08. Die Wahrheit

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Von überallher erklang nicht zu überhörendes Gekicher, als Professor Halsur die Treppe zum Rednerpult in der Mitte des großen Konferenzsaals hinaufstieg. Niemand lachte wirklich, aber fast keiner konnte sich ein Grinsen verkneifen.

Professor Halsur blickte sich im Saal um, und sah wie seine Kollegen untereinander tuschelten, und ganz offen dabei auf ihn zeigten. Als er seinen Antrag auf Vortragszeit gestellte hatte, hatte der Chefsekretär tatsächlich zugestimmt, dass er als erster seine Arbeit präsentieren durfte. Wahrscheinlich nur, weil seine Kollegen so gespannt darauf waren, worüber sie sich würden amüsieren können.

Halsur kümmerte das nicht. Er würde derjenige sein, der morgen würde lachen können.

Mit zeremonienartiger Langsamkeit breitete er seine wenigen Notizzettel auf dem Rednerpult aus. Dann wartete er bis das Gekicher zumindest etwas abeklungen war, und begann.

„Meine sehr geehrten Kollegen und Kolleginnen. In diesem Moment kann ich ihre Gedanken lesen. Sie denken: Gleich fängt er an über die Dicke der Schleimspur von Asteroidenschnecken zu referieren. Aber ob sie es glauben oder nicht, mein Vortrag heute ist einem ganz anderen Thema gewidmet. Zuerst einige harte Fakten...“

Er nahm einen Schluck Wasser aus dem Glas auf dem Rednerpult und fuhr fort.

„Ich habe hier eine Liste der 100 teuersten wissenschaftlichen Projekte, die im Moment laufen. Um nur die ersten zwei zu nennen:

Ein Teilchenbeschleuniger im Eisplaneten Gisezin, mit einem Durchmesser von 50 000 Kilometer. Kosten: 4 593 Milliarden Credits.

Der modernste Computer des Universums, der mit verschränkten Strings arbeitet. Kosten: 3 958 Milliarden Credits.

Gesamtkosten der auf der Liste verzeichneten Projekte: 789 598 Millarden Credits.

Ich mache heute eine Prophezeiung: All diese Projekte, verehrte Kolleginnen und Kollegen, werden nach meinem Vortrag vorerst eingestellt, damit sich die gesamte wissenschaftliche Gemeinschaft einem Projekt von höchster Wichtigkeit widmen kann. Nämlich dem Projekt das ich Ihnen jetzt vorstellen werde.“

Gelächter erklang, allerdings kein sehr amüsiertes. Es klang eher hämisch. Hier und da erhoben sich protestierende Stimmen, und einige der Wissenschaftler schickten sich sogar an, den Saal zu verlassen. Doch sie hielten an, als Halsur wieder zu sprechen begann.

„Meine Damen und Herren, dieses Projekt von dem ich spreche ist anders als jedes andere wissenschaftliche Projekt in der Geschichte des Weltalls. Es geht nicht um den wissenschaftlichen Fortschritt, es geht um die Sicherung unserer Existenz. Jedes Wesen im Universum befindet sich in akuter Lebensgefahr. Etwas Ungeheuerliches ist geschehen. Ein unglaublicher Vorgang ist in Gang gekommen der, wenn wir ihn nicht aufhalten, uns alle vernichten wird. Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen, um es mit einem Satz zu sagen:

Das Universum schrumpft!“

(<>..<>)

„Guten Tag, der Herr.“ Cidos Vater trat aus dem Haus und packte den hölzernen Griff in seinen Händen fester. „Cido hier hat mir erzählt, dass sie gerne ein paar meiner Metallteile hätten.“

„Ja. Und ich zahle gut.“ Nhol deutete auf die scharfe Klinge am Ende des hölzernen Griffs. „Sie können das Beil gleich wieder wegstecken.“

„Hmm.“ Nachdenklich rieb sich Cidos Vater das Kinn. „Da bin ich mir nicht so sicher. Mein Sohn kapiert das nicht, der fegt jeden Tag die Dünen damit er per Satellit seinen Monatslohn zugeschickt bekommt. Aber mir ist klar: Mit Geld kann man hier nichts anfangen. Ich nehme keine Credits. Haben sie etwas nützliches zum tauschen dabei?“

Nhol hatte schon mit dieser Entwicklung gerechnet. Er hatte keine Credits. Seine letzten hatte er beim Kartenspiel verloren, und seine Ladung hätte ihm neue einbringen sollen. Langsam legten sich seine Finger um den Griff der Laserpistole unter seiner Jacke.

„Ich habe nur eine Ladung verbotener Spirituosen, ein paar Laserpistolen und einige alte Raumkarten.“

Die Mundwinkel von Cido's Vater zuckten kurz. „Nun, ich sage nicht, dass ich an dem ersteren nicht interessiert wäre, aber meine Frau...“

„Ich habe schon verstanden.“

„Tja, wenn Sie nichts anderes haben sitzen Sie hier wohl fest.“

„Ach wirklich?“ Nhol entsicherte seine Waffe.

Cido, der die ganze Unterhaltung mit angehört hatte, machte ein enttäuschtes Gesicht.

„Du kannst nicht wieder von hier weg? Wie schade, dann muss ich auch hier bleiben.“

Bei diesen Worten hellte sich das Gesicht seines Vaters erheblich auf.

„Warten Sie einen Moment. Wären Sie eventuell bereit den Benge- ähm, den Jungen hier mitzunehmen? Wenn ja, bekommen Sie die Metallteile umsonst.“

Nhols Kinnlade klappte herunter, und er vergaß die Lasepistole unter seiner Jacke vollkommen. „WAS? Ich soll den da zu meinem... unter meine Fittiche nehmen? Niemals!“

„Ich helfe Ihnen beim Zurechtbiegen und Schweißen der Teile für Ihr Raumschiff“, bot Cido's Vater an.

„Hmmm... Ich weiß nicht so recht...“

„Und Sie kriegen Proviant! Umsonst!“

„Abgemacht!“

„Jippieeeeeh!“ Cido machte einen Luftsprung und umarmte seinen Besen. „Ich gehe auf Abenteuerreise! Ich gehe in das weite Universum, und werde reich und berühmt und kann mir einen neuen Besen kaufen!“

Nhol kratzte sich am Kopf und sah dem davonhüpfenden Jungen mit dem Besen in der Hand nach.

„Ist der immer so?“

„Leider ja.“

„Dann müssen Sie aber viel Proviant drauflegen.“

U3 - Unternehmen umgedrehtes UniversumWo Geschichten leben. Entdecke jetzt