(2) Komischer Kerl

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Dunkelheit, das ist alles was ich sehe, als ich verschlafen die Augen aufschlage. Was für ein wahnsinniger Traum. Der Mangel an Wasser saugt mir meine Gehirnflüssigkeit aus. Ich werde als verrückte enden. Obwohl...so ein kleines bisschen war ich es ja eh schon. Ein kleines hämisches Grinsen zierte meine Lippen als ich daran dachte, wie verrückt ich wirklich war. Ich lebe seit fünf Tagen auf der Straße nur damit ich meinen Willen bekomme. Aber das war typisch ich.
Ich streckte mich einmal ausgiebig wobei meine Wirbel protestierende Laute von sich gaben. Ich schmunzelte, als ich begriff, dass mein Erwachen im Traum genauso ablief. Die Magie von Storybrook eben. Aber seit wann bitte hatte Storybrooke denn einen Strand? An meiner Haut und Kleidung, klebten ganz eindeutig kratzige Sandkörner. Was war hier nur los? Hatte sie die Stadt in der Nacht etwa verwandelt? So wie damals, vom Wald zur Stadt? Aber warum das nur? Hatte Die Böse Königin wieder einen Fluch ausgelöst?
Ich hörte ganz eindeutig das Wasser, keine zehn Meter neben mir. Die Wellen schlugen im Sekundentakt am Ufer auf und barsten in einem schlichtem Geräusch. Irgendwie gefiel es mir. Es hörte sich beruhigend an. Dennoch, was ist hier los? Verwirrung breitete sich in mir aus. Vielleicht war das alles ja doch bloß nur ein Traum? Ja, das musste es sein. Ein Traum, ein Hirngespinst. Das war alles. Absolut harmlos und nicht real. Mit dieser Erkenntnis legte ich mich wieder hin und versuchte zu schlafen. Das beruhigende Geräusch der Wellen half mir dabei, obwohl ich mich wunderte, weshalb sie so klar und deutlich zu hören waren. Noch nie hatte ich solch realistisch wirkende Gedanken.

Dieses Mal war es nicht dunkel. Hell. Viel zu hell. Die Sonne strahlte mir fröhlich ins Gesicht und blendete mich. Ach was sag ich da. Ich war jetzt blind. Doch nach ein paar Sekunden verschwanden die schwarzen Punkte vor meiner Nase und ich schlug vorsichtig die Augen auf.
,,Is ja nicht wahr", entfuhr es mir. Gut ich hatte drei Optionen. Entweder war ich immer noch in meinem Traum, Storybrooke hat sich wirklich verwandelt oder mein erster Traum mit der Zauberbohne war wahr. Ich hatte Storybrooke wirklich verlassen? Ich konnte mein Glück kaum fassen. Endlich frei von der Tyrannin aka meiner Mutter. Aber ein Problem hatte ich trotzdem noch. Wo war ich? Ein riesiger Dschungel erstreckte sich vor mir. Strand und Dschungel. Welches Märchen hatte einen Dschungel? Tarzan? Ok, ich weiß dass das kein Märchen war. Aber hey vor einem Jahr hätte ich nicht gedacht, dass meine Mutter eine böse Hexe ist.
Bringt doch nix. Ich seufzte einmal lautstark und begab mich dann in's Ungewisse.

Äste knackten unter meinen Füßen. Der Wind blies mir ab und zu ins Gesicht und brachte meine Haare ganz durcheinander. Die Sonne lag hoch am Himmel. Wie spät mochte es sein? Mittag? Jedenfalls hatte ich Hunger. Und auch mein Durstgefühl ging nicht zurück. In einem Wort: mir ging's scheiße. Und das war noch untertrieben. Ich wusste nicht wo ich war. Wer weiß, was hier für kranke Gestallten ihr Unwesen trieben.

Ich wusste nicht wie lange ich jetzt umher streifte, in der Hoffnung noch ein lebendiges Menschliches Wesen zu finde, dass mir vielleicht mal erklären könnte wo ich hier bin. Aber natürlich gab es niemanden. Oder ich traf einfach keinen. Auf Versteckspiel hatte ich wirklich keine Lust. Ok, ok jetzt geh mal strategisch vor. Essen und trinken, einen Schlafplatz von welchem ich nicht so angreifbar war und zur Not schnell flüchten konnte und irgendwas zum Warmhalten. Es war zwar nicht besonders kalt aber man weiß ja nie. Außerdem könnte ein Feuer wilde Tiere von mir fern halten...oder Feinde anlocken. Vielleicht aber auch Verbündete. Naja ich habe wohl keine Wahl. Wenn ich nicht sterben wollte, dann musste ein Feuer her. Aber schnell. Also suchte ich mir Holz zusammen und stapelte es aufeinander. Die Lichtung die ich mir ausgesucht hatte um hier zu nächtigen, lag tief versteckt zwischen den Bäumen. Ich hoffte einfach mal, dass mich die richtigen Personen finden würden. Mein Vertrauen würde ich jedenfalls nicht so schnell hergeben. Ich wusste von genug Geschichten in denen Hexen, böse Zauberer oder weis der Geier was, sich erst dein Vertrauen erschlichen und dich dann in ihre tödliche Fallen lockten. Hensel und Gretel war da ein gutes Beispiel. Aber die waren glücklicherweise in einem Wald und keinem Dschungel. Aber ich hatte so ein Gefühl, dass es hier so etwas ähnliches gab.

