(3) Wildschweine und Hirsche

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Neverland also, ja? Ist ja super. Keine Erwachsenen, keine Regel, für immer jung. Besser hätte es mich doch nicht treffen können. Obwohl der komische Typ von gerade ja gesagt hatte, dass Neverland mein Tod sein würde. Ich hatte IHN zu meinem Feind gemacht. Wer auch immer er war. Die verlorenen Jungs gehörten doch eigentlich zu Peter Pan und der war mehr als gut. Allerdings, wenn das ein netter, unschuldiger Verlorener gewesen sein sollte, bin ich eindeutig im falschem Buch. Seit wann sehen die so gruselig aus und sind so alt? Der von gerade war bestimmt siebzehn. Und seit wann machen die einem Angst? Und Pan hasste Mädchen eigentlich nicht. Im Gegenteil. Er suchte ein Mutter für seine Jungen. Die kleinen, wehrlosen Jungen. Wenn ich mich recht erinnere war es Wendy die er gefunden und zu sich geholt hatte. Allerdings wollte mir das Ende der Story nicht mehr einfallen.

Ich versuchte mir diesen Pan mal mit dem Märchenpan zu vergleichen.
Der aus dem Märchen war hilfsbereit, nett, freundlich und sah nichtmal aus wie vierzehn. Wenn der hier einen so gefährlichen Typen wie den vorhin befehligte, konnte ich mir vorstellen, dass er selbst mindestens sechzehn war. Obwohl man das hier ja schlecht feststellen konnte. In Neverland stand die Zeit still.
Außerdem war er garantiert nicht der nette, fröhliche Nachbarsjunge von Nebenan. Aber einen bösen Peter Pan? Geht das überhaupt? Völlig unvorstellbar. Und seit wann zum Teufel schreckten ihn Mädchen ab? Seine beste Freundin war Tinkerbell. Eine kleine süße, glitzernde Fee. Eine sehr nervige, noch dazugesagt. Aber die zwei waren dennoch unzertrennlich.

War doch alles verrückt. Ich ließ mir diesen Gedanken noch mal auf der Zunge zergehen. Ein böser Peter Pan. Absurd. Völlig krank. Na hoffentlich lässt der sich bald blicken. Ich brannte darauf ihn kennen zu lernen. Aber dann viel mir was ein. Was, wenn Pan nicht der böse war? Wenn die verlorenen Jungs sich von ihm abgewandt hatten und für jemand anderen kämpften? Einen wirklich bösen und völlig psychopathischen, kranken Kerl? Oder Mädchen, man weiß ja nie.
Und wieso hatte ich seinen Plan vereitelt? Henry konnte nicht entführt werden. Warum sollte er überhaupt entführt werden? Der kleine Junge konnte ja schlecht kämpfen. Rache? Erpressung? Eine plausiblere Erklärung würde mir nicht einfallen. Warum lässt man einen kleinen Jungen in eine fremde, total abgeänderte und wahnsinnige Märchenwelt entführen? Tja, das galt es jetzt herauszufinden. Oh man. Wäre ich doch einfach zu Hause geblieben.

Schreie weckten mich. Verdammter Mist! Wer um alles in der Welt weckte mich gerade? Was meine Mutter nach meiner Ankunft bei ihr als erstes auf die harte Tour lernen musste war eindeutig, dass ich schlafen liebte und ich ziemlich angepisst war wenn ihn mir jemand nahm. Wütend riss ich die Augen auf. Wenn das keine Schmerzensschreie waren, dann kommen gleich welche. Ich stand immer noch auf der Lichtung von gestern. Das Feuer hatte ich aufgestapelt aber nicht entzündet, da mir warm genug war. Ich schnappte mir einen der größten Äste und schaute mich um. Dann wieder der Schrei. Das waren eher Jubelschreie. Was gibt's denn zu feiern? Augen verdrehend machte ich mich auf den Weg in die Richtung des Störenfriedes. Ich verließ die Lichtung und machte mich auf in den Wald. Keine zwei Sekunden später sauste mit einer enormen Geschwindigkeit ein zischender Gegenstand direkt vor mir vorbei und bohrte sich mit einem krachen im nächstem Baum fest. Erst war ich erschrocken bis ich die Situation verstand. Mein Kopf flog zu dem schützen herum, der mich blöd angrinste. ,,Bist du bescheuert?", schrie ich ihn an. ,,Tut mir leid. Dachte du bist ein Wildschwein. War nicht mit Absicht." Ich glaub ich spinne. Ich schaute nochmal zu dem Pfeil. ,,Das ist Augenhöhe. Wie große Schweine habt ihr hier bitte?" Hinter ihm tauchten zwei weitere Typen auf, die genauso bescheuert grinsten. ,,Dann halt n' Hirsch", brüllt er mir rüber. Ich kochte vor Zorn. Wenn die anderen zwei nicht mit ihren Bögen und Armbrüsten aufgetaucht wären, wäre ich auf ihn losgegangen. Ja so lebensmüde war ich. Ich hatte ja auch nichts zu verlieren. ,,Ach komm. Ich hab mich doch entschuldigt", brüllt er wieder und grinst dabei abartig. ,,Ja super", murmle ich und gehe zurück zur Lichtung. Idioten. Alles Idioten. Aber spätestens jetzt war ich mir sicher. Wenn Pan immer noch der Anführer war, dann war er auf jeden Fall völlig anders und komplett verrückt. Eigentlich war ich viel zu aufwühlt aber da ich immer noch ich war, legte ich mich wieder hin und versuchte weiter zu schlafen. Aber jetzt mal echt. Wie könnte ich? Nicht mit den herumsausenden Pfeilen und den jagenden, schreienden Jungs um mich herum. Es waren eindeutig mehr als drei. Seit wann schreit man beim Jagen? Ok, beruhige dich. Das ist nur Provokation. Lass dich nicht drauf ein. Alles gut. Die Erde neben mir explodierte. Jetzt schießen die sogar auf mich? Sterben werde ich nur wenn sie nachhelfen. Genervt zog ich den Pfeil, der nicht mal einen halben Meter neben meinem Kopf gelandet war, aus der Erde, zerbrach ihn und warf ihn weg.sie sahen zwar alle älter aus, waren aber im Innern noch pubertierende Jungs. Was konnte man von heimatlosen und unbeaufsichtigten Jungen auf einem Haufen schon erwarten? Nicht viel. Und wenn ihr Anführer, sei es Pan oder ein anderer, noch ein verrückter sein, dann hatte die Vernunft keine geringste Chance mehr. Ein weiterer Pfeil bahnte sich den Weg neben mich. Er flog knapp über mein Gesicht hinweg und ich zuckte zusammen als ich den kalten Luftstrahl spürte. Doch ich blieb einfach liegen und wartete darauf, dass sie endlich verschwanden.

Eine Stunde später war es so weit und sie machten sich laut grölend in Richtung...ja keine Ahnung. Hauptsache weg. Vorsichtig öffnete ich die Augen und blickte in ein Meer von Geschossen. Die haben wirklich ihre ganze Munition verballert. Jetzt blieb die Frage: weshalb? Wahrscheinlich war ihnen einfach langweilig und ich gab das perfekte Ziel ab. Aber tyrannisieren konnten sie mich nicht. Ich war eindeutig schlimmeres gewöhnt. Nerven, dass taten sie auf jeden Fall ziemlich. Na das kann ja noch lustig werden.

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