zu kauen und erstarrte, während seine auf mich gerichteten Augen schmal wurden. „Wieso willst du das wissen? Das hab ich dir doch schon gesagt: Aus einem Fußballverein."

Ich lachte etwas zu atemlos auf. „Ihr hättet euch gestern beinahe die Köpfe eingeschlagen. Da stellt man sich schon gewisse Fragen. Du siehst aus, als ob du ihn am liebsten umbringen wolltest. Und nur wegen eines Fußballvereins hegt man keinen solchen Hass auf jemanden." Wow, ich konnte Josh Devine die Stirn bieten und dabei auch noch einen grammatikalisch korrekten Satz von mir geben.

Seufzend legte Josh das Brötchen hin und klopfte sich die Brösel vom T-Shirt. „Vielleicht habe ich dir wirklich nicht alles erzählt, was ich aber auch nie tun werde. Manchmal ist es besser, nicht so viel zu wissen." Er schenkte mir ein Lächeln und erklärte dieses Thema für abgeschlossen, indem er fragte: „Hast du schon Pläne für das Leben danach?" Die letzten beiden Worte sprach er mit tiefer Grabesstimme, was mir sogar ein Grinsen entlockte, auch wenn mir die Antwort ziemlich peinlich war. „Um ehrlich zu sein, bin ich noch ziemlich unentschlossen. Am liebsten etwas mit Musik. Das ist das einzige, was ich wirklich kann."

„Sag das nicht." Josh kratzte eine Tomate vom Teller, die ihm eben von dem Brötchen darauf geklatscht war. „Jeder hat so seine unentdeckten Fähigkeiten und Leidenschaften." Er warf mir einen schnellen Blick zu. „Ist Payne jetzt eigentlich mit dieser Sophia endlich zusammen?"

Etwas überrumpelt von dem abrupten Themenwechsel schüttelte ich den Kopf, woraufhin Josh sich gespielt fassungslos die Hand an die Stirn schlug. „Das mit den beiden wird nichts mehr. Sind die so dermaßen blind?"

„Anscheinend." Langsam begann ich mich zu entspannen. Vielleicht war Josh doch gar nicht so übel, wie ich immer angenommen hatte. Okay, er war nach wie vor etwas arrogant, aber im Moment konnte ich mich recht gut mit ihm unterhalten und es machte sogar Spaß. Ich wollte ihn gerade auf unseren anstehenden Auftritt am Samstag ansprechen, als die Eingangstür der Cafeteria geöffnet wurde und ein Schwung der kalten Novemberluft hereindrang. Automatisch wandte ich meinen Kopf um – nur um schwarze Klamotten und braune Augen zu erspähen. Unwillkürlich rutschte ich tiefer in meinen Stuhl und hoffte inständig, dass er mich nicht entdeckte. Von meinem seltsamen Verhalten alarmiert folgte Josh meinem Blick und presste wütend die Lippen aufeinander, als er Zayn am Eingang stehen sah, der unglücklicherweise genau zu uns herüberstarrte – besser gesagt zu mir. Sein Gesicht wandelte sich von Verblüffung zu so einer blanken Wut, dass ich zusammenzuckte und mich am liebsten in der Toilette verkrochen hätte, zur Not auch in der der Mädchen.

„Was will der denn hier?", knurrte Josh mit dem gleichen Ärger in der Stimme, der sich auf Zayns Gesicht abzeichnete. Aus irgendeinem Grund verspürte ich das Bedürfnis, ihn herauszufordern, weshalb ich murmelte: „Wir befinden uns in der Schulcafeteria, die für jeden Schüler frei zugänglich ist. Die Wahrscheinlichkeit, dass Zayn früher oder später hier auftaucht, war ziemlich hoch." Wow, ich hatte gar nicht gewusst, dass ich so hochgestochene Formulierungen vom Stapel lassen konnte; Liam färbte wohl allmählich auf mich ab.

„Ja, aber ... nicht ER! Wer weiß, was er wieder plant." Josh ballte seine Hände so fest zu Fäusten, dass ich deutlich sah, wie seine Knöchel weiß hervortraten. Zum x-ten Mal fragte ich mich, was wohl wirklich zwischen den beiden vorgefallen sein mochte, dass sie einander so verabscheuten. Dass sie sich nicht riechen konnten, wäre die bodenlose Untertreibung des Jahrhunderts – zwischen den beiden herrschte purer Hass. Ich sah ihn jedes mal in Joshs Augen aufblitzen, sobald von Zayn die Rede war; jedes Mal verdunkelte er Zayn Gesicht, sobald er Josh erblickte. Zu allem Überfluss schlenderte Erstgenannter nun gemütlich auf uns zu, lehnte sich neben unserem Tisch mit verschränkten Armen an die Wand und musterte uns eingehend. „Horan", sagte er zur Begrüßung und nickte mir zu, was ich mit derselben Kopfbewegung beantwortete und inständig hoffte, er möge so bald wie möglich wieder Leine ziehen, bevor das hier in eine Rauferei mit Schwerverletzten ausartete.

Stay away  - ZiallWo Geschichten leben. Entdecke jetzt