„Du hast meine Frage nicht beantwortet", wiederholte sich Liam leicht genervt. Dane ignorierte ihn und sein Blick ruhte nur auf mir. Ich war sprachlos. Wie? Wie war er hier her gekommen? Ich hätte nicht damit gerechnet ihn schon sobald wiederzusehen. Ich wollte was sagen, konnte es aber nicht. Verdammte Scheiße! Mein Herz schlug schneller. Liam richtete sein Schwert auf Dane. „Wenn du mir nicht antwortest, muss ich es wohl aus dir rausholen." Er ging einen Schritt auf ihn zu. Ich rüttelte mich. „Liam warte!" Er stoppte in seiner Bewegung, ließ Dane aber keinen Augenblick aus den Augen. „Wieso? Kennst du ihn?" Kannte ich ihn? Es wäre der perfekte Moment ihm so einiges heimzuzahlen, aber ich bin ja ein liebes Mädchen oder? Dane sah mir tief in die Augen und als hätte er meine Gedanken gelesen, funkelten seine Augen auf. Ok. Es war ihm definitiv ernst. Also würde ich ihm ein anderes Mal den Arsch versohlen. „Ja" antwortete ich schließlich entschlossen. „Er ist mein Freu..." Ich hielt inne. Wollte ich das gerade wirklich sagen? „Mitschüler." Korrigierte ich mich schließlich und senkte den Blick zu Boden. Das war nicht der richtige Moment für Schamgefühle. „Was machst du hier Dane?" Er schnaubte. „Was ich hier mache? Ist das dein Ernst Spatz?" Ich wurde rot. „Du sollst mich nicht Spatz nennen!" fauchte ich ihn an. Sein Mundwinkel zuckte leicht und sein Blick wurde wild und gefährlich. „Du wirst jetzt ohne wenn und aber mit mir kommen." Verdattert starrte ich ihn an. Liam wechselte fragend die Blicke zwischen uns. Dann machte er etwas Unerwartetes. Liam trat einige Schritte zurück, bis er bei mir war und umfasste mein Handgelenk. Ich glaubte Delia empört schnauben zu hören. Danes Blick wurde augenblicklich scharf und seine Augen sagten nur eins. Finger weg! „Du wirst sie nirgendwo hinbringen." Erstaunt sah ich Liam an. War der kalt herzige Eisblock etwa aufgetaut? „Ich werde sie wohl noch brauchen." Dane fing an zu lachen und alle starrten ihn fassungslos an. Alle außer mir. Ich riss mich aus Liams Griff los und trat einen Schritt vor. Er wollte mich schon am Arm zurückziehen, aber ich konterte. „Seit wann entscheidet ein halbes Walross über mich?" gab ich genervt wieder. Dane schmunzelte und hob gleichzeitig noch fragend die Augenbraue. „Hör auf zu grinsen! Zu dir komme ich jetzt erst noch. Was zur Hölle machst du hier und wie zum Kuckuck bist du hierhergekommen?!" Er sah mir fest in die Augen und in ihnen sah ich Emotionen, von denen ich nie gedacht hätte, dass jemand sie je wieder für mich haben würde. „Glaubst du allen Ernstes ich lasse das Mädchen, was spurlos verschwunden ist, vielleicht nicht mehr lebt und das mir einfach alles bedeutet, einfach so ziehen?" Mir stockte der Atem. In seinem Blick war eine Spur von Enttäuschung. „Ich.." „Du bleibst hier." Schnitt Liam mir ins Wort. Er sah erst Dane und dann mich entschlossen an. „Sie wird nicht mit dir kommen. Ich trage ab sofort die vollste Verantwortung für sie." Die Jungs warfen sich scharfe Blicke zu. Dane schmunzelte. „Das kann ich leider nicht zulassen. Weißt du, ich bin ziemlich Besitz ergreifend und außerdem kommst du zu spät. Ich war schon ihr Beschützer bevor sie mich überhaupt kannte. Ich kenne sie besser als jeden anderen Menschen in diesem Universum." Verdattert sah ich ihn an. „Bitte was?!" Er grinste. „Nicht jetzt Spatz. Ich muss mich erst noch mit diesem kleinen Bengel unterhalten. Er braucht anscheinend eine Wegbeschreibung wie es denn jetzt weiter geht. Weißt du, nicht jeder weiß wo der Kinderspielplatz für halbe Walrosse ist." Jetzt war ich wütend. Paar Minuten hier und schon hatte er mich wieder auf die Palme gebracht. „ Danke an eure unnötige verfehlte Fürsorge, aber ich kann das schon alleine entscheiden und ich sage wir gehen." Dane lächelte triumphierend. Ich schmunzelte auch und genau das schlug ihm sein fettes Grinsen aus dem Gesicht, denn er wusste was jetzt kam. „Aber ihr werdet uns begleiten." Dane stöhnte. Ich sah Liam an, um seine Reaktion abzuwarten. Nach seinem Gesicht zu urteilen dachte er gerade nach. „Das ist gut. So machen wir es, aber ich kann diesem Feenwuschel nicht vertrauen. Sag bloß er ist auch eine Uschi." Ich lachte. „Oh ja und was er für eine ist." Hätten Blicke töten können, wäre nicht nur Liam, sondern auch ich sofort umgefallen. „Ich will dich ja nicht enttäuschen Spatz" Ich stöhnte genervt. Er würde es wohl nicht mehr lernen. „Aber sie warten alle auf dich. Willst du sie wirklich warten lassen wegen so einer dummen Legende?" Verwirrt sah ich ihn an. Woher wusste er das alles. Beschützer? Legende? Was war hier überhaupt los? Wer war er? Ich rieb mir die Schläfen und Schuldbewusstsein machte sich in mir breit. Es stimmte vermutlich was er da sagte. Sie würden wohl wirklich auf mich warten und sich Sorgen machen, auch wenn ich alles, leider vergeblich, versucht hatte, dass es nicht so kommen sollte. Dennoch, das war gerade wichtiger. „Du hast also deine Entscheidung bereits gefällt." Würde er es verstehen? Seine grünen Augen funkelten wunderschön in diesem Licht. Sie sahen ernst aus, aber letztlich seufzte er und sah mich träge an. „Du Dickschädel. Du willst mich quälen oder?" Das hatte er schon einmal gesagt. Ich schmunzelte. „Immer doch." Er kam auf mich zu und schloss mich in seine behutsamen Arme. Sein berauschender Duft und sein pulsierendes Herz, ließen meines schneller schlagen. Liam beobachtete uns jede Sekunde und verfolgte jede non Danes Bewegungen. Delia räusperte sich und ich fuhr zusammen und löste mich aus seiner Umarmung. „Tja, dann sollten wir vielleicht mal einen Plan erstellen". Liam nickte zustimmend. „Ja, aber wir sollten uns eher ausruhen. Wir hatten ja nicht gerade viel Schlaf." Er sah mich vielsagend an. „Mich hat ja jemand wach gehalten. War wirklich schön nicht wahr Lis?" Er hatte ein spitzbübisches Lächeln aufgesetzt und bekam scharfe Blicke von Dane gekontert. Ich verstand. Er wollte sich rächen und hatte die perfekte Strategie entwickelt. Nicht schlecht, aber was zur Hölle. Delia warf mir einen flüchtigen Blick zu, den ich als giftig empfand, aber vielleicht auch nur nicht so schnell einordnen konnte. Delia verschwand im Haus und bereitete das Abendessen vor. Mit der Ausrede ich sei zu erschöpft begab ich mich in mein Zimmer. Ich lag wieder auf dem Bett und starrte wie üblich die Decke an. Er war tatsächlich gekommen. Ich musste schmunzeln. Aber wie und was hatte es alles auf sich. Er verschwieg mir eine Menge. Ich kannte ihn eigentlich kaum, aber dennoch gut. Was hatte er denn mit Beschützer gemeint und das er mich schon kannte, bevor ich es tat. Das war so verwirrend. Ich legte mich auf die Seite und schloss die Augen. Dadurch dass er nun da war, fühlte ich mich merkwürdiger weise wohler und sicherer. Er war immer da, wenn es mir schlecht ging. Fast wie ein Schutzengel, war mein letzter Gedanke bevor ich einschlief. Als ich aufwachte war alles still im Haus. Es war dunkel und man konnte seine eigene Hand vor den Augen nicht sehen. Ich wälzte mich rum, konnte aber nicht schlafen. Ich stieg aus meinem Bett und schlich aus der Tür, runter in die Wohnstube. Der Kamin war schon lange erloschen und diesmal saß auch niemand mehr im Sessel. Ich beschloss ein wenig Luft zu schnappen und öffnete leise die Tür und schloss sie wieder. Eine klare Nacht und der Mond strahlte über die Wiese und auf mich herab. Vollmond. Ich sog die frische Luft tief ein. Mein Haar schimmerte und eine leichte Brise fuhr durch sie durch. „Du solltest lieber schlafen als Nachts Mutproben zu machen." Hörte ich Dane lachen. Lässig drehte ich mich um und sah ihn an. Wunderschön, lässig und stark, so stand er da, im mitten des Mondlichtes. „Wollte das halbe Walross in seinem Kartoffelsack dich etwa nicht drinnen haben?" fragte ich herausfordernd. „Doch, aber ich bevorzugte eher das Frische Gras als die Abstellkammer." Schmerzliche Erinnerungen kamen in mir hoch. „Glaub mir, das war definitiv die richtige Wahl." Fragend sah er mich an. „Wie?" fragte ich ihn. Er seufzte. „Du wirst mich solange nerven bist du es weißt oder?" Ich nickte zustimmend und mein Blick war eisern. Er fuhr sich mit einer Hand durch seine Wuschelmähne. „Ich bin ein Jäger." Ich hob eine Augenbraue. „Ich finde Menschen wie uns, die mit einer Gabe ausgestattet sind und bringe sie dann an die Akademie." Ich hatte noch nie davon gehört, dabei kannte ich sehr viele. „Kannst du wandern?" Er nickte. „Überall wo ich hin möchte." Er sah mich erwartungsvoll an. „War's das etwa schon?" Ich schüttelte den Kopf. „Ich habe noch nie von dieser Gabe gehört und in dem Bereich bin ich verdammt gut. Also, wie viele gibt es von dir?" Sein Blick verschärfte sich. Ich hatte genau die richtige Frage gestellt. „Nur mich." Nur er. Das war selten. Verdammt selten sogar. „Was meintest du vorhin mit Beschützer und das du mich schon länger kennst als ich dich?" Er stöhnte. „Lia. Glaub mir. Das willst du nicht wissen. Bitte, tu mir das nicht an." Ich verschärfte meinen Blick und Wut stieg in mir auf. „Los. Sag es mir! Ich habe ein Recht darauf!" Er zögerte, aber gab dann nach. „Traver beauftragte mich damals, eine neue Schülerin zu finden und gab mir deine Angaben. Ich wusste zwar von deiner Gabe, hatte da aber noch keine Ahnung, was auf mich zukommen würde. Ich machte mich also auf die Suche nach diesem mysteriösen Mädchen, was mit ihrer Familie zusammenlebte. Anfangs bekam ich das Kotzen, wenn ich dich sah. Ich wollte dich eigentlich mit einer typischen Anmache in ein Gespräch verwickeln, aber Madame hatte ja einen Freund, der Mal so neben bei, echt hässlich in Gegensatz zu mir aussah. Also musste ich mir was anderes Ausdenken, aber da hatte ich ja auch nicht damit gerechnet, dass das passiert." Ich senkte den Blick. Ich wusste was gleich kommen würde. „Du und deine Schwester habt hinten im Auto rumgealbert und deine Mum hat euch immer wieder zu Recht gewiesen. Ich habe alles aus sicherer Entfernung beobachtet. Ihr fuhrt an den Klippen entlang und dann kam diese scharfe Kurve. Ein entgegenkommendes Auto schnitt die Kurve und dein Vater wich aus und fuhr durch die Planken. Ich bin damals hinterher gesprungen. Ich sah wie euer Auto immer mehr sank. Du warst außer dich vor Angst und das Einzige woran du gedacht hast, war zu überleben. Und da tatest du etwas, was ich noch nie zuvor gesehen haben. Du weißt, dass nur du selber wandeln kannst und alle anderen sterben, wenn sie in die Geisterwelt gelangen, aber bei dir war das anders. Du hast sie alle, einschließlich mich, rüber wandeln lassen und es nichts passiert." Mir stockte der Atem. Den Teil kannte ich gar nicht. „Und es wäre auch alles gut gewesen, wäre da nicht Jack gewesen." Ich erstarrte. „Du kennst ihn?" Er lachte bitter. „ Du auch Spatz. Er hatte diesen Schleimbatzen hervor beschworen und ließ es auf deine Familie los. Ich konnte aber nur einen retten. Und das warst du. Danach habe ich deine Erinnerungen manipuliert. „Was?!" entsetzt starrte ich ihn an. „Du wusstest es die ganze Zeit über?! Was für Qualen ich durchgemacht habe und hast nichts gesagt?!" Nun war ich nicht mehr entsetzt oder wütend. Nein. Ich war enttäuscht und traurig. Wie konnte er mir das antun? „Was hätte ich deiner Meinung nach machen sollen? Lia! Er wollte dich töten! Denkst du wirklich ich könnte dich einfach sterben lassen? Könnte dir einfach so ins Gesicht sagen, dass ich deine Familie sterben lassen musste?!" Wieder spiegelte sich dieser eigenartige Schimmer in seinen Augen, doch ich war einfach zu wütend um es zu hinterfragen. „Wieso denn nicht?! Schließlich hast du hast es doch auch zugelassen, dass er meine Familie umgebracht hat!" Tränen schossen hervor und ich schrie ihn an. „Also warum?! Warum hast du mich nicht einfach mit ihnen sterben lassen?!" Ja, ich wollte mit ihnen sterben. All das, all die Qualen hätte ich nicht durchstehen müssen und ich wäre bei ihnen. „Weil..." flüsterte er leise. Dann packte er mein Handgelenk, zog mich an sich und presste seine Lippen gegen meine. Ich versuchte ihn von mir wegzudrücken, aber er hielt mich krampfhaft fest. Es war ein letzter verzweifelter Hilfeschrei von ihm, dass ich es verstehen würde, denn nicht nur ich war es die gerade litt. „Ich dich verdammt nochmal liebe Lia." Keuchte er. Tränen stiegen mir in die Augen. Ich verstand es nicht. Wieso? Danes Augen fingen an zu glitzern und auch ihm stiegen Tränen in die Augen. „Es tut mir so leid... "flüsterte er einige Male vor sich hin und Tränen liefen ihn über seine Wangen. Seine Hände zitterten und seine Augen waren mit Schmerz erfüllt. Ich konnte diesem scheiß, heißen Typen einfach nicht böse sein. „Dane" flüsterte ich leise. Doch bevor er antworten konnte, drückte ich meine Lippen wieder an seine. Mit einer Hand im Nacken und einer an der Brust und kullernden Tränen auf den Wangen, drückte ich mich immer mehr an ihn heran. Mehr, mehr und mehr. War mein einziger Gedanke. Seine eine Hand fuhr durch meine Haare und die andere über meinen Rücken. Wir saugten uns gerade zu auf und keiner gab nach. Wir verschmolzen miteinander, wurden eins. Sein berauschender Duft und seine zarten machten mir eine Gänsehaut. „Wieso haben wir das nicht schon viel früher getan?" fragte ich leise. „Du wolltest ja nicht mit mir aufs Mädchenklo" Ich schnaubte und wischte ihm die letzten Tränen aus dem Gesicht, so wie er es auch bei mir tat. „Komm her du Blödmann" Ich zog ihn wieder an meine Lippen. „Das ist doch viel besser als das Mädchenklo oder die Abstellkammer oder?" Ich schmunzelte „Oh ja" In seinen Augen spiegelte sich außer der flammenden Leidenschaft nur eins wieder. Liebe und die brannte nur für mich.
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Die Suche nach meinem Ich
FantasyDie sechzehnjährige Lia hat vor zwei Jahren alles verloren was ihr lieb war. Mit der Gabe als Weltenwandlerin ist sie verflucht und tut sich mit ihrer Vergangenheit sehr schwer. Auf der speziellen Schule lernt sie mit ihrer Gabe umzugehen und sie be...