Kopfschüttelnd machte ich mich daran, dass Feuer zu entfachen - was kläglich scheiterte. Diesen Trick mit den trockenen Ästen hatte ich noch nie gerafft. Ich war dafür einfach zu unterbelichtet. Eigentlich hätte ich nur etwas Magie ins Spiel bringen müssen aber ich hatte ein Gefühl, dass ich beobachtet wurde. Und demjenigen offenbarte ich nicht besonders gerne meine Kraft. Vielleicht war ich dann einfach uninteressanter. Außer etwas Feuer war sowieso noch nicht drin. Ich hatte meiner Mutter nie zugehört, als sie mir versuchte schwierigere Sachen zu erklären. Dafür wurde ich dann zwar immer bestraft aber das war es mir wehrt.

Dämlich wie ich war, rutschte ich ab und hieb mir einen Splitter in den Finger, was ich mit Flüchen quittierte. Ich sprang auf und schleuderte den Haufen einfach in irgendeine Ecke. Auch mein Ast, den ich als Anzünder benutzen wollte, landete achtlos hinter mir. Ich wartete drei Sekunden in denen ich stocksteif da stand. Ich hatte ihn nicht fallen hören. Da war ein Geräusch gewesen aber nicht der des Aufpralls eher eine Art dumpfer Schlag. Als ob ihn jemand gefangen hätte. Erschrocken drehte ich mich um und schrie fast auf. Ok, cool bleiben alles gut.

,,Ach gibt's hier doch Leben. Ich dachte schon ich wäre alleine", sagte ich so selbstbewusst wie nur irgend möglich. Obwohl ein leichtes zittern meiner Stimme beiwohnte. Die Gestallt kam einen Schritt auf mich zu. Also vom Körperbau war er definitiv ein Junge. Wirklich erkennen konnte ich das nicht, da er einen Umhang trug. Die Kapuze tief ins Gesicht gezogen. Alles was ich sah, waren ein paar verstrubbelte, blonde Haaransätze, die darunter hervor lugten. Über der Schulter trug er eine große und ziemlich tödlich aussehende Keule. Das Ding war mindestens so groß wie ich. In der linken Hand hielt er meinen Anzünder, den er jetzt achtlos fallen ließ. ,,Wie erst auffangen und dann hinschmeißend?", blaffte ich. Es war vielleicht keine so gute Idee denn ich vernahm das Geräusch eines Bogens der gespannt wurde. Sein Ziel war klar. Ich. ,,Und für ein Vorlautes Mundwerk wird man gleich abgeknallt?", fragte ich weiter. Kann ich nicht mal die Fresse halten? Aber eins hatte ich noch. ,,Ihr seit mir ja ein paar Gastgeber. Echt toll. Ich werde euren Dschungel mit fünf Sternen bewerten falls ich je wieder nach Hause kommen sollte." Und spätestens jetzt war ich tot.

,,Du kommst nicht wieder zurück", sagte der Typ monoton. Wie jetzt? Nie mehr zurück? Ich zuckte gelangweilt mit den Schultern. ,,Dann habe ich meinen Zweck ja erfüllt." Obwohl ich desinteressiert tat, war ich innerlich total euphorisch. Nicht mehr zurück. Ich konnte es kaum fassen. Aber mein gesunder Menschenverstand meldete sich. ,,Nur aus Neugier. Wieso kann ich nicht zurück?" Ein hämisches Grinsen bildete sich auf seinen schmalen Lippen, die ich gerade noch so erkennen konnte. ,,Weil das hier dein Tod sein wird." ,,Sehr präzise, danke", verdrehte ich die Augen. ,,Und was genau ist 'das hier'?" Er breitete die Arme aus. ,,Weil das hier Neverland ist", rief er enthusiastisch. Neverland? War das nicht Peter Pan's Land? Das Nimmerland? Ja mein Gott. Pan war gut, weshalb sollte ich also sterben? ,,Ja und jetzt?", fragte ich. Der Typ nervte langsam echt. Er grinste wieder so hämisch. ,,Du hast seinen Plan vereitelt und bist hierher gekommen. Das macht dich zu seinem Feind. Die Tatsache, dass du ein Mädchen bist stimmt ihn nicht gerade milde. Vielleicht hätte er einen Jungen noch aufgenommen. Aber dich..." Er ließ den letzten Satz unvollendet. ,,Wer?" Er schwang seine Keule auf den Boden und stützte sich darauf ab. ,,Das findest du schon noch raus. Er kommt dich auch selbst irgendwann besuchen." ,,Und warum bist du dann hier", fragte ich spöttisch. ,,Ich sollte dich einschätzen. Gefahr oder Beute. Und ich schätze zweiteres." ,,Und deshalb wird mit nem Pfeil auf mich gezielt?" Mit einem Finger zeigte ich hinter mich auf den Jungen der den Bogen hielt. ,,Absicherung", sagte er. ,,Wir sind zwar verloren aber nicht lebensmüde." ,,Dann seit ihr also die verlorenen Jungs ja? Ihr seht anders aus als beschrieben. Nichtmal den Autoren ist heutzutage noch zu trauen." Er zog eine Augenbraue hoch. Denke ich mal, denn seine Kapuze zog leichte Falten. Er beobachtete mich noch eine Weile was mich nervös machte, dann schwang er seine Keule zurück auf seinen Rücken und drehte sich um. Wollte der jetzt ernsthaft gehen? ,,Und dein Resultat?", rief ich hinter ihm her. Über seine Schulte hinweg schaute er mich an. Naja, mehr als seinen Mund bekam ich ja eh nicht zu sehen. ,,Nicht zu gebrauchen und dem Tode geweiht", lächelte er und verschwand. Komischer Kerl.

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