37. Kapitel
*Leilas POV*
Ich stand sprachlos in Madonnas Büro und starrte Shaina hinterher. Sie hatte wirklich vollkommen auf Durchzug geschaltet und war nach der Erklärung, dass sie ihre Mutter retten würde, energisch hinaus gestürmt.
Ich konnte es einfach nicht fassen. Das war doch echt unglaublich. Ausgerechnet Shaina, deren Vater sie bei der Zeremonie so beleidigt hatte, ausgerechnet eine von denen wollte sie retten? Ich hatte noch nie verstanden, wie Shaina an diesen jämmerlichen Menschen so hatte hängen können.
Ich blinzelte und merkte, wie ich langsam den Schock überwand. Doch ich schien nicht die Einzige zu sein, die von Shainas Alleingang mehr als überrascht war.
"Oh, heilige Göttin.", flüsterte Stuart mit erstickter Stimme und hielt sich die Hand vor den Mund. Wir Hexen hatten generell wenig mit den Menschen zu tun. Wir hielten uns aus ihrer Welt zurück und das eine Hexe sich für einen Menschen opferte, kam extrem selten vor und war vom Rat nicht gern gesehen.
Mutter hatte mir vor Ewigkeiten mal von den wenigen Ausnahmen berichtet. In den meisten Fällen ging es um menschliche Liebhaber, die dann hinerichtet wurden. Nachdem die Hexen von Menschen damals so dreist verraten wurden, durfte niemand mehr von unserer Existenz wissen.
Ich stand immer noch fassungslos in Madonnas Büro und wusste immer noch nicht, wie ich mit dieser Situation umgehen sollte. "Ich denke, sie aufzuhalten wäre zwecklos. Der Rat hat über die Situation ein Urteil gefällt. Wir werden wie geplant fort fahren und das Ritual heute Abend abhalten, wenn der Mond am höchsten steht. Miss Woodley hat sich für ihre Familie geopfert, dieses Opfer werden wir in Ehren halten. Aber der Beschluss des Rates steht.", Madonna wies mich mit einer energischen Handbewegung aus dem Raum.
Mein Körper fühlte sich an wie Wackelpudding, als ich Madonnas Worte in meinem Kopf ankamen und mir ihre Worte bewusst wurden. Shaina blieben nur noch zwei vielleicht drei Stunden, bis die Hexen den Fluch sprechen würden.
Bevor ich noch irgendwelche Widerworte geben konnte, schob mich der bullige Leibwächter hinaus und knallte die Tür zu. "Madonna, das können sie doch nicht machen!?! Es sind doch nur zwei Stunden. Das macht doch jetzt auch keinen Unterschied mehr ob wir noch warten oder nicht. BITTE!!", meine Stimme überschlug sich und das letzte Wort kam wie ein erstickter Schrei aus mir heraus.
Resigniert ließ ich meinen Kopf in die Hände fallen und versuchte angestrengt nachzudenken. Doch ich wurde immer verzweifelter. Wilde Szenarien malten sich in meinem Kopf aus und verunsicherten mich noch mehr.
Ich verspürte das starke Verlangen irgendetwas zu zerschlagen. Meine Wut rauszulassen. Wütend stampfte ich auf den Boden. Es milderte das Verlangen zwar nicht vollständig, machte es aber wenigstens ein kleines bisschen besser.
"Leila, ist alles okay?", Silas besorgte Stimme riss mich aus meinen Wutgedanken. Ich fuhr herum und starrte ihn immer noch wütend in die Augen. Sein ganzer Körper war angespannt und ihm stand ein besorgter Ausdruck ins Gesicht geschrieben.
"Nein, es überhaupt nichts okay!!", schrie ich zurück und schnaubte, bevor ich ihn an der Hand packte und hinter mir herzog.
Gemeinsam eilten wir die Gänge entlang. "Wir müssen verhindern, dass sie diesen verdammten Zauber sprechen. Und uns bleibt nicht mehr viel Zeit. Na los, komm schon, oder Shaina ist in weniger als zwei Stunden tot.", teilte ich ihm die Informationen mit und schleifte ihn weiter durch die Gänge.
Hoffentlich würde Shaina bald wieder kommen. Denn für mehr als zwei Stunden würden wir sie nie hinhalten können.
~
*Shaina POV*
Mich umfing ein grezenloses Gefühl der Freiheit, als ich das große Tor hinter mir ließ. Der kräftige Wind zerzauste meine Haare, der Geruch des Waldes stieg mir in die Nase. Mich umfing das Gefühl von Freiheit.
Die Mauern des Internats hatten doch sehr bedrückend gewirkt, wie mir aber wirklich erst jetzt bewusst wurde. Mit schnellen Schritten lief ich die steinige Brücke entlang, ein letzter Blick auf die Burg, dann wandte ich mich ab und konzentrierte mich auf das Naheliegende.
Mir blieb nur wenig Zeit um meine Mutter daraus zu holen, bevor die Hexen das gesamte Dorf auslöschen würden. Ja, vielleicht hatten sie es verdient, aber diese Graumsamkeit machte die Hexen doch kein Deut besser als die Dorfbewohner.
Schnell hatte ich die Brücke und den schmalen Weg hinter mir gelassen und den Eingang des Waldes erreicht. Mich trennten nur noch wenige Meter von meiner Mutter. Ein Gefühl der Vorfreude durchströmte mich.
Sie endlich wieder zu sehen. Nach dieser langen Zeit wieder ihren vertrauten Geruch einzuatmen und sie wieder in die Arme zu schließen. Die Briefe waren einfach kein Ersatz dafür.
Im Wald war es ruhig, nur die leichte Brise ließ die Blätter rascheln und verlieh dem Wald einen unheimlichen Schein. Immer wieder zuckte ich bei den raschenlden Blättern kurz zusammen und sah mich panisch um, da mich das Gefühl nicht los ließ, dass mich jemand verfolgte.
Im schwachen Mondlicht stand er vor mir. Der Baum, in den ich als kleines Kind meinen Namen geritzt hatte. Meine beste Freundin Lilly und ich hatten dort immer gespielt. Ritter und Prinzessin war unser Lieblingsspiel gewesen.
Bei der Erinnerung an unsere gemeinsame Kindheit bildete sich ein Kloß in meinem Hals und mir wurde in diesem Moment erst bewusst, wie sehr ich Lilly vermisste. Ihr mitreißendes Lachen und ihre funkelnden grünen Augen.
Nachdem ich die Kindheitserinnerungen beiseite geschoben hatte, stapfte ich mehrmals den mir bekannten Baum ab, doch meine Mutter war nirgends zusehen.
Sofort stieg Panik in mir auf. Das ungute Gefühl verstärkte sich und mir wurde urmerklich mulmig zumute. Wieso war ich einfach alleine losgezogen? Was wäre wenn irgendetwas passieren würde?
Mehrere Geräusche zuckten durch die sonst so Stille Nacht. Ich hatte das Gefühl mein Herz
"Shaina?!?", ruckartig fuhr ich hoch und sah in das verschreckte Gesicht meiner Mutter, Erleichterung durchströmte mich augenblicklich, die jedoch jäh wieder verflog, als ich in das diabolisch blickende Gesicht meines Vaters sah.
~
Sooo auf ein neues :))) Da sieht Shaina endlich ihre Mutter wieder und wer fehlt natürlich nicht... ihr Daddy ist auch wieder mit am Start. Tjaa was wird wohl passieren??
Bis zum nächsten Mal ;)
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Wake of a Witch
FantasyFür manche ist der 16. Geburtstag etwas ganz besonderes. Für mich und die anderen Mädchen aus meinem Dorf ist er der schlimmste Moment unseres gesamten Lebens, denn dann wird jeder von uns berufen. Für mich begann an diesem Tag ein neues Leben, fern...