Chapter III: Der Tag vor der Abreise

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Miku gähnte. Es war gerade die letzte Minute von der letzten Schulstunde des letzten Schultages vor den Frühlingsferien - oder um es besser zu sagen: Die Golden Week. Eine Menge Feiertage, die aufeinanderfolgend eine ganze Woche füllen. Viele verreisen zu dieser Zeit.
Auch Rin fährt für eine Woche weg. Ursprünglich wollte sie mit Meiko nur zwei Tage bleiben, aber die beiden hatten kurzfristig beschlossen, die ganze Woche dort zu verbleiben.
Miku und Len würden hier bleiben und in Ruhe täglich üben. Am letzten Tag der Golden Week war nämlich der Wettbewerb (oder jedenfalls der Vorentscheid).
Müder schielte sie zu Len. Genau wie Miku starrte er auf die Uhr und zählte die Sekunden bis zum Schulschluss.
Rin war nicht da. Sie war wirklich schon halb in den Ferien, da sie Zuhause war und ihre Koffer packte. Miku hatte sich vorgenommen, zusammen mit Len nach Hause zu gehen, um erstens Rin beim Packen zu helfen und zweitens mit Len Hausaufgaben zu machen. Kaori-sensei hatte ihnen einfach einen Haufen Englisch-Hausaufgaben aufgegeben, ob das nun erlaubt war oder nicht.
Miku hörte plötzlich, wie Len ihren Namen flüsterte und sie anstubste. Sie sah erschrocken auf. "Ja?"
"Kommst du noch mit zum Spind?"
"Klar, kann ich machen." Und schon klingelte es.
Alle Schüler sprangen auf und stürmten aus der Klasse der Golden Week entgegen schreiend.
Miku und Len ließen sich Zeit. Der Nachmittag war zu schön, um sich zu beeilen. Gemütlich liefen sie den überfüllten Flur entlang und suchten nach ihren Spinden. Praktischerweise waren die Spinde von Miku, Len und Rin direkt nebeneinander.
Miku öffnete ihren Spind und räumte einige Sachen in ihre Tasche um. Zum Beispiel ihr Deo oder der Notfall-Make Up Koffer (Rin hatte ihn ihr aufgezwungen).
Der Notenblock kam natürlich auch mit. Da waren ihre wichtigsten Musiknotizen und Songs drin. Einen davon wollte Miku beim Contest sogar singen. Die Frage war bloß... Welcher?
"Hey, Miku-chan!" Len-kun! Habt ihr Rin gesehen?" Miku drehte sich um. "Meiko!" Das große Mädchen mit den kurzen, braunen Haaren sah sie lächelnd an.
"O-nee-chan ist Zuhause un packt. Soll ich ihr was ausrichten?", sagte Len zu Meiko und schloss den Spind.
"Sag mir ihr, dass ich sie heute Abend um 6 Uhr abholen kommen werde." Len nickte und setzte sich seinen Rucksack auf.
Er sah Miku erwartend an. "Kommst du?"
"Ja!" Sie drehte sich noch zu Meiko um und umarmte sie freundschaftlich. "Wir sehen uns noch!"
"Ja!" Eilig schnappte Miku sich ihre Tasche und lief zu Len, der auf sie wartete.
Gemeinsam liefen sie zu ihm nach Hause. Er und Rin wohnten nicht weit von der Schule entfernt. Sie hatten schon eine eigene kleine Wohnung, die von Verwandten am anderen Ende von Japan bezahlt wurde. Für Essen und sonstiges mussten sie verschiedene Wochenendjobs erledigen.
Miku musste, um ihre Wohnung und die Nebenkosten bezahlen zu können, ebenfalls einen Nebenjob am Wochenende machen. Sie arbeitete als Köchin in einem kleinen Restaurant in der Stadt. Es war schon anstrengend, aber dafür wurde sie gut bezahlt. Außerdem, wenn sie erstmal mit Musik Geld verdiente, musste sie nie mehr mit ekelhaften Gummihandschuhen das Essen anderer kochen.
Sie wusste, dass auch die Zwillinge ihr Ziel hatten. Len hatte ihr mal erzählt, würde er Musik Gelde verdienen, könnte er die Miete für die Wohnung eigenständig bezahlen und müsse nichtmehr die Schande ertragen, die Hilfe ferner Verwandter zu nehmen. Miku verstand ihn. Es war bestimmt ein seltsames Gefühl, wenn man das meiste von Leuten bezahlt bekam, die man kaum kannte.
Len riss Miku plötzlich aus den Gedanken, als er seine Schlüssel rausholte. Sie waren die Treppen des Wohnhauses hochgelaufen, ohne das Miku es bemerkt hatte!
Sie zogen die Schuhe aus und stellten sie auf die Fußmatte, die extra für diesen Anlass hierher gelegt wurde.
Summend schloss Len die Tür auf und rief: "O-nee-chan! Wir sind da!"
"Nii-san! Miku-chan!", rief Rin um die Ecke "Ich komme gleich!"
Len winkte Miku höflich herein und schloss hinter ihr die Tür.
"Möchtest du einen Tee?", fragte er und legte seine Schultasche im Flur ab.
"Dankesehr, ich nehme gern einen."
Len eilte in die Küche und begann, Tee zu kochen. Miku war sich sicher, dass seine Eltern ihn früher gut erzogen hatten. Im Gegensatz zu Rin.
Besagte Person kam plötzlich um die Ecke geschossen und warf Miku um.
"Ohayō, Miku-chaaaaaaan!", rief sie "Du musst mir beim Packen helfen! Sofort!"
"Okay, ich helfe dir ja!" Ungeduldig zog sie Miku in ihr und Len's Zimmer (die beiden mussten sich ein Zimmer teilen) und steuerte direkt auf den Kleiderhaufen zu. Im Moment fragte Miku sich, wie eine vierzehnjährige so viele bauchfreie Tops haben konnte.
Wenn Rin nicht in der Schuluniform steckte, lief sie gern mit einem Paar extra kurzen Shorts und einem T-Shirt herum, das untenrum meistens ihren Bauch entblößte. War es nicht das, dann trug sie auch gerne sehr weite Oberteile oder klaute sich einfach ein T-Shirt von Len (der trotz des gleichen Alters zwei Nummern mehr als seine Schwester hatte).
Miku bevorzugte eher kurze Röcke als Shorts oder Hotpants. Das passte erstens mehr zu ihr und zweitens waren ihr Hosen eh zu eng.
Gerade fiel Miku auch auf, dass sie noch immer ihre Uniform trug. "Rin-chan? Kann ich mal kurz euer Bad benutzen?"
"Willst du dich umziehen? Mach das doch hier! "
"Dein Bruder ist noch immer da und könnte hier jeden Moment hereinfallen!"
"Dann beeil dich!"
Miku sah sich um. "Ich möchte lieber das Bad nehmen."
Rin stöhnte: "Och, na schön! Aber lass dir nicht zu viel Zeit!" Miku zog aus ihrer Tasche die Sachen zum Umkleiden und lief Richtung Bad. Allerdings kam ihr Len mit dem Tee entgegen, und als er Miku's Sachen in ihren Armen sah, schaute er sie schief an, ging aber weiter.
Im Bad zog sie sich um und verließ es eilig wieder (Rin hatte ungeduldig gegen die Wand geschlagen).
Als sie die Tür öffnete, stand Rin schon wartend vor ihr und zog Miku gleich wieder in das Schlafzimmer.
Len hockte schon auf seinem Bett und schlürfte Tee, während der von Miku gemütlich vor sich hindampfte. Sie setzte sich neben ihn und nippte nun ebenfalls an ihrem Tee, währenddessen schilderte Rin ihr Problem. Sie könne sch nicht entscheiden, was sie mitnehmen wolle. Außerdem hätte sie überhaupt keinen Plan, was für ein Cosplay sie tragen sollte.
"Magierin!", rief Miku.
"Zu schwer!"
"Astronautin!", schlug Len vor.
"Zu... Urgh!"
"Sailor Moon!"
"Damit ich gleich mit meiner Schuluniform kommen kann? Ne, danke!"
Miku überlegte und musterte das Zimmer. Es war wortwörtlich zweigeteilt: Die eine Hälfte war mädchenhaft gestaltet, die andere Hälfte war eher leerer.
An der Wand von Rin's Seite entdeckte sie ihre weiß-gelben Kopfhörer.
Sie sprang auf und schnappte sie sich. Miku betrachtete sie von allen Seiten und hielt sie anschließend Rin entgegen.
"Mach da Katzenohren dran!"
"Warum Katzenohren?!"
"Weil Katzenohren immer ankommen!"
Rin betrachtete kritisch die Kopfhörer. "Und wo soll ich die herbekommen?"
"Näh dir welche."
Len lachte. "Ihre Nähkenntnisse reichen gerade mal dafür aus, um sich ein T-Shirt, das sie eigentlich reparieren wollte, an die Hand zu nähen."
Rin schaute ihn grimmig an.
"Was kann ich dafür, dass er besser nähen kann... WARTE MAL!" Sie schaute Len flehend an.
"Nähst du mir die Katzenöhrchen?", fragte sie leise.
"Ochh, nicht jetzt... "
"Bitteeeeeeeeeeeeeeeee!", flehte sie und ging sogar auf die Knie.
Len und Miku sahen sie erstaunt an. Das kannten sie von ihr nicht!
Len nippte an seinem Tee.
"Ich mache gleich welche!"
"Wirklich?! Danke!" Rin warf sich dankend auf ihren Bruder und umarmte ihn, wobei sein Tee bedrohlich stark überschwappte. Dann zeigte sie wieder ihr normales Gesicht. "Beeil dich aber!"
"Ja ja, ist okay!" Genervt ging er ins Bad, um das Nähköfferchen zu holen.
Miku nippte an ihrem Tee. Plötzlich platze Len rein, mit einem BH in der Hand und einem ultimativen Lachflash. Mit Miku's BH!
"Wo hast du den her?!", rief sie gerötet und riss ihn ihm aus der Hand.
"Er lag auf dem Boden, ich glaube, du hast den Vergessen!", erklärte er lachend; er hatte Probleme, richtige Sätze aneinander zu reihen, so sehr lachte er.
Hektisch steckte sie die Unterwäsche ganz tief in ihre Schultasche. Rin lachte ebenfalls und fragte: "Hast du wenigstens was darunter?"
"Das war nur ein Ersatz!", sagte sie, noch immer ganz rot.
Len beruhigte sich langsam wieder und atmete tief ein. So sehr er sich auch anstrengte: Er fing wieder mit dem Lachen an. Rin lachte knallhart weiter und Miku selbst konnte nicht mehr ernst sein. Die drei lachten ununterbrochen und brauchten eine viertel Stunde, um wieder ihren normalen Tätigkeiten zu folgen.

Es war bereits halb sechs, als Len die Katzenohren fertig stellte und Rin zuende gepackt hatte. Begeistert hatte Rin ihren Bruder umarmt und gleich ihre Kopfhörer aufgesetzt.
Eine halbe Stunde später klingelte auch schon Meiko an der Tür.
"Hallo Rincha- Oh mein Gott deine Kopfhörer sind so geil!"
"Haha, danke! Len hat sie für mich gemacht!" Meiko funkelte Len bedrohlich an.
"Wenn wir zurückkommen, hast du mir auch welche gemacht, einverstanden?"
"O-okay!" Miku glaubte, dass Len grade so etwas wie Todesangst hatte. Spurte er nicht, würde Meiko ihn umbringen.
Sie schaute auf die Uhr.
"Rin-chan, beeilen wir uns lieber, wir müssen noch tanken!" mahnte Meiko und nickte zur Wanduhr.
"Einen Moment!" Eilig lief sie zurück ins Zimmer und holte ihren Koffer und die Handtasche. Len hatte Rin herzlich umarmt, Miku drückte sie fest. Rin schaute die beiden ernst an.
"Ihr beide übt schön! Wenn Miku verliert, bring ich dich um, Len!" Das war schon die zweite Todesdrohung. Er nickte und sagte: "Sie wird schon gewinnen! Und jetzt verpisst euch, sonst kommt ihr zu spät!"
"Pass auf was du sagst!"
Kaum hatte sie das ausgesprochen, hatte Meiko sie aus der Wohnung geschleift und verabschiedete sich, ehe sie Len's Schwester die Treppe herunterwarf.
Miku und Len waren nun allein. Er sah sie erwartend an.
"Keine Ahnung."

Unerwartet - A LenKu-Fanfic [LenxMiku] Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